Wie in jedem Jahr haben wir die Bürgermeister*in den Talgemeinden auch 2022 wieder nach den Themen gefragt, die das Jahr vermutlich prägen werden. Daniela Paletta, Günter Pfundstein, Carsten Erhardt und Richard Weith holen für einige der Fragen die Glaskugel hervor, verraten bei anderen ihre persönliche Einschätzung und dürfen sich an einer Stelle sogar etwas wünschen.
Es liegt eine anstrengende Zeit hinter uns – und ein gewaltiger Kraftakt vor uns. Im Jahr 2022 befinden wir uns im Jahr 3 der Corona-Pandemie. Das hat Spuren hinterlassen. Die Steuereinnahmen sprudeln nicht mehr so, wie noch vor ein paar Jahren, als wir an dieser Stelle gefragt haben: Wohin mit dem ganzen Geld? Wie steuert man eine Gemeinde in einem solchem Umfeld? Schließlich werden jetzt die Weichen für die Zukunft der nächsten Generation gestellt. Die protestiert laut und zahlreich, weil sie ihre Lebensgrundlage in Gefahr sieht. Gleichzeitig fliehen unzählige Menschen vor Krieg und Gewalt. Viele sehen in Europa ihre letzte Chance auf ein Leben in Frieden. Wie geht man damit um? Was braucht es, um die Herausforderungen zu meistern? All das haben wir die Bürgermeister gefragt – und sie kurz von Hollywood träumen lassen.
Bürgermeisterin Daniela Paletta:
Die Kommunen müssen rechtzeitig wissen, was auf sie zukommt
»Enkelfähigkeit« war eines der Trendwörter des letzten Jahres. Wie halten Sie Ihre Gemeinde flexibel, damit die nachfolgenden Generationen Gestaltungsspielraum behalten?
Die Gemeinde muss in eine tragfähige Zukunft geführt werden. Das spiegelt sich in den umgesetzten Projekten wider. Die Pandemie bleibt nicht die einzige Herausforderung, die die Kommunen in den nächsten Jahren begleiten wird. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung zeigt viele Zukunftsaufgaben auf: Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Betreuung sowie Wohnungsbau, um nur einige Aufgaben zu nennen. Unsere neu gewählte Landesregierung, die seit März 2021 die Geschicke lenkt, plant 2022 Inhalte aus ihrem Koalitionsvertrag umzusetzen. Es wird viel auf die kommunale Ebene zukommen, um die Ziele von Bundes- und Landesebene positiv beeinflussen zu können. Hierfür müssen die Rahmenbedingungen gesetzt und die notwendigen Finanzmittel bereitgestellt werden. Dabei gilt bei allen Entscheidungen für die Gemeinde, diese selbstverständlich mit bestem Wissen und Gewissen zu treffen und das in allen Bereichen. Natürlich ist es in den schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie nicht ganz einfach – gerade was die Finanzen anbetrifft. Wir mussten die im Haushalt veranschlagten Investitionen bereits mit Kreditaufnahmen finanzieren.
Den kompletten Bericht und weitere Bilder finden Sie in der Print-Ausgabe der Schwarzwälder-Post.
Bürgermeister Weith:
Die Flächenentwicklung soll am Bedarf ausgerichtet sein damit die nachfolgenden Generationen Gestaltungsspielraum behalten?
»Enkelfähigkeit« war eines der Trendwörter des letzten Jahres.Wie halten Sie Ihre Gemeinde flexibel, damit die nachfolgenden Generationen Gestaltungsspielraum behalten?
Wir haben in den vergangenen vier Jahren knapp sechs Millionen Euro investiert. Das ist für Oberharmersbach immens. Möglich war das nur über eine Erhöhung der Verschuldung und damit einhergehend mit der Einschränkung des finanziellen Gestaltungsspielraums. Es wurden jedoch auch Vermögenswerte und Einrichtungen für kommende Generationen geschaffen. Oberste Ziele der nächsten Jahre sind jetzt die intensive Haushaltskonsolidierung und der Erhalt des Bestehenden. Hierzu gehört auch das unbequeme Hinterfragen von »liebgewonnenen« Standards, die man sich gegebenenfalls nicht mehr leisten kann. Man muss bei jedem Euro, den man ausgibt, überlegen, ob diese Ausgabe der Gemeinde dienlich ist und tatsächlich zur Wertschöpfung im Ort beiträgt. Es kann nur eine Gemeinschaftsanstrengung sein, den Gestaltungsspielraum in kleinen Schritten wieder zu vergrößern. Neben dem finanziellen gibt es aber auch einen entwicklungspolitischen Gestaltungsspielraum. Durch immer mehr und engere raumordnerische, planerische, arten- und naturschutzrechtliche Restriktionen sowie baurechtliche Schutzvorschriften zum Hochwasser und Ähnliches wird die Gemeinde ohne eigenes Zutun in ein Korsett gezwungen, das den Spielraum teilweise sehr stark begrenzt. Gerade in einer Gemeinde mit einer schwierigen Topographie wirkt sich dies überdurchschnittlich aus. Gleichwohl sollte die Flächenentwicklung am Bedarf ausgerichtet sein, sodass auch nachfolgende Generationen noch die Möglichkeit haben, das Bild der Gemeinde mit zu gestalten.
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Bürgermeister Pfundstein:
Das Gemeinwohl-Interesse sollte stets im Mittelpunkt stehen
»Enkelfähigkeit« war eines der Trendwörter des letzten Jahres. Wie halten Sie Ihre Gemeinde flexibel, damit die nachfolgenden Generationen Gestaltungsspielraum behalten?
Bei einer enkelfähigen Strategie geht es bei allen Entscheidungen um die Verantwortung für künftige Generationen. Die Bewahrung der Natur und das Gemeinwohl-Interesse sollten stets im Mittelpunkt aller Entscheidungen stehen. Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung gehört genauso dazu wie eine nachhaltige und wirtschaftliche Aufgabenerfüllung in allen anderen Bereichen. Wir haben in 2020 unsere Finanzen auf das neue Haushaltsrecht umgestellt. Ab sofort müssen wir beispielsweise die Abschreibungen erwirtschaften. Die heutige Generation stellt damit sicher, dass die erforderlichen Ersatzinvestitionen auch in Zukunft finanziert werden können. Wie viel und welche Naturzerstörung darf zum Erreichen ökonomischer Ziele in Kauf genommen werden? Wiegen soziale oder ökonomische Ziele stärker? Enkelfähig ist eine Entwicklung, wenn die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt werden, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen darunter leiden.
Im Rahmen der Energiewende wird die Energie-Erzeugung dezentral organisiert werden müssen. Welchen Beitrag kann Ihre Gemeinde leisten und wie weit sind Sie schon auf dem Weg in eine CO2-neutrale Gemeinde?
Wir haben unsere Stadt in vielen Bereichen schon gut aufgestellt. Zum Beispiel haben wir die Straßenbeleuchtung auf LED umgestellt, ebenso die Beleuchtung in der Schwarzwaldhalle. Die Schwarzwaldhalle wird zudem mit nachwachsenden Rohstoffen beheizt. Die Windräder auf dem Nillkopf/
Brandenkopf liefern regenerative Energie, auf dem Dach des Freibads erzeugt eine Solaranlage Strom. Neubaumaßnahmen werden auf der Grundlage neuester Energiestandards geplant, die Schule energetisch saniert. Auch in Sachen E-Mobilität gibt es Fortschritte. Es existiert eine öffentliche Ladesäule auf dem Sonnenparkplatz, Verwaltung und Betriebshof nutzen E-Fahrzeuge. Wir haben 1.000 zusätzliche Bäume gepflanzt. Die größten Herausforderungen stehen uns aber erst noch bevor. Ein Beispiel: Zur Erreichung der Klimaziele sollen zwei Prozent der Landesfläche für Photovoltaik und Windkraft zur Verfügung gestellt werden. Diese Fläche wird benötigt, um rein rechnerisch bis 2040 klimaneutral werden zu können. Die Gemarkungsfläche von Zell am Harmersbach ist 3.600 Hektar groß. Für erneuerbare Energien müssten 72 Hektar zur Verfügung gestellt werden. Würden wir auf allen 2.500 Gebäuden in Zell rund 40 Quadratmeter an Photovoltaik-Modulen installieren, so wären das immerhin zehn Hektar. Es fehlen dann aber immer noch 62 Fußballfelder…
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Bürgermeister Carsten Erhardt:
Wir beschäftigen uns aktuell mit dem Thema »Grüner Wasserstoff«
»Enkelfähigkeit« war eines der Trendwörter des letzten Jahres. Wie halten Sie Ihre Gemeinde flexibel, damit die nachfolgenden Generationen Gestaltungsspielraum behalten?
Ich verstehe die »Enkelfähigkeit« so, dass wir Optionen für die Zukunft schaffen müssen. Optionen kosten, auf den ersten Blick zumindest, meistens Zeit und Geld. Aber langfristig zahlen sich diese Optionen fast immer aus. Beispielsweise hat die Gemeinde Nordrach seit rund 13 Jahren jede Gelegenheit genutzt, um Leerrohre für Kommunikation, Wasser und Strom zu verlegen. Dies hat uns im ersten Moment mehrere Hunderttausend Euro gekostet und das eine oder andere zusätzliche Projekt verzögert. Diese Investitionen in die Zukunft tun in der Gegenwart natürlich weh. Doch irgendwann werden die nachfolgenden Generationen auf diese Rohrsysteme zurückgreifen können. Aktuell profitieren wir schon von diesen weitsichtigen Entscheidungen im geplanten Breitbandausbau.
Im Rahmen der Energiewende wird die Energie-Erzeugung dezentral organisiert werden müssen. Welchen Beitrag kann Ihre Gemeinde leisten und wie weit sind Sie schon auf dem Weg in eine CO2-neutrale Gemeinde?
Je nach Rechnung ist die Gemeinde Nordrach schon seit mehreren Jahren nahezu eine PLUS-Energie-Gemeinde. Auf diesem Weg haben wir schon einige Auszeichnungen erhalten. Selbstverständlich wäre dies ohne das Sägewerk Echtle in dieser Form nicht so schnell erreicht worden. Bereits 2009 haben wir alle Dächer in Nordrach durch eine Befliegung auf die solare Nutzung untersuchen lassen. Daraufhin gab es in Nordrach einen regelrechten Photovoltaik-Boom. Zudem ist die Reduktion vom Energiebedarf, zum Beispiel durch Umstellung auf LED-Beleuchtung, eine weitere Stellschraube, die wir sukzessive abgearbeitet haben.
Den kompletten Bericht und weitere Bilder finden Sie in der Print-Ausgabe der Schwarzwälder-Post.