Die Haushalts- und Finanzplanung für die kommenden Jahre läuft mit minimalem Spielraum. Der Schuldenstand der Gemeinde Oberharmersbach wird im Jahre 2020 auf ein deutlich höheres Niveau steigen.
Bereits bei der Bekanntgabe der Jahresrechnung 2018 hat Gemeindekämmerer Jens-Mathias Bächle nichts beschönigt. »Der Haushalt ist auf Kante genäht«, erklärte er kurz und bündig den Gemeinderäten. Die Zahlen sprechen für sich: Zum 31. Dezember 2019 betrug der Schuldenstand im Kernhaushalt 4,3 Millionen Euro, dazu kommen im Eigenbetrieb Wasserversorgung 200.000 Euro, wobei es sich dort um so genannte »rentierliche Schulden« handelt, die über Gebühren refinanziert werden können. »Ich gehe davon aus, die noch nicht ausgeschöpfte Kreditermächtigung von 600.000 Euro aus dem Vorjahr für die anstehenden Aufgaben reicht«, gibt sich der Rechnungsamtsleiter optimistisch. Erfreulicherweise würden daher für 2020 keine neuen Kredite notwendig sein. Aber bis zum Jahresende werde dennoch die Pro-Kopf-Verschuldung auf rund 2.000 Euro ansteigen.
Dies ist der höchste Schuldenstand der Gemeinde Oberharmersbach seit der Eigenständigkeit im Jahre 1812. Selbst als die Gemeinde im Jahre 1981 mit dem Bau der Reichstalhalle das größte Hochbauprojekt ihrer Geschichte umsetzte, belief sich die die Pro-Kopf-Verschuldung auf rund 1.824 Mark.
Werte geschaffen
Im Jahre 2020 nimmt die Gemeinde Oberharmersbach somit beim Schuldenstand im Ortenaukreis zwar nicht den Spitzenplatz, aber doch einen vorderen Rang ein. »Mit dem dringend notwendigen neuen Feuerwehrgerätehaus und dem generalsanierten Rathaus wurden allerdings auch Vermögenswerte für die Zukunft geschaffen«, erklärt Bürgermeister Richard Weith. »Die Gewerbesteuer wird sich, wenn es gut läuft, allenfalls auf Vorjahresniveau einpendeln«, ergänzt der Oberharmersbacher Finanzchef.
Hinzu kommt, dass der Wald aufgrund der Käfer-Kalamität, möglicher weiterer Trockenperioden und der Holzpreisentwicklung unter Umständen für längere Zeit als Einnahmequelle ausfällt. »Die Prognosen für die Entwicklung sind uneinheitlich, aber wir müssen wohl mit einer schwarzen Null zufrieden sein«, rechnet Bächle weiter. Und da bei den Finanzzuweisungen das Jahr 2018 zugrunde gelegt werde – »das übrigens gut war«, schiebt der Finanzchef ein – seien hier auch keine zusätzlichen Segnungen zu erwarten.
Alles auf dem Prüfstand
Die Verantwortlichen der Gemeindepolitik werden sich demnächst mit unangenehmen Themen beschäftigen müssen. Es stehen im Raum: Erhöhung der Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer, und nach langen versäumten Jahren die Neukalkulation der Wassergebühren und die Anpassung weiterer Einnahmequellen.
Bürgermeister Richard Weith will auch die Ausgabenseite gründlich durchleuchten. »Die Verwaltung hat bereits eine ‚Konsolidierungsliste‘ erarbeitet. Hierzu gibt es nach dem derzeitigen Zahlenbild für die Gemeinde keine Alternative«, stellt Bürgermeister Weith nüchtern fest.
Dabei werden auch die Aufgaben nicht geringer. Ein Augenmerk gilt der Sanierung der Straßen. Hier hat 2020 die bei der Gemeinde bereits im Jahr 2017 als schadhaft gemeldete Zufahrt zum Georgisenberg Vorrang. Der Dauerbrenner »Brückensanierung«, die über Jahre verschleppt wurde, belastet zusätzlich den Haushalt. Hier wurde allerdings die Sanierung der Brücke beim Lehmeshof im Waldhäusertal um ein Jahr zurückgestellt, da momentan keine Fördermittel zur Verfügung stehen.
Zwar steht der Bau des neuen Feuerwehrhauses vor dem Abschluss und auch die Sanierung des Rathauses wird im Laufe des Jahres beendet sein. Die Neugestaltung des Platzes in der Ortsmitte jedoch und die Nachnutzung des alten Feuerwehrhauses werden aus den genannten Gründen zeitlich wohl nochmals umdisponiert werden müssen.
Geringe Steuerkraft
»Der Oberharmersbacher Haushalt war tendenziell schon immer ertragsschwach. Die Gesetzgebung hat diese Situation mit Einführung des Neuen Kommunalen Haushaltsrechts noch deutlich verstärkt«, greift der Bürgermeister eine ganz andere Problematik auf. Denn erstmals seit 01.01.2020 muss der Werteverzehr des Vermögens in Form der Abschreibungen (in Oberharmersbach rund 700.000 Euro) erwirtschaftet werden. »Dies trifft übrigens auch andere vergleichbare Kommunen mit geringer Steuerkraft. Deswegen ist hier auf Dauer auch die Politik gefordert, um Lösungen aufzuzeigen.«, fordert Bürgermeister Weith.