Die Ulanen der Freiwilligen Bürgerwehr Zell haben das 100-jährige Jubiläum der alten Standarte gefeiert. Zugleich erfolgte die feierliche Einweihung einer neuen.
Foto: Inka Kleinke-Bialy
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Foto: Inka Kleinke-BialyFarbenfroh und prächtig war das Bild, das sich am Sonntag im Städtle bot. In Begleitung der eingeladenen Gastwehren mit ihren Fahnen-Abordnungen (Unter- und Oberharmersbach, Bad Peterstal, Gengenbach, Haslach, Wolfach) marschierten alle Abteilungen der Zeller Bürgerwehr die Hauptstraße entlang und hinauf in die Stadtpfarrkirche. Sämtliche Uniformierten inklusive der Zeller Trachtenfrauen – insgesamt rund 90 Personen – nahmen hier am Gottesdienst teil, gemeinsam mit rund 100 Zeller Bürgerinnen und Bürgern.
Im Anschluss weihte Pfarrer Bonaventura Gerner die neue Standarte der Ulanen auf dem Kirchplatz. Die donnernden Salutschüsse der Zeller Gewehrträger beendeten die würdevolle Zeremonie. Erneut begleitet vom Klang des Spielmannszuges ging es dann ins Zeller Kultur- und Vereinszentrum, den Tellerbau.
Unter den Ehrengästen befanden sich unter anderem die Ehrenlandeskommandanten Oberst Bernhard Lehmann und Oberst Hajo Böhm, Ehrenkommandant Major Paul Gutmann und Landeskommandant Oberstleutnant Adrian Steiger. Letzterer betonte in seinem Grußwort: „Wir leben nicht in der Vergangenheit, sondern vor allem im Jetzt. Und es ist unsere Aufgabe, das, wofür die Bürgerwehr steht – nämlich für Werte wie Kameradschaft und Gemeinschaft -, in die Zukunft zu tragen.“
Ulanencorps versah Polizeidienst
Zells Bürgerwehr-Kommandant Hauptmann Andreas Lehmann berichtete über die Entstehung der Ulanen. Schon anno 1803 wurden sie als Festreiter bei kirchlichen Festen sowie Wallfahrtstagen, Fronleichnam und Patrozinium der Kirchen erwähnt. Mit der Besonderheit, dass die Ulanencorps mit den Pferden zum Polizeidienst herangezogen werden konnten, in der Gemeinde und im Umfeld.
„Jeder neu zugezogene Bürger musste sich für acht Jahre für den Dienst bei den Schützencorps oder Ulanencorps verpflichten“, erläuterte Andreas Lehmann und fuhr fort: „Die Pferde gehörten Bürgern der Stadt, die verpflichtet waren, die Tiere zu dem notwendigen Ritt ordnungsgemäß abzugeben.“
Bürgermeister Günter Pfundstein sollte später ergänzen, dass die Zeller Bürgerwehr im damaligen Reichstal Harmersbach ursprünglich für den Selbstschutz und somit als Polizei zuständig war und bereits 1680 erstmals schriftlich erwähnt wurde. Nachdem sie 1803 als Folge des Endes der Reichsunmittelbarkeit aufgelöst worden sei, erfolgte die Wiedergründung 1862.
Seit 1933 in der Bürgerwehr
Das erste Mal in alten Chroniken und Schriftstücken dann wieder erwähnt wurden die Ulanen-Reiter im Jahr 1925, wie Kommandant Andreas Lehmann erklärte, damals nahmen sie an einem Festzug zum 60-jährigen Jubiläum des freiwilligen Schützencorps Zell am Harmersbach teil.
Offiziell in die Freiwillige Bürgerwehr aufgenommen wurden die Ulanen 1933. Die damaligen Uniformen, so Andreas Lehmann, sind noch heute aktuell: weiße Reithose, grüner Waffenrock mit rotem Einsatz und als Kopfbedeckung der Tschako mit dem beeindruckenden Pferdeschweif. Der Kommandant verwies auf einen im hinteren Teil des Saales ausgestellten, originalen Zeitungsbericht aus dem Jahr 1935 aus der Feder von Franz Disch, demzufolge die Ulanen stolz auf ihren Pferden saßen und die Herzen der Frauen ihnen zuflogen. Auch historische Fotos waren ausgestellt.
Als Festreiter führen die Ulanen heutzutage die kirchlichen Prozessionen und weltlichen Festzüge an. Rittmeister Johannes Pfundstein gab am Rednerpult Einblick in den Tag eines Ulanen vor und an einem Festtag der heutigen Zeit.
Unerlässlich: die Hilfe der Familie
„Damit am Festtag alles rund läuft, braucht es einige Vorbereitung für Ross und Reiter“, begann er. Wenn ein Ulan dann in Uniform im Städtle auf seinem Pferd sitze, sei das in den meisten Fällen nicht nur die Leistung von Ross und Reiter, sondern das Ergebnis vieler Stunden Arbeit in der ganzen Familie. Dafür bedankte er sich bei allen Angehörigen.
Die Art der Vorbereitungen eines Festtages fasste der Rittmeister wie folgt zusammen: Pro Ulan müssen mit Ross und Reiter immer zwei Akteure einsatzbereit und aneinander gewöhnt sein, „sie müssen wissen, dass sie sich auch in brenzligen Situationen aufeinander verlassen können.“ Das klappe nur mit gemeinsamem Training. Und gelte umso mehr, als nicht immer jeder Ulan ein eigenes passendes Pferd zur Verfügung habe. „Da braucht es dann im Vorfeld nochmal intensive Vorarbeit, um ein passendes Pferd zu finden und dann auch für den Festtag zur Verfügung gestellt zu bekommen.“
Wenn sich Ross und Reiter kennen, gehe es spätestens am Vortag daran, die Pferde auf Hochglanz zu bringen und die Ausrüstung bereit zu legen, fuhr Johannes Pfundstein fort. Am frühen Morgen des Festtages schließlich sei der Feinschliff an der Reihe: nochmaliges Auskämmen, die Pferde mit den Ulanen-Decken satteln, Blumen ins Zaumzeug flechten.
An der Spitze des Festzugs
Anschließend kleiden die Ulanen sich in ihre Uniformen und machen sich mit ihren Pferden auf den Weg zum Aufstellungsort. Was aber ist mit jenen, die nicht in direkter Nähe wohnen? „Da so ein Pferd auf der Rückbank eines PKW keinen Platz findet“, schmunzelte der Rittmeister, bedeute dies den Transport im Pferdeanhänger mit Auf- und Abladen.
Im Folgenden wurde er jedoch ernst: „Bei den Festumzügen stoßen auch wir leider auf ein Phänomen, das mittlerweile in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens vermehrt Einzug hält“, beklagte er: Mit Regeln und Regularien werde versucht, „Dinge ganz genau zu regeln, um jedwedes Risiko zu vermeiden.“ Die meisten Vorschriften würden aber nur viel Aufwand erzeugen, nicht jedoch mehr Sicherheit.
Schließlich jedenfalls, wenn alle Pferde und Reiter bereit sind, heißt es am Festtag: „Aufsitzen!“ Sodann machen sich die Ulanen auf den Weg, „die einzelnen Bürgerwehren und Musikapellen unserer Stadt abzuholen und zu einer gemeinsamen Prozession zu vereinen.“ Den Ulanen sei es eine große Ehre die Spitze eines Festzuges zu bilden, der an hohen Festtagen aus zwei Bürgerwehren, zwei Spielmannszügen und drei Musikkapellen bestehe, sprach der Rittmeister auch im Namen seiner Kameraden. Da treffe man auf viele vertraute Gesichter von Nachbarn, Freunden und Bekannten aus der ganzen Stadt und den Ortsteilen.
Symbol für gemeinsame Werte
„Wenn man den Blick dann schweifen lässt, wird einem bewusst, dass sich der Aufwand gelohnt hat und man ist stolz, Teil dieser gelebten Tradition zu sein.“ Deshalb hoffe er, betonte der Rittmeister, „dass wir diese Tradition mit unserer neuen Standarte auch mindestens für weitere 100 Jahre in unserem Städtle bewahren können.“
Diesem Wunsch schloss sich Bürgermeister Günter Pfundstein in seinem Grußwort an, das er gleichzeitig als Vertreter des Freundeskreises der Bürgerwehren an die Versammelten richtete, „herzliche Grüße auch von unserem Vorsitzenden Landrat a.D. Lothar Wölfle.“
Als Ausdruck von Zusammenhalt, Tradition und Identität sei eine Fahnenweihe immer ein besonderer Moment, hob das Ortsoberhaupt hervor: „Eine Fahne ist mehr als nur ein Stück Stoff: Sie ist Symbol für Werte, für Gemeinschaft und für Geschichte, die uns verbindet.“ Wobei der Begriff „Standarte“ eine spezielle Form der Flagge darstellt: Eine Fahne ist in der Regel an nur einer Längsseite der Stange befestigt und hängt im Wind, während eine Standarte an einer Querstange, einem sogenannten Ausleger, befestigt ist und damit immer komplett sichtbar bleibt.
Geschichte lebendig halten
Dass Fahnen ursprünglich im militärischen Einsatz als Orientierungspunkte für Truppenteile dienten, erklärte Günter Pfundstein ebenfalls. Daraus habe sich die Bedeutung als Symbol für militärische Ehre und Treue abgeleitet, was unter anderem in Begriffen wie „Fahnenflucht“ oder „Fahneneid“ oder auch „die Fahne hochhalten“ deutlich werde. Seit dem 19. Jahrhundert sind Fahnen Symbole für Einheit und Identität von Nationen, Vereinen oder Gemeinschaften.
„Die Ulanen von Zell am Harmersbach stehen seit vielen Jahrhunderten für gelebtes Brauchtum, Kameradschaft und Verbundenheit mit unserer Heimat“, unterstrich der Bürgermeister. Durch ihr Engagement trügen sie dazu bei, dass Geschichte nicht verblasse, sondern lebendig bleibe – „im Herzen unserer Stadt und für kommende Generationen. Die nun neue Fahne ist ein sichtbares Zeichen dieser Verbundenheit.“
Günter Pfundstein dankte allen, die zur Entstehung der neuen Standarte beigetragen haben und wünschte den Ulanen, „dass sie diese stets mit Freude, Stolz und guter Kameradschaft – mindestens für die nächsten 100 Jahre- tragen.“ Kommandant Andreas Lehmann wiederum dankte der Stadt für ihre Spende für die Standarte sowie allen Beteiligten.
Ein besonderer Dank galt dem Zeller Pils-Pub-Wirt Toni Abberger für jahrelange kostenlose Bewirtung an Herrgottstag und Zeller Fest, samt „Anbindemöglichkeiten für unsere Pferde.“ Bei gemeinsamem Mittagessen und Kaffee und Kuchen schloss sich den offiziellen Feierlichkeiten schließlich ein geselliges Beisammensein an.



![100 Jahre Standarte der Ulanen – Festliche Weihe in Zell a. H. 2025-10-17-ZE-Verein-Bürgerehr-Ulanen-Bürgerwehr_Zell _195A7400800 (1)[70].jpg](https://www.schwarzwaelder-post.de/wp-content/uploads/2025/10/2025-10-17-ZE-Verein-Buergerehr-Ulanen-Buergerwehr_Zell-_195A7400800-170.jpg-310x207.jpg)
