In der Zeit der Reichsstadt bis 1803 hatte der Stadtrat auch die Blutgerichtsbarkeit inne. Damit verbunden war das Amt des Schultheißen, einem Stadtrichter, der jeweils vom Abt des Klosters Gengenbach eingesetzt wurde. Zu den Hinrichtungen im Galgenfeld erschien der Scharfrichter der benachbarten Stadt Gengenbach. Im Storchenturm ist nicht nur ein massiver hölzerner Kerker erhalten, sondern werden auch Folterwerkzeuge der damaligen Zeit, wie zum Beispiel eine Daumenschraube und eine Hals-Geige, gezeigt.
Das der Sammlung neuerdings hinzugefügte Henkerbeil wurde von Museumsfreund Heinz Scherzinger in einem Nachlass entdeckt. Eine Gravur stammt aus dem Jahr 1857. Eine Verwendung in Zell ist damit ausgeschlossen. Denn zu dieser Zeit gab es in Zell keine Hinrichtungen mehr. Der Gemeinderat hatte nur noch einfache Bußen zu verhängen, die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erforderlich waren, wie zum Beispiel Verletzungen der Sperrstunde. Für die schweren Verstöße war das Obervogtei-Amt Gengenbach, bei Kapitalverbrechen das großherzogliche Strafgericht in Karlsruhe, zuständig.
Die Einschätzung als Instrument eines Henkers wird von den vorhandenen Ziselierungen gestützt. Diese zeigen auf einer der beiden Seiten eine Krone, was für eine hoheitliche Aufgabe spricht.
Vor einigen Jahren wurden im Gewann Steinenfeld auf dem ursprünglichen Hinrichtungsplatz Teile des einstigen Galgens aufgestellt. Die beiden Sandsteinsäulen hatten zuletzt nutzlos im Bauhof gelegen. Als Zell 1803 die Zuständigkeit für die Blutgerichtsbarkeit verlor, wurden die Säulen abgebaut und auf dem Gelände der Oberen Fabrik für eine stattliche Eingangspforte verwendet. Bei der Wiederherrichtung des Galgenplatzes wurde darauf verzichtet, beide Säulen aufzurichten und sie wie ursprünglich mit einem Rundholz zu verbinden. Ein leichtfertiger Umgang mit dem früheren Strafvollzug sollte damit vermieden werden. Bekanntlich hat unsere Demokratie die Todesstrafe abgeschafft.
Museum mit vielen Aspekten
Im Foyer des Storchenturms werden anlässlich der Sonderöffnung alte Postkarten von Zells Hauptstraße und dem Schwimmbad gezeigt. Die Älteren erinnern sich noch an die primitiven Anfänge des Freibades, das in der Folge immer wieder attraktiver gemacht wurde. Es ist für den Betrachter reizvoll das alte Stadtbild mit dem heutigen zu vergleichen. Einiges wurde erhalten, anderes ersetzt.
Die Museumsführer sind gerne bereit, interessierte Besucher auf die mannigfachen Schätze des Storchenturm-Museums aufmerksam zu machen. Die Einrichtung punktet mit ihrer Vielseitigkeit. Diese reicht von der Zeller Keramik, über die eindrucksvollen Uhren des Josef Bildstein bis hin zur Geschichte des heimischen Bergbaus und den dabei gefundenen Mineralien. Wer sich über die Anlage der einstigen Reichsstadt mit ihren Stadttoren informieren will, findet im Dachgeschoss ein getreu gebautes Stadtmodell.