Eigentlich sollte der Gemeinderat in seiner Sitzung am Montag über eine geplante Erhöhung der Kindergartengebühren zum 1. September 2019 beraten und abstimmen. Doch im Laufe der Diskussion wurde schnell deutlich, dass viele Gemeinderäte dem Beschlussvorschlag nicht uneingeschränkt zustimmen wollten. Auf Antrag wurde der Tagesordnungspunkt deshalb abgesetzt.
Die Kindergartengebühren wurden zuletzt zum 1. September 2018 erhöht und belaufen sich momentan für das erste Kind auf 105,00 Euro und für das zweite Kind auf 65,00 Euro pro Monat. Bei Kinder unter drei Jahren und einer Betreuung von maximal vier Stunden wurden die Gebühren auf 184,00 Euro für das erste Kind und 142,00 Euro pro Monat für das zweite Kind angesetzt.
Kommission empfiehlt Erhöhung von 3 Prozent
Eine Kommission bestehend aus Vertretern der Kirche und des Städte- und Gemeindetages Baden-Württemberg sprach allen Kindergartenträgern die Empfehlung aus, die Elternbeiträge für das Kalenderjahr 2019/2020 um drei Prozent zu erhöhen. Sowohl die Kommission als auch die Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg empfehlen eine Kostendeckung von 20% durch die Elternbeiträge anzustreben. In Zell a. H. liegt die Kostendeckung aktuell bei 14,60% nach 16,16% im Jahr 2018. „Selbst nach der moderaten Erhöhung von drei Prozent liegt die Kostendeckung mit 15,12% immer noch deutlich unter dem empfohlenen Wert von 20%“ informierte Bürgermeister Günter Pfundstein.
In den vier Zeller Kindergärten werden 310 Kinder betreut. Ausgaben von 2,7 Millionen Euro stehen Einnahmen von 1,2 Millionen Euro entgegen. So dass die Stadt rund 1,5 Millionen Euro zur Unterhaltung der Kindergärten zuschießen muss.
Eingangs der Diskussion erklärte Gemeinderat Martin Teufel (Grüne Liste), dass es Ziel sein muss Kindergärten ohne Gebühren zu unterhalten. Er kann einer weiteren Erhöhung der Elternbeiträge deshalb nicht zustimmen. Dies brachte auch seine Fraktionskollegin Sybille Nock zum Ausdruck: „Ich habe noch nie einer Erhöhung der Elternbeiträge zugestimmt und werde es auch jetzt nicht tun.“ Zwiegespalten zeigte sich Ludwig Schütze (SPD): „Die hohe Qualität unserer Kinderbetreuung rechtfertigt eine Gebühr“ erläuterte er. Allerdings stört es ihn gewaltig, dass Baden-Württemberg als nahezu letztes Bundesland überhaupt noch Kindergartengebühren vorsieht und damit Familien mit Kindern besteuert. Er forderte die Bürgermeister auf über den Städtetag Druck auf die Politik zu machen, um zu verhindern, dass Familien weiter abgeschöpft werden.
Letztes Kindergartenjahr beitragsfrei?
Einen ganz anderen Ansatz verfolgte Gemeinderätin Dr. Brigitte Stunder (Freie Wähler). Sie interessierte sich für die Kosten eines freien letzten Kindergartenjahres. „Dieses sei wichtig, da es der Schulvorbereitung dient und sollte deshalb gebührenfrei sein“ argumentierte sie. Rechnungsamtsleiter Klaus Kammerer schätzte, dass davon rund 70 bis 80 Kinder betroffen wären und somit zusätzliche Kosten in Höhe von rund 100.000 Euro anfallen würden. Martin Teufel hielt diesen Betrag für machbar und unterstützte die Idee von Brigitte Stunder. Dem schlossen sich mit Sybille Nock, Ludwig Schütze und Andrea Kuhn weitere Ratsmitglieder an.
Hannes Grafmüller (CDU) zeigte Verständnis für den Wunsch seiner Ratskollegen nach einem gebührenfreien Kindergarten. „Dies wäre wünschenswert, geht aber nicht ohne Landesmittel“ mahnte er. Er brachte zudem das Konzept der Betriebskindergärten analog zum Biberacher Modell der Kindertagesstätte „Fliegerkiste“ ins Spiel. Auch Jürgen Isenmann (CDU) zeigte sich skeptisch: „Die Eltern verlassen sich auf uns – sie wären enttäuscht, wenn wir diese Entscheidung nicht durchhalten können und sie wieder rückgängig machen müssten.“
Genaue Analyse
Bürgermeister Günter Pfundstein und Hauptamtsleiter Ludwig Börsig warnten vor einer Entscheidung, die zu einer Reduzierung der Elternbeiträge führt. „Es gibt gute Gründe für die geplante moderate Erhöhung“ erklärte das Stadtoberhaupt. Sobald neue Kreditaufnahmen seitens der Stadt fällig werden, nimmt die Gemeindeprüfungsanstalt die Haushaltszahlen in Augenschein und dabei werden zuerst die Gebührensätze geprüft. Ludwig Börsig empfahl den Vorschlag das vierte Kindergartenjahr beitragsfrei zu stellen, genauer zu analysieren. Es könnte durchaus passieren, dass Kinder, die bisher nur stundenweise zur Betreuung im Kindergarten waren, im beitragsfreien Jahr dann zur ganztägigen Betreuung angemeldet werden.
Auf Antrag von Ludwig Schütze entschloss sich der Gemeinderat den Tagesordnungspunkt abzusetzen und nach der Sommerpause neu zu beraten.
Ja zur Naturpark-Schule
Einstimmig bewilligte der Gemeinderat das Projekt „Naturparkschule“, das vom Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord bereits im März 2019 an allen Zeller Schulen vorgestellt wurde. „Kern des Projektes ist es, den Kindern unsere Region näher zu bringen“ erläuterte Günter Pfundstein. Das Projekt läuft vorerst über sechs Jahre. Nach dem ersten Jahr erfolgt die Zertifizierung zur Naturparkschule – diese wird vom Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord vorgenommen. Die Kosten belaufen sich auf rund 14.000 Euro und werden zu 60% gefördert. Mit Horst Koller, ehemaligem SBBZ-Rektor, würde ein kompetenter Fachmann als möglicher Projektleiter zur Verfügung stehen. Projektstart wird im März 2020 sein. Als „tolles Signal für die Schule“ wertete Günter Pfundstein das eindeutige Votum des Gemeinderates.