Gespannt erwarteten die Mitglieder des Gemeinderats am Montag den Tagesordnungspunkt 6: Realisierungswettbewerb zur Rathaussanierung/Festlegung der weiteren Vorgehensweise. Stadtbaumeister Tobias Hoffmann stellte dem Gremium die Entwürfe, die es auf die ersten drei Plätze geschafft hatten, ausführlich vor.
Am vergangenen Samstag tagte das Preisgericht, um die ersten Plätze im Planungs-Wettbewerb um die Rathaussanierung zu vergeben. Die Ergebnisse wurden dem Gemeinderat am Montag vorgestellt. Ziel war es, einen formalen Beschluss zu fassen, der die Verwaltung dazu ermächtigt mit den Preisträgern Vergabegespräche zu führen, in denen zudem geprüft werden wird, ob die entwerfenden Büros auch für die Ausführung infrage kommen. Das Ergebnis dieser Gespräche wird im Gemeinderat besprochen. Bereits am 17. September soll die Vergabe erfolgen.
Stadtbild und Raumstruktur
Bei ihren Entwürfen hatten die Planer etliche Herausforderungen zu lösen. Sie mussten es schaffen, das historische Rathaus und das Gebäude der ehemaligen Metzgerei Wagner (Erweiterungsbau) harmonisch miteinander zu verbinden. Auch ein Abriss der Metzgerei ist möglich und durfte in Betracht gezogen werden. Es sollte eine sinnvolle Raumnutzung gefunden und den modernen Ansprüchen an Barrierefreiheit Rechnung getragen werden. Außerdem waren Lösungen in Hinblick auf die Eingangssituation gefragt. Hier zeigte sich bei einigen der insgesamt acht Entwürfe, die das Preisgericht begutachtet hatte, dass es nicht so leicht war, diese Zahl zu begrenzen. Der alte Haupteingang ins Rathaus muss erhalten bleiben, der kleine Eingang hinten wird ebenfalls stark genutzt; dazu kommt mindestens ein neuer Eingang im Erweiterungsbau. Eine weitere Zersplitterung war nicht gewünscht, und so kamen drei Entwürfe in die Endrunde, die sich in Bezug auf neue Eingänge sparsam zeigten.
Lichtdurchflutetes Foyer
Die Gewinner des Wettbewerbs sind die SWS Architekten aus Karlsruhe. Sie fanden eine Lösung, die sich an der jetzigen Situation orientiert, Gebäudestrukturen erhält, auf Vorhandenes antwortet und trotzdem nicht versucht Historisches nachzuahmen. Die Idee der Experten für öffentliches Bauen überzeugte durch ihre Struktur und Gliederung und stellt in den Augen des Preisgerichts eine angemessene städtebauliche Weiterführung der Substanz dar. Die Mauer der ehemaligen Metzgerei Maier soll dabei erhalten bleiben, im Osten ein Neubau angeschlossen werden, was zur erwünschten Parzellenstruktur im Stadtbild beiträgt. Durch die Art und Weise der Gestaltung des Erweiterungsbaus und des neuen Foyers wird das denkmalgeschützte Rathaus freigestellt. Auch den Wunsch nach einer kleingliedrigen Fassade erfüllten die Architekten. Der Sitzungssaal soll zukünftig im Dachgeschoss des Neubaus untergebracht werden. Der Mittelbau erhält ein Glasdach. Das neue Zwischenglied dient als großzügiges Foyer und neues Zentrum, das Erweiterungsbau und altes Rathaus miteinander verbindet. Es ist multifunktional angelegt und kann etwa als Raum für Veranstaltungen und Ausstellungen genutzt werden. Überaus positiv wurde vom Preisgericht der Vorschlag bewertet, den neuen barrierefreien Zugang dorthin über eine Rampe in die Kanzleistraße zu verlegen, was die ohnehin schon stark benutzte Südseite weiter aufwertet.
Aufzug im Altbau kritisch
Aus Stuttgart stammt der Entwurf, der es auf Platz 2 geschafft hat. Die Architekten des Büros »Dasch Zürn« hatten Anfang des Jahres bereits ebenfalls den 2. Preis beim Wettbewerb um den Neubau einer Grundschule in Haslach gemacht. Für die Rathaussanierung in Zell reichten sie die progressivste der drei top-platzierten Ideen ein. Das Preisgericht schrieb dem Entwurf eine hohe skulpturale Qualität zu. Sie entsteht durch die Abbildung zweier Neubaugiebel zur Hauptstraße, die sich gut ins Stadtbild einfügen. Auch der an sich schwierige Umgang mit den Eingängen wurde in dem Entwurf gut gelöst, die Eingänge gemäß ihrer Bedeutung berücksichtigt. Zentral hatten die Architekten das Bürgerbüro angelegt, den Bürgersaal im Obergeschoss. Foyer und Saal würden über große Glasflächen im Dach lichtdurchflutet. Die Denkmalpflege sah zwar die Abbildung der Parzellenstruktur erfüllt, vermisste jedoch die geforderte kleingliedrige Fassade im Neubau. Hier würde es sogar Einschnitte an der Fassade geben, was aus denkmalpflegerischer Sicht sehr kritisch gesehen wurde. Auch dass für die Barrierefreiheit der Aufzug im Altbau eingebaut werden soll, wurde kritisch bewertet, da das mit großen Eingriffen in die historische Bausubstanz einher gehen würde.
Gleichbehandlung von Fassade und Dach auf Platz 3
Den dritten Platz belegte der Entwurf von Wulf Architekten aus Stuttgart. Das Preisgericht bescheinigte dem Entwurf einen wertvollen Beitrag zur gestellten Aufgabe. Die Stuttgarter Planer entschieden sich dafür, die Fassade der Metzgerei zu erhalten und einen giebelständigen Neubau und einen Zwischenbau zu errichten. Besonders positiv bewertete das Preisgericht, dass die hervorgehobene Stellung des historischen Rathauses im Entwurf respektiert wird, das neue Foyer eine besondere Innenraumqualität besitzt und die historischen Gliederungselemente der Fassade sensibel in die Neuzeit übersetzt wurden. Der Eingang zum neuen Bürgerbüro im Neubau würde von der Brunnen-Seite her erfolgen. Der neue Sitzungssaal hatte überzeugt. Allerdings kam in den Ausführungen des Preisgerichts auch zur Sprache, dass die »selbstbewusste Formen- und Materialsprache« des Neubaus – so heißt es in der Beurteilung – denkmalpflegerisch kritisch gesehen wird und bei der angestrebten Raumaufteilung im Altbau deutliche Eingriffe in den Bestand nötig würden.
Barrierefreiheit besonders wichtig
Ins Preisgericht eingebunden waren neben Bürgermeister Pfundstein, Stadtbaumeister Tobias Hoffmann und fachlichen Vertretern auch die Vertreter der vier Gemeinderatsfraktionen. Die Preisvergabe durch das Preisgericht erfolgte einstimmig, jedoch konnten sich nicht alle Gemeinderäte so einhellig anschließen. Martin Teufel und Ludwig Schütze bemängelten das Fehlen eines bodenebenen Zugangs zum Neubau und beharrten darauf, dass nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung ein besonderes Augenmerk auf die Barrierefreiheit gelegt werden müsse. Bürgermeister Pfundstein betonte, dass nach der Sanierung jeder Raum behindertengerecht erreichbar sein wird.