Seit Mitte vergangener Woche hat der Winter nicht nur Oberharmersbach fest im Griff. Für Thomas Furtwengler bedeutet dies jeweils einen langen Arbeitstag, da er seit der Verabschiedung seines Vorgängers Roland Brucher für den Winterdienst der Gemeinde Oberharmersbach zuständig ist.



Schneefall holt in diesen Tagen Thomas frühmorgens aus den Federn, ab vier Uhr läuft der Unimog. Die Touren sind ihm schon ebenso vertraut wie das Fahrzeug. »Ich hatte einen guten Lehrmeister«, lobt er die Einarbeitungszeit mit seinem Vorgänger Roland Brucher. Und wegen seiner bisherigen Arbeit im Bauhof und im Gemeindewald sowie auf seinem kleinen landwirtschaftlichen Gut ist der Umgang mit Maschinen für ihn nicht grundsätzlich neu.
Während in der Ortsmitte rund 25 Zentimeter Schnee gefallen sind, misst man auf den Höhen über einen halben Meter. »Da haben wir was vor uns«, meint er trocken. Dabei denkt er nicht nur an seine Arbeit.
Belastung für den Gemeindehaushalt
»57.000 Euro stehen für den Winterdienst im Haushaltsplan«, meint Rechnungsamtsleiter Jens-Mathias Bächle. 25.000 Euro davon entfielen auf Fremdkosten, also Privatpersonen, die mit ihren Fahrzeugen in den Seitentälern räumen und bei Bedarf den Gemeindeunimog unterstützen. Dabei weiß er sehr wohl, dass die vergangenen milden und schneearmen Winter den Gemeindeetat etwas verwöhnt haben, weil das vorgesehene Budget immer unterschritten wurde. »Wenn jetzt der Winter so richtig zupackt, ist die Zahl im Gemeindehaushalt schnell Makulatur«, gibt sich Bächle skeptisch.
Der Rechnungsamtsleiter addiert Beträge – Verrechnungskosten für die eingesetzten Fahrzeuge, Streugut, Kraftstoff und das Personal – und schon wächst die finanzielle Belastung für den täglichen Winterdienst über einen dreistelligen Euro-Bereich hinaus. »Man darf gespannt sein, welches Gesicht der Winter noch zeigt«, gibt sich Schneeräumer Thomas ebenso skeptisch.
Er weiß, welche Überraschungen die Jahreszeit bringen kann, vor allem, wenn er an die Touren auf den Oberharmersbacher Hausberg denkt. Unter zweieinhalb, drei Stunden läuft diese Tour nicht, besondere Hindernisse nicht eingerechnet. Recht harmlos sieht es am Freitagmorgen aus, trotz des gefallenen Neuschnees. Unterhalb der Abzweigung zum Gewann Durben blockiert eine entwurzelte Fichte die Weiterfahrt. Ein musternder Blick, zwei Schnitte am Stamm, einige Äste absägen, den Rest erledigen 170 PS des Unimogs, der dank gekonnter Führung das Restholz an den Wegrand schiebt.
Schneestangen im Spätjahr gesteckt
Im Tempo eines Dauerläufers räumt der Unimog bergwärts eine Hälfte der Straße frei. Immer wieder dreht Thomas das Räumschild, räumt die eine oder andere Ausweichbucht und orientiert sich an den Schneestangen, die er im Spätjahr gesteckt hat. Der Schneefang kann die Massen des Pulverschnees nicht mehr fassen, die der Wind angehäuft hat. Der feine Nebel der Eiskristalle bildet auf der Windschutzscheibe einen dichten Tröpfchenfilm. Tückisch sind die Straßenverhältnisse, denn jetzt verrät die gleißende Morgensonne die spiegelglatte Fläche unter dem beiseite geschobenen Pulverschnee.
Der scharfe Ostwind hat die mit Schnee beladenen Fichten etwas entlastet, dennoch klopft immer wieder der eine oder andere Ast an das Führerhaus des Unimogs. Oben beim Aussichtsturm ist nur das monotone Geräusch des Windrades zu hören. Weiße Fahnen aus feinen Eiskristallen treibt der Ostwind unablässig über den Brandenkopf. Thomas Furtwengler hat im Moment keinen Blick für die winterstarre Umgebung, die sich in der Morgensonnen von ihrer besten Seite Zeit. Er muss sich auf seine Arbeit konzentrieren und räumt zügig den Platz vor dem Wanderheim.
Absprachen und delegieren hilft
Er ist an solchen Wintertagen ein gefragter Mann. Daran erinnert ihn im Viertelstundentakt sein Funkgerät. Hier mal noch schnell den Platz frei räumen für eine Maschinenlieferung, dort mit Streugut eine spiegelglatte Hofzufahrt entschärfen, weil der Milchwagen bald kommt. »Ich kann nicht überall gleichzeitig sein«, überspielt Thomas scheinbar routiniert die Anfragen und nimmt sie trotzdem ernst.
»Absprachen und delegieren hilft«, hat er schon begriffen. Zwei, drei Telefonate mit den ebenfalls noch im Einsatz fahrenden Kollegen, dann ist der ärgste Druck weg, bis er wieder im Dorf eintrifft und die nächste Tour in Angriff nehmen kann. Er weiß jetzt schon, dass nach dem gestrigen Arbeitstag mit 14 Stunden auch heuer die Mittagspause erneut ausfällt.
Talwärts werden die letzten Feinheiten der Räumung abgeschlossen. Ein kurzer Halt beim Bauhof, nicht er, aber der Unimog wird »gefüttert«, mit Streusalz, und schon sind Thomas und sein Gefährt wieder auf Achse.