Wenn in zwei Monaten der Gemeinderat wieder an angestammter Stelle seine Sitzungen im sanierten Rathaus abhalten wird, können sowohl die Räte wie auch die zahlreichen Zuhörer ganz unbesorgt den Diskussionen folgen. Seit gestern ist ein Rettungsschlauch installiert.
Für den Bürgersaal im ersten Obergeschoss ist als Versammlungsstätte ein Rettungsweg vorgeschrieben. Da das Oberharmersbacher Rathaus unter Denkmalschutz steht, wäre eine Rettungstreppe nur äußerst schwierig anzubringen gewesen, von den Kosten ganz zu schweigen. Als Alternative – nicht zuletzt aus Kostengründen – bot sich ein Rettungsschlauch an, den die Firma Thoms aus dem holsteinischen Bad Bramstedt zur schnellen und sicheren Evakuierung von Personen entwickelt hat.
Durch den festen Kontakt mit dem Rettungsschlauch gleitet man ruhig und mit gleichmäßiger Geschwindigkeit abwärts. Im Innern ist ein zweiter Schlauch spiralförmig eingenäht d.h. der Körper rutscht in einer ständigen Linkskurve sanft durch den Spiralschlauch und man hat nie das Gefühl zu fallen. Selbst aus einer Höhe von beispielsweise 30 Meter können sich acht bis zehn Personen in zwei Minuten selbst evakuieren.
»Vom Kleinkind bis zum Greis, von der schwangeren Frau bis zur Person mit gesundheitlichen Einschränkungen ist der Rettungsweg offen«, erklärt Juniorchef Sebastian Thoms, der soeben die Installation fertiggestellt hat. »Wir spielen das jetzt mal durch« weiht er Hausmeister Jürgen Kornmayer in die Nutzung des Rettungsschlauches ein.
Tatsächlich liefe eine Rettung denkbar einfach und zügig ab. Der Schlauch aus strapazierfähigem und feuerfestem Industrietextil, in einer Box beim Fenster verstaut, wird in wenigen Sekunden ausgepackt und aus dem Fenster heruntergelassen. Die Einstiegsklappe wird mit zwei einfachen Handgriffen arretiert. Der Juniorchef rutscht zum oberen Schlauchende – und steht. »Ich kann die Geschwindigkeit steuern oder sogar anhalten, aber das ist nicht nötig« sind seine vorläufig letzten Worte, bevor er behäbig drehend nach wenigen Sekunden auf dem Rathausplatz steht. Jürgen Kornmayer folgt ihm. »Eine gute Lösung« findet er und weiß auch schon, dass man mit dem Personal des Rathauses und dem Gemeinderat unbedingt eine Übung abhalten sollte. »Jetzt sind wir auch im Ortenaukreis vertreten«, freut sich Sebastian Thoms, dessen Rettungsschläuche an Hochhäusern in Saudi-Arabien, im Kanzleramt und in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá zu finden sind. Dort beträgt die Länge des Rettungsschlauches über 80 Meter. Aus dem Oberharmersbacher Sitzungssaal rutscht man im Notfall gerade mal knapp fünf Meter.