Erneut auf der Tagesordnung des Gemeindrats – und zur Vergabe – stand am Montagabend der Dauerbrenner »Straßenunterhaltungsmanagement«.
Er war zuletzt in der Beratung am 21. Januar 2019 ausführlich diskutiert worden.
Auch hier war es Bürgermeiste Weith, wie zuvor beim Rathaus wichtig, die neuen Räte vor der Beschlussfassung mit ins Boot zu holen und umfassend zu informieren. Deshalb war noch einmal Thomas Gärtner vom Ingenieursbüro Ortmann aus Oberkirch nach Oberharmersbach gekommen, um die Grundzüge des favorisierten Systems »PMS« zu erläutern. Das System wird bereits in zahlreichen Städten und Gemeinden der Region eingesetzt und ermöglicht nicht nur die Bewertung der Straßen, was für die Umstellung auf die Doppik zum Jahreswechsel wichtig ist, sondern auch die Erstellung eines langfristigen Sanierungskonzepts.
Gärtner wiederholte eine Binsenweisheit mehrmals: Wenn man Maßnahmen zu lange hinauszögert, wird es teuer. Das System helfe dabei, den optimalen Eingriffzeitpunkt zu finden. Der sei dann, wenn mit minimalen Kosten ein maximaler Erhaltungseffekt erzielt werden könne. Das Ziel: Das knappe Budget in die Straßen investieren, bei denen man mit überschaubaren Mitteln den Zustand erhalten kann. »Wenn man die schlechten Straßen kennt, ist der optimale Eingriffszeitpunkt schon vorbei«, so der Experte.
Wie wichtig in Sachen »Straßenunterhaltung« ein objektives Konzept ist, zeigt ein Blick in die Zahlen. Die Gemeinde Oberharmersbach verfügt über ein Straßennetz von rund 72 Kilometern. Nur zwölf Kilometer liegen innerorts, 60 Kilometer sind Straßen im Außenbereich. Damit ist das Straßennetz das größte Infrastrukturvermögen der Gemeinde.
Eine erhebliche Verbesserung im Datenbestand würde das System sicherlich bringen, denn bisher wurden die Maßnahmen eher nach offensichtlicher Dringlichkeit und »Leidensdruck» angegangen als nach objektiven, technischen Kriterien. Nachverfolgbar, wie sich das Straßennetz durch die Arbeiten entwickelt? Bislang Fehlanzeige. Nicht nur zur guten Seite, sondern auch zur schlechten. Die Software bietet nämlich auch eine Konsequenzanalyse als Grundlage zur Entscheidungsfindung. Was passiert, wenn wir jetzt nichts machen? »Das schafft Transparenz«, warf Gärtner ein nicht von der Hand zu weisendes Argument in die Waagschale, das wohl auch das Gegenargument der knappen Finanzen im Einzelfall schlägt. Durch die gesetzlich vorgeschriebene Umstellung auf das neue kommunale Haushaltsrecht, das gab Weith zudem zu Bedenken, sei sowieso die Erfassung und Bewertung der Straßen notwendig. Eine Leistung, die von der Verwaltung nicht zu stemmen sei und deshalb extern beauftragt werden müsse. Im Haushaltsplan sind bereits Mittel in Höhe von 40.000 Euro eingestellt.
»Wir kaufen uns zum Teil ein schlechtes Gewissen«, warf Gemeinderätin Anja Jilg ein. Bürgermeister Weith gab ihr ein Stück weit Recht, auch wenn er erwiderte, dass durch das System die Notwendigkeit von Maßnahmen objektiv belegbar sei. Prioriäten könnten trotzdem anders gelegt werden, die Konsequenzen seien dann transparent. In den Augen von Andreas Kasper ist der »schlechte-Gewissen-Faktor« gar nicht verkehrt. Er fragte sich, wie hoch der Investitionsstau überhaupt sein mag.
Schlussendlich, nach ausführlicher Präsentation und Diskussion, beauftragte der Gemeinderat die Firma GSA (in der Sitzung vertreten durch ihren Partner, das Ingenieursbüro Ortmann) die Oberharmersbacher Straßen auf einer Streckenlänge von 65 Kilometern zu digitalisieren, als Karte darzustellen, den Bestand und Zustand zu erfassen, Er- und Unterhaltungsmaßnahmen zu berechnen und das Vermögen für die Doppik zu bewerten. Der Auftrag hat einen Wert von 35.900,52 Euro.