Die Nordracher Landfrauen-Vorsitzende Maria Schwarz setzt sich ebenso für die Belange regionaler Bauern ein, wie sie Frauen ohne landwirtschaftlichen Hintergrund herzlich willkommen heißt.
Am 5. Juli werden die Landfrauen des Ortsvereins Entersbach Gastgeber im Dorfgemeinschaftshaus Unterentersbach sein, wenn der LandFrauen-Bezirk Haslach „50 Jahre LandFrauen im Kinzigtal“ feiert: Der Ortsverein Haslach wurde vor exakt einem halben Jahrhundert gegründet. Seine Mitglieder kamen ursprünglich unter anderem auch aus Entersbach, Nordrach, Prinzbach, Unter- u. und Oberharmersbach. Mit einigen Vertretern dieser heutigen Ortsvereine unterhalten wir uns in einer sechsteiligen Serie, heute in Teil zwei: Maria Schwarz aus Nordrach.
NORDRACH. „Koooomme, komme, komme“, lässt Maria Schwarz ihre Stimme über die am Hang gelegene Weide erschallen, hier am Hutmacherdobel, an einem Waldrand weit oberhalb des Dorfes. So gerufen, kommt prompt die kleine Mutterkuh-Herde des Riehlehofes herbeigetrabt, den die 50-Jährige gemeinsam mit ihrem Mann Wolfgang im Nebenerwerb bewirtschaftet.
40 Hektar gehören zu diesem erstmals anno 1485 urkundlich erwähnten Anwesen. Drei Viertel davon sind Waldgebiet, und auf acht Hektar erstrecken sich Streuobstwiesen, auf denen die Kühe mit ihren noch sehr jungen Kälbern weiden. Man spürt die Bindung, die Maria Schwarz zu den Tieren hat. Sie ist Landwirtin mit Leib und Seele, gleiches gilt für sie als Vorsitzende des LandFrauen-Ortsvereins. Als einer, der es ganz wichtig ist, „dass bei uns auch Frauen sind, die keinen Hof haben, mit ganz unterschiedlichen beruflichen Hintergründen und Lebenshintergründen.“
Anschluss für Neuankömmlinge
So sind beispielsweise Nordracher Neuankömmlinge mit offenen Armen willkommen, „damit sie als neu Hinzugezogene über uns Landfrauen gleich ein wenig Anschluss finden.“ Gerade jetzt wieder sei auf diese Weise ein neues Mitglied hinzugekommen“, lacht die Mutter dreier erwachsener Kinder ihr herzliches, warmes Lachen, „das ist total schön, weil sie über uns auch ihre neue Heimat kennenlernen, unsere Landschaft.“ Und die ist vielfältig in ihrer Kleinteiligkeit, geprägt von an Hängen liegenden Wiesen, Weiden, Wäldern. Eine sich zwischen 255 und 875 Höhenmetern erstreckende Idylle, die es von den hier lebenden Menschen zu erhalten und für die es oft genug zu kämpfen gilt, insbesondere seitens der Landwirte.
Immer wieder ganz vorne mit dabei: Maria Schwarz. So auch bei den Bauernprotesten im vergangenen Frühjahr. Oder wenn es um gerechtere Milchpreise für Milchviehhalter ging. Bei der Frage um den Schutz des Viehs vor dem Wolf stand sie bei einer Podiumsdiskussion unter anderem mit den Landtags-Mitgliedern Thomas Marwein und Volker Schebesta auf der Bühne.
Unerschrocken
Ohne Scheu auch ging sie 2021 eine Engerlingplage in den Böden an, als Nordrach sich vom Deutschen Bauernverband allein gelassen fühlte. Tatkräftig war sie daran beteiligt, den Landwirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg, Peter Hauk, von einer Ortsbesichtigung in Nordrach zu überzeugen. „Daraufhin erhielten wir Unterstützung, bekamen zum Beispiel das Saatgut bezahlt“, ist die gebürtige Nordracherin noch immer froh, „wir als kleine Landwirte hätten die Kosten gar nicht tragen können, die uns durch die Schäden entstanden waren.“
Denn: Eine übermäßige Population einjähriger Junikäfer-Larven hatte für fatale Zustände gesorgt. Im Erdreich lebend hatten sie sich an den Wurzeln von Gras und Kraut derart gütlich getan, dass alles braun verdorrte – mit Ausnahme von Klee, der bei Engerlingen wohl nicht als Gaumenkitzler gilt. Hinzu kam Trockenheit. Mit dem Ergebnis, dass für die Kühe das Futter fehlte.
Dieses Problem besteht derzeit auf dem Riehlehof glücklicherweise nicht, stattdessen bietet sich das Bild glücklich in sattem Grün grasender Fleischrinder.
itterungsbedingt sind sie von November bis April oder Mai im Stall, „meistens klappt es, dass sie noch im Stall kälbern.“ Beim Kalben dabei zu sein, ist Maria Schwarz wichtig, „der Bezug der Kälber zu uns Menschen ist dann ganz anders, als wenn sie draußen auf der Weide zur Welt kommen – die schmusen dann mit einem und laufen einem nach, warten auf einen.“
Allerdings müsse man vor allem in den ersten zwei Wochen sehr aufpassen, weil die Mutterkühe in dieser Zeit „total auf ihre Kälber fixiert“ seien. Einerseits ist das gefährlich für Zweibeiner, andererseits wiederum „toll, dass die Mütter ihre Kälber annehmen, weil: Bei uns bleibt ein Kalb neun Monate an seiner Mutter und trinkt deren Milch.“ Im Unterschied zu Milchkühen. Hier dürfen die Kälber „nur am Anfang die Muttermilch säugen, weil sie sehr vitamin- und mineralstoffhaltig ist.“ Anschließend trennt man die Kälber von ihren Müttern, um deren Milch zu verwerten.
Enge Bindung
Im Alter von einem Jahr werden die Kälber des Riehlehofs an andere Höfe verkauft, „zur Mast oder zum Kälbern, als Kalbin.“ Ob es weh tut, wenn ein Kalb den Hof verlässt? „Ja klar“, die Antwort kommt auf der Stelle. Nicht weniger schmerzhaft ist es, wenn eine der Mutterkühe geht. Zusammen mit einem für die Fortpflanzung zuständigen Bullen leben derzeit sieben Kühe auf dem Hof, im Zuge der Nachzucht zwei mehr als sonst, „dafür werden zwei der alten Damen gehen.“
Das leise Wehklagen in der Stimme versucht Maria Schwarz mit einer sachte gedehnten Portion Ironie sanft wegzulachen, immerhin stolze 18 Jahre alt sind die beiden Kuhdamen – so alt wie das jüngste ihrer eigenen Kinder. „Jede hatte jedes Jahr ein Kalb und sie waren immer sehr vernünftig“, sie betont „sehr“, lacht erneut leise und wird ernst: „Die beiden haben die Herde zusammengehalten. Aber jetzt merkt man, dass sie nicht mehr gut laufen können, da haben wir gesagt, jetzt müssen wir uns von ihnen verabschieden.“
Der Rasse „Limousin“ gehören die Mutterkühe an. „Die haben sehr gutes Fleisch“, betont Maria Schwarz und schmunzelt, „das sind Franzosen, aber wir versteh´n uns.“ Um das Verstehen im ernsten Sinne allerdings geht es ihr in Bezug auf Wanderer und Feriengäste, die beim Erkunden des Obstbrennerwegs hier oben vorbeikommen.
„Die Leute achten mehr auf uns – auf das, was wir tun“, habe sie in den letzten Jahren verstärkt festgestellt, werde sie doch zum Beispiel nach dem Verbleib der Kühe gefragt, wenn diese im frühen Jahr noch nicht auf der Weide stehen. „Dann nehme ich die Leute mit in den Stall und erkläre ihnen alles.“ Zum Beispiel auch, dass man beim Kalben unerfahrener, junger „Erstgebärender“ zwingend dabei sein muss, weil es sonst zu Komplikationen kommen kann. Und ob des Klimawandels besteht in manchen Jahren an den Hangweiden das Problem der Trockenheit, so dass die Tiere wegen mangelndem Futter noch nicht hinausgelassen werden können.
Landschaft gestalten
Durch ihr Grasen halten die Rinder im Übrigen die Landschaft offen. Sie verhindern, dass die Wiesen verbuschen und zuwachsen, der typische „Schwarzwaldlook“ verloren geht. „Landwirte gestalten Landschaft“, unterstreicht Maria Schwarz. Dazu gehören auch die für den Schwarzwald so charakteristischen Streuobstwiesen, auf denen Kühe grasen. 60 bis 65 Obstbäume – hauptsächlich Äpfel Tragende – sind es, die auf dem Areal des Riehlehofs stehen. Die müssen regelmäßig gepflegt und fachgerecht beschnitten werden. Aus dem Obst stellen Maria und Wolfgang Schwarz ab Hof verkäufliche Brände und Liköre her.
Und dann ist da noch der Wald, der bewirtschaftet werden will. Die Riehlehoflerin ist froh, dass der älteste Sohn ihrem Mann dabei hilft, „alleine in den Wald zu gehen ist zu gefährlich.“ Zwar hat sie beim Um- und Ausbau des uralten Gehöfts ordentlich mit angepackt – „mir hat es Spaß gemacht, etwas mit den Händen zu tun“ – wegen der erforderlichen Muskelkraft jedoch gilt: Waldarbeit ist Männerarbeit.
Im Nordracher Hintertal auf dem großen Rautschhof aufgewachsen, findet Maria Schwarz: „Es ist nicht verkehrt, mal für ein paar Stunden aus dem Hof rauszukommen.“ Daher ist die gelernte landwirtschaftliche Hauswirtschafterin nicht nur halbtags als Verkäuferin tätig, sondern bei den Landfrauen hoch engagiert. 1995 gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern, zunächst als Beisitzerin, offiziell nun seit März leitet sie die Geschicke des Vereins. „Es macht mir Spaß, etwas in der Gemeinschaft nach vorne zu bringen“, erklärt sie ihre Motivation und ihr Ziel beispielsweise, „die Gemeinschaft von jung und alt ein wenig vorwärts zu kriegen.“ Was immer gut funktioniert habe, „bei uns war und ist es immer lustig“, trotz aller Ernsthaftigkeit.