»Es war einfach toll, auf einigen der Obstbrennerhöfe hinter die Kulissen schauen zu dürfen und bedingungslos willkommen zu sein, total herzlich« – so äußert sich der Kameramann Tobias Weis über die Drehbedingungen zu einem Film, für den bis Ende des Jahres noch viel zu tun ist.
Nix da von wegen einfach immer mal wieder schnell die Handykamera gezückt und fertig ist: Voll mit Menschen und Material war der Kleintransporter, der an Fronleichnam und am darauffolgenden Freitag auf dem Nordracher Obstbrennerweg zwischen den einzelnen, hauptsächlich im Nebenerwerb betriebenen Höfen hin- und her kurvte (wir berichteten).
Zwei Drehtage – von früh morgens bis in den späten Abend – waren erforderlich, um 220 Minuten Aufnahmematerial in den sprichwörtlichen Kasten zu bekommen. Wobei sich Tobias Weis – ein ausgebildeter Mediengestalter in Bild und Ton, der unter anderem als Kameramann in Baden-Baden arbeitet – auf ein bestens funktionierendes Team verlassen konnte.
Im November 2018 wurde der Jungfilmer beim SWR-Nachwuchswettbewerb »Visio« mit dem zweiten Preis für seinen Kurzfilm »Lichtblicke« – ein Low-Budget-Projekt – ausgezeichnet Das vorgegebene Thema lautete: »Ein göttlicher Moment.«
»Ein Film kann nie perfekt werden«, sagt der Mediengestalter Bild und Ton, der sich nach dieser Ausbildung nun auf die Kameraarbeit spezialisiert hat, »im Nachhinein gibt es immer etwas, das man hätte besser machen können.« Umso größer seine Anstrengungen, dass das Ergebnis seiner Arbeit und der des Teams so gut wie nur irgend möglich wird.
Teamarbeit unabdingbar
Daher war bei den Nordracher Aufnahmearbeiten »der Workflow strikt gegliedert«, erklärt er, der zum einen von einem Kamera-Assistenten unterstützt wurde. Der hieß Clemens Brocke (20) und tat das, wofür der 23 Jahre alte Tobias Weis bei Tatort-Produktionen selbst zuständig ist: Er sorgte dafür, dass die Kamera läuft. Dass also »alles richtig umgebaut wird«, denn die Kamera wurde bei den Nordrach-Aufnahmen unterschiedlich genutzt: als Handkamera auf der Schulter, auf einem Stativ, oder mit einem Saugnapf außen an der Beifahrertür des Wagens befestigt.
Hinzukommen die verschiedenen Objektive, die fürs Zoomen benötigt werden, und auch die Akkus müssen jeweils rechtzeitig gewechselt werden. »Dass man das als Kameramann nicht selber machen muss, ist extrem wichtig«, erläutert der gebürtige Saarländer, der in Baden-Baden in Lohn und Brot steht, »weil das ganze Technische in Konflikt mit der kreativen Arbeit der Bildgestaltung steht.«
Daher widmete sich sein Kamera-Assistent überdies dem »Schärfe ziehen«. Das heißt, er stellte per Fernbedienung den Abstand des zu filmenden Objekts zur Kamera ein, beziehungsweise synchron zu den Bewegungen der Protagonisten. »Wenn man danebenliegt, ist alles unscharf und man muss die Aufnahme nochmal machen«, erklärt Tobias Weis.
Nicht weniger verantwortungsvoll die Aufgabe der Datenverwaltung von insgesamt eineinhalb Terabyte, die Julius Herrmann (25) übernahm. Denn nach jeweils zehn Minuten musste die Speicherkarte aufgrund der hohen Aufnahmequalität gewechselt, auf eine große Festplatte kopiert und zum erneuten Überspielen gelöscht werden, »da durften keine Daten verloren gehen«. Auch half der Student audiovisueller Medien bei der Beleuchtung, hielt den Reflektor.
Drohnenpilot mit dabei
Der Vierte im Bunde hieß Alexander Mewes (27), in Eigenregie für den Ton verantwortlich. Er bediente ein Gerät, mit dem mehrere Audiospuren gleichzeitig aufgenommen werden können und positionierte das Mikrofon. Auch ein Drohnenpilot für die Aufnahme von Landschaft und Wanderern war mit von der Partie.
Mit der Beendigung der Dreharbeiten stand zunächst die Abwicklung an. Denn der Teil der Ausrüstung, die Tobias Weis gemietet hatte, musste zurückgegeben werden. Anschließend wird das Aufnahmeformat des Filmmaterials in eines gewandelt, »das sich bearbeiten lässt«, wird daraufhin in ein Schnittsystem geladen.
Bei einer ersten Sichtung sortiert Weis aus. »Bei 220 Minuten Material für eine geplante Filmlänge von acht Minuten kann ich sehr wählerisch sein«, freut sich der preisgekrönte Kameramann. Als nächstes wird der Film geschnitten, wozu der junge Mann in engem Kontakt mit Egbert Laifer steht. Denn: Der Nordracher Chocolatier hatte nicht nur die Idee zu dem »Obstbrennerfilm«, er führte auch Interviews mit Hofbetreibern. »Da reden die Leute ganz viel, aber natürlich nur wenige Sätze werden im Film zu hören sein«.
Aufwändige Puzzlearbeit
Ist der Schnitt fertig, kommt die Audio-Mischung an die Reihe. Hier wird der Ton angelegt, den Bildern müssen die passenden Töne zugeordnet werden. Inklusive der Atmosphärengeräusche von beispielsweise Vogelgezwitscher oder Gläserklappern. Oder der Fahrgeräusche eines alten Traktors – für diese Aufnahmen hatte Tobias Weis sich, gut gesichert, in einen Kasten vor der Motorhaube gesetzt.
Anschließend gilt es, die Töne so zusammenzumischen, dass alles wie aus einem Guss klingt – damit man die Schnitte nicht mehr hört und die Lautstärke passt. Doch auch damit ist noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Weil nun die Auswahl der Musik ansteht. »Vielleicht wird auch welche komponiert, das wissen wir noch nicht, das wird sich zeigen«, erzählt Tobias Weis. Schließlich muss die Sprecheraufnahme erstellt und dazu gemischt werden, sie erzählt den Off-Text.
Bleibt noch die separate Bildbearbeitung ganz zum Schluss, um die Lichtverhältnisse anzupassen und Farbkorrekturen vorzunehmen. Was unter anderem deshalb nötig ist, »weil wir mit zwei verschiedenen Kameras gefilmt haben.«