Die Gründung eines Naturkindergartens in Biberach erweist sich als schwere Geburt. Der neue Standort im Ortsteil Bruch bereitet Anwohnern Sorge.
Bereits im Februar stand die Einrichtung eines Naturkindergarten in Prinzbach auf der Tagesordnung des Gemeinderates. Aufgrund von Standortproblemen, wurde der Tagesordnungspunkt jedoch kurzfristig wieder abgesetzt. Nun konnte im Ortsteil Bruch in Biberach eine neue private Grünfläche als möglicher Standort gefunden werden.
Seit März 2018 prüft die Gemeinde mit einer privaten Elterninitiative die Einrichtung und den Betrieb eines Naturkindergartens mit einer 20-köpfigen Gruppe ab 3 Jahren (Ü3). Elternbegleitet soll für Kinder ab einem Jahr einmal wöchentlich die Teilnahme bzw. der Besuch der Einrichtung möglich sein. Als Träger und Betreiber ist ein noch zu gründender eingetragener Verein vorgesehen. Bei einer Realisierung kann die Gemeinde durch dieses Angebot die Kinderbetreuung erweitern. Der Besuch soll für Biberacher Kinder und – soweit genügend freie Plätze vorhanden sind – auch für Kinder aus der Umgebung möglich sein.
Lärmbelästigung durch erhöhten Verkehr?
Doch schon in der Bürgerfrageviertelstunde meldete sich ein benachbarter Ferienzimmer-Vermieter zu Wort, der durch den Bring- und Abhol-Verkehr eine Beeinträchtigung für seine Gäste befürchtete. Aus diesem Grund vertagte der Gemeinderat den geplanten Grundsatzbeschluss zur Einrichtung des Naturkindergartens, gab aber den Elternvertretern Sarah Lewkowitz und Pia Porter, die Gelegenheit, das pädagogische Konzept vorzustellen.
Gleich zu Beginn versuchten sie die Anwohner zu beruhigen. Das ökologische Konzept baut darauf, dass die Eltern ihre Kinder zu Fuß, per Fahrrad oder – falls von außerhalb – per Fahrgemeinschaften zum Naturkindergarten bringen.
Der Standort auf einer Wiese beim Anwesen der Familie Wiedmer im Bruch 5 bietet viele Möglichkeiten. Der Zugang zu Garten, Obstäumen, Tieren und Wald erweitert das klassische Prinzip des Natur- oder Waldkindergartens zu einem Natur- und Bauernhofkindergarten. So wird der Kontakt zur Natur geschaffen und der Respekt vor dem Kreislauf des Lebens geweckt. Dies stärkt zudem das Immunsystem und die Belastungsfähigkeit der Kinder. Gespielt wird mit nicht vorgefertigten Materialien, dafür mit Gegenständen aus der Natur. In der Schulvorbereitung wird mit vorgefertigten Montesori-Materialien gearbeitet und jedes Kind, entsprechend seiner Bedürfnisse individuell gefördert.
Wohncontainer oder Bauwagen
Es ist vorgesehen, dass sich die Kinder während der Betreuungszeit ständig im Freien aufhalten. Lediglich bei Unwettern ist der Unterschlupf in einen Schutzwagen (Bauwagen) oder Wohncontainer vorgesehen. Die einmaligen Anschaffungskosten dafür liegen bei rund 120.000 Euro. Weitere 120.000 Euro im Jahr sind für den Betrieb der Einrichtung veranschlagt. Die Hauptkosten sind dabei Personalkosten für zwei pädagogische Fachkräfte. Auf der Einnahmeseite wird mit rund 24.000 Euro aus Elternbeiträgen kalkuliert, zudem besteht die Möglichkeit, Landeszuschüsse zu beantragen.
Der Vorstand des zu gründenden Trägervereins „Natürlich Lernen Biberach e.V.“ übernimmt ehrenamtlich die Verwaltungsarbeit. Für die Eltern sind Arbeitseinsätze im Umfang von vier Stunden pro Monat vorgesehen. Dies können Putzdienste, Öffentlichkeitsarbeit, der Bau von Materialien oder Beschäftigungsangebote für Kinder, wie Musizieren und Kochen sein.
Auch wenn der Gemeinderat den Grundsatzbeschluss zur Gründung des Naturkindergartens vertagt hat, gab es doch viel Lob für die Elterninitiative. Bürgermeisterin Daniela Paletta gefiel das modifizierte Konzept des Natur- und Bauernhofkindergartens. „Jetzt gilt es Gespräche mit den Anliegern zu führen, die Kosten und Förderungsmöglichkeiten zu erörtern“. Ortsvorsteher Klaus Beck lobte das tolle Konzept und auch Angelika Ringwald wäre überglücklich, wenn Biberach eine alternative Betreuungsmöglichkeit hätte. Hans-Peter Fautz würdigte die gute Vorarbeit der Organisatioren und spendete respektvollen Applaus.
Sarah Lewkowitz zeigte sich auf Nachfrage wegen der neuerlichen Verzögerung enttäuscht. Die Elterninitiative hatte gehofft bereits im Herbst starten zu können – aufgrund der neuerlichen Verzögerung und der anstehenden Kommunalwahl ist dies jedoch nicht mehr möglich.