Mit Mozarts Meisterwerken lässt sich immer ein Fest der Lieblichkeit und Anmut feiern. Und als Besucher der Sonntags-Matinée im Unterentersbacher Dorfgemeinschaftshaus hatte man das Gefühl, dass die Philharmonie am Forum/Offenburg unter der Leitung von Rolf Schilli und die Solisten Samira Memarzadeh (Harfe) und Peter Stöhr (Querflöte) ganz genau wissen, wie ein solches Fest zu gestalten ist. Umjubelter Höhepunkt war Mozarts »Konzert für Flöte, Harfe und Orchester in C-Dur«.
Begonnen hatte der Vortrag des Ensembles mit der »Sinfonie Nr. 22 in Es-Dur« aus der Feder von Joseph Haydn, einem anderen Großmeister der Wiener Klassik, der vom Alter her Mozarts Vater hätte sein können. Haydn stand zeitlebens in Diensten der österreichischen Fürstenfamilie Esterhazy und genoss das Privileg, finanziell abgesichert komponieren und musikalisch experimentieren zu können. »Ich war von der Welt abgesondert, niemand konnte mich an mir selbst irremachen und quälen, und so musste ich original werden«, zitierte Orchesterchef Schilli den Komponisten.
Originell ist zudem der Beiname von Haydns Sinfonie – »Der Philosoph«, was aus musikalischer Sicht dem Dialog zwischen den Hörnern und dem Englischhorn im 1. Satz (Adagio) geschuldet sein dürfte. Die gravitätisch schreitende Klangfolge erweckt in der Tat den Eindruck, als gehe ein Gelehrter auf und ab und spreche zu einem Kollegen oder Schüler; vom Orchester kongenial umgesetzt. Vom Auftakt an eine inspirierte Musik, deren Schönheit berührt. Keineswegs nur oberflächlich virtuos, sondern mit interpretatorischem Tiefgang.
Mit Verve und feiner Balance
Signalartig wird das Hauptthema gesetzt und vom Englischhorn beantwortet, sodann von den Streichern subtil aufgenommen, die ihrerseits kleine Motive beisteuern. Horntriller leuchten auf und verschmelzen mit den Streichern im samtenen Klang. Im Zusammenspiel unterstrichen die Musikerinnen und Musiker des Kammerensembles ein ums andere Mal ihre Extraklasse.
Der 2. Satz (Presto) kontrastiert in Tempo und Charakter. Die rhythmischen Staccato-Achtel dominieren, die Bläser nehmen das Violinmotiv auf und eine melodische Kontrabassfigur klingt durch. Wieder ein fein aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel, das Rolf Schillis unspektakuläres, aber souveränes Dirigat steuert.
Feierlicher Streicherklang durchfließt das Menuetto, das die Bläser zwar weitgehend dominieren, ohne indes aufzutrumpfen. Vielmehr reihen sich in der beseelten Verve interpretatorische Feinheiten aneinander. Davon lebt auch das Finale, das in seiner rhythmischen Wucht und glänzenden Jagdhorn-Melodik besticht. Und dank Rolf Schilli mit einem ausbalancierten Gesamtklang aufwartet. Wahrlich ein Meister seines Fachs: Seit 1997 ist Schilli Dirigent des Jugendsinfonieorchesters der Stadt Offenburg und seit Gründung der Philharmonie am Forum deren künstlerischer Leiter.
Mozarts einziges Harfenkonzert
Zur Entstehung des »Konzert(s) für Flöte, Harfe und Orchester in C-Dur« erzählte Rolf Schilli Interessantes: Während eines längeren Aufenthalts in Paris anno 1778 durchlebte Mozart eine schwere Krise. Wie meist plagten ihn Geldsorgen und im Juli starb seine Mutter, die ihn begleitet hatte. Durch seine Bekanntschaft mit dem Grafen de Guines erhielt Mozart den Auftrag für ein Konzert, denn der Graf war ein leidenschaftlicher Flötenspieler und seine Tochter eine begabte Harfenistin. Mozart vollendete das Werk, brach den Kontakt jedoch ab, nachdem der Graf den versprochenen Lohn nicht oder nur teilweise zahlte. So blieb es die einzige Komposition Mozarts, die mit einer Harfe besetzt ist.
Die Darbietung lebt vom harmonischen Wechsel zwischen den Solo- und Orchesterpassagen, wobei die (leisere) Harfe an keiner Stelle vom Orchester der Philharmonie am Forum überdeckt« wurde. Nachdem die Streicher und Bläser im 1. Satz die beiden Themen vorgestellt hatten, setzten Harfe und Querflöte ein und traten in einen spannenden Dialog miteinander. Melodie und Begleitung teilten sie sich gleichermaßen.
Arpeggio-Girlanden und perlende Flötentöne
Unter Harfenisten gilt das Werk als eines der schwierigsten. Umso erstaunlicher, mit welcher Leichtigkeit und Brillanz die Solistin Samira Memarzadeh aufspielte. Fließende Arpeggio-Girlanden, im Wechsel mit prägnanten Akkorden bezauberten und sorgten für stimmungsvolle Momente.
Peter Stöhr, als Solist und Ensemblemusiker weit über die Grenzen der Ortenau hinaus bekannt, hielt sich mitunter deutlich zurück, ließ seiner Partnerin Raum für ihr Spiel und krönte den Vortrag mit einem unvergleichlich schönen Melodienreigen perlender Flötentöne. Allein die Variationen im Andantino fügten sich zu einem dynamisch fein gestalteten Ganzen ein: bedeutungsvoll und schwerelos.
Besonders gefiel an diesem Sonntagmorgen der Jubelton des Orchesters. Die Spielfreude und die Lust am Ausspielen von Verzierungen war gleichermaßen erlebbar. Pizzicato-Passagen der Streicher harmonierten trefflich mit den gezupften Arpeggien der Harfe. Die Querflöte zeigte sich einmal mehr als Melodielieferantin mit beträchtlicher Ausdrucksbreite. Eine Klangintensität, die mit stürmischem Applaus gefeiert wurde. Ohne Zugabe ließ man die beiden Solisten nicht von der Bühne. Mit einem kurzen Flöte–Harfe-Duett von erlesener Güte verabschiedeten sich Peter Stöhr und Samira Memarzadeh.
Mozart klangsinnlich ausgekostet
Musikhistoriker streiten sich bis heute darüber, wann Mozarts »Sinfonie Nr.28 C-Dur KV200« entstanden ist. Sie gehört mit Sicherheit zu den letzten der Salzburger Zeit, wird jedoch weniger oft gespielt. Vielleicht hat Mozart schon großartiger und effektvoller komponiert, aber die leuchtend melodiöse C-Dur-Festlichkeit der Sinfonie Nr. 28 überzeugte in der Interpretation der Philharmonie am Forum allemal.
Eindrucksvoll geriet der Kontrast zwischen Streicher- und Bläserklang im 1. Satz (Allegro spiritoso) . Dirigent Schilli schärfte den Kontrast zwischen Kraftvollem und tänzerischer Leichtigkeit, agierte mit seinem Ensemble präzise und werkdienlich. Im Andante berührte die gefühlvoll intonierte getragene Melodie, während im 3. Satz das kräftige Forte des gesamten Orchesters gefiel. Da waren Mozarts Temperament und seine Spielernatur zur Stelle. Das Konzert endete mit einem fulminanten Orchester-Crescendo, bei dem Mozart klangsinnlich ausgekostet wurde.
Entsprechend enthusiastisch war der Beifall für das Kammerensemble und seinen Chef. Stehende Ovationen im Dorfgemeinschaftshaus, für die sich die Akteure ihrerseits mit einer Zugabe bedankten. An diesem Ewigkeitssonntag gleichsam als Seelennahrung, die unverzichtbar ist. Gerade in seltsamen Zeiten.






Lieber Herr Wörner, vielen Dank für ihren kompetenten und schönen Artikel.