Die Zeller Kunstwege wurden mit zwei neuen Skulpturen, eine am Hirschturm, eine im Stadtpark, ergänzt. Susanne Vollrath war am Dienstag bei der Installation dabei und hat mit den Künstlern über ihre Werke gesprochen.





Bruno Feger stammt aus Haslach-Bollenbach. Mit seiner Skulptur »Hagebutten 3-6-19« ist er erstmalig Teil der Zeller Kunstwege. Seine Kunstwerke entstehen im Atelier am ehemaligen Flughafen Bremgarten bei Freiburg – und vor Ort. »Mit dem letzten Schwenk wurde die Skulptur heute fertiggestellt«, freute sich der Künstler, setzt sich mit auf die Bank in den Schatten und erläutert die vielschichtige Symbolik, die in der Arbeit steckt. Eine überdimensionale, dekorative Naturabbildung sind die Hagebutten nämlich mitnichten.
Das fängt schon beim Titel an. Der Name komme aus dem Minimalismus, so Feger. In dieser Kunstströmung werde viel mit dem Element der Zeit gearbeitet. Und so ist der Tag, an dem die Skulptur in Zell aufgestellt wurde, nun für immer mit dem Kunstwerk verbunden: 3-6-19 steht für den 3. Juni 2019.
Zeit festhalten im Bewusstsein der Vergänglichkeit
Geformt hat Feger die Hagebutten aus Stahl und Farbe. Warum? Stahl an sich ist ein dauerhaftes Material. Durch die Farbe erhält es einen Schutzmantel, der vor dem Vergehen schützt. Der Künstler drückt das so aus: »Das Objekt entzieht sich der Vergänglichkeit durch die Art der Gestaltung.« Und noch einmal auf andere Weise spielt er das Motiv der Zeit, denn in der Natur ist die Freude an Hagebutten eher von beschränkter Dauer. Gleichzeitig seien die Früchte »Zeitspeicher«, tragen sie doch den Sommer in sich. Mehr sogar: In den Früchten liegt die Zukunft in Form von Samen.
Doch Zeit und Vergänglichkeit sind nur ein Aspekt. Bruno Feger lädt bei den »Hagebutten« auch dazu ein, sich mit Sprache und Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Er reflektiert: »Eigentlich sind das gar keine Hagebutten, sondern Artefakte.« Nun steht der Begriff der Realität im Raum: »Was man sieht, ist nicht das, was es ist.« Damit hat er zweifellos recht und die Vergänglichkeit des Seins, das Überwinden dieser Vergänglichkeit und die Auseinandersetzung mit der eigenen Wahrnehmung lassen mich mit anderen Augen auf die grünen Stahlstängel mit roten Köpfen am Hirschturm blicken.
Besonders freut den Künstler zudem, dass mit dem Hirschgartenareal ein Platz gefunden ist, das mit historischer Stadtmauer und altehrwürdigen Gebäuden ein »Zeitfenster« in die Vergangenheit aufmacht und so die Skulptur noch einmal in einen weiteren Zusammenhang steht.
Und noch eine weitere Dimension bleibt: die der Leere und des Raums. »Bei einer Skulptur sind Raum und Leere integrativer Bestandteil«, erläutert Feger. Stimmt. Das Kunstwerk steht im Zusammenhang mit der Umgebung. Wir lassen das Raumerlebnis auf uns wirken. Der ganze Körper ist notwendig, um die Skulptur zu erfassen. Man blickt nach oben, geht herum, verbiegt den Kopf, findet mit jedem Schritt eine neue Perspektive. Unterschiedliche Standpunkte, unterschiedliche Weltsichten. Die Natur auf einen Sockel heben. Mit Kinderaugen schauen. Alles mit drei Hagebutten-Stielen. Wenn man sich darauf einlässt.
Bruno Feger hat sich künstlerisch dem Minimalismus verschrieben sowie dem Raum und der Raumwahrnehmung. Immer die Zeit als Aspekt dabei. Seit 30 Jahren beschäftigt er sich mit floralen Porträts. Zeit festhalten im Bewusstsein der Vergänglichkeit. Vor etwa 25 Jahren hat er dann die Frucht als Zeitspeicher in sein Werk aufgenommen. Wie lange es dauert, ein Kunstwerk wie die »Hagebutten 3-6-19« zu erstellen, vermag er nicht zu sagen. Das sei ein Prozess über »fast ein Leben«. Die faktische Produktionszeit liegt bei ungefähr vier Wochen.
Das Kunstwerk ist aktuell – wie alle Arbeiten der Kunstwege – an die Stadt Zell ausgeliehen. Für 25.000 Euro könnte es den Besitzer wechseln.
Papierinstallation in den Bäumen
Ein weiteres Kunstwerk ergänzt die Zeller Kunstwege im Stadtpark. Die Installation »Baumglocke« und »Baumengel« von Josef Bücheler wurden am Montag hoch in den Bäumen nahe des Musikpavillons gesetzt. Mehr als 60 Papierinstallationen im In- und Ausland hat er bereits in Bäumen realisiert. Der Rottweiler Künstler arbeitete mit Papier, genauer gesagt mit Plakaten. Im Falle der Glocke und des Engels, die nun hoch in den Bäumen des Stadtparks hängen, wurden diese Plakate mit Graphit, Erde und Asche bearbeitet. »Das Papier formt sich von selbst,« erzählt der Künstler von seiner Kunst. »Ich kann ein bisschen nachhelfen.« Das macht er meist mit Ästen, Seilen und Leim.
Da Büchelers Installationen in der Regel der Witterung ausgesetzt sind, verändern sie sich. Das ist gewollt. »Meine Mitarbeiter sind Sonne, Regen und Wind,« sagt der Künstler. Veränderung und Vergänglichkeit sind von ihm gewollt. Damit geht er das Thema von einer ganz anderen Seite an als Feger mit den »Hagebutten«.
Kein Ersatz, sondern Ergänzung
Durch den Kurator der Zeller Kunstwege Armin Göhringer sind die beiden Künstler, Stadt und Förderverein zueinander gekommen. Ludwig Börsig, Hauptamtsleiter der Stadt und zudem Vorstandsmitglied im Förderverein Zeller Kunstwege, war dabei, als Fegers Hagebutten am Hirschturm vollendet waren. »Die beiden neuen Kunstwerke sind kein Ersatz, sondern eine Ergänzung«, stellt er fest. Sie sollen den aktuellen Kunstwegen einen neuen Impuls geben. Ein neues Konzept wird im Förderverein Zeller Kunstwege aktuell entwickelt, damit die große Kunstausstellung unter freiem Himmel hoffentlich auch nach 2020 die Stadt bereichern wird.