Am Sonntagmorgen nach dem 45. Biwak feierte die Stadt Zell traditionell den »Tag der Heimat«. Viele Gäste erlebten bei idealen äußeren Bedingungen gelebtes Brauchtum durch die Freiwillige Bürgerwehr Zell. Im Mittelpunkt standen die Ansprache von Bürgermeister Günter Pfundstein und die Ehrung von verdienten Mitgliedern der Zeller Bürgerwehr. Die Stadtkapelle Zell unter der Leitung von Dirigent Stefan Polap unterhielten die Gäste mit einem schwungvollen und vielseitigen Frühschoppenkonzert.
Bürgermeister Pfundstein konnte zahlreiche Gäste aus Nah und Fern zum Tag der Heimat auf dem historischen Kanzleiplatz willkommen heißen. Allen voran den Zeller Ehrenbürger Hans-Martin Moll und den Landeskommandanten Hans-Joachim Böhm. Seinen besonderen Dank sprach er Beppo Heitzmann aus, der die vier Schwedenkanonen gründlich gereinigt und frisch geölt hat.
In seiner Rede zum »Tag der Heimat« zeigte sich Bürgermeister Pfundstein sicher, dass das Wort »Heimat« in unserer globalisierten Welt wieder mehr und mehr an Bedeutung gewinne. Neuerdings gebe es sogar ein Bundesministerium des Inneren für Bau und Heimat. Dennoch gebe es für den Begriff Heimat keine allgemeingültige Definition. Gerade für junge Menschen scheine der Begriff Heimat überbewertet. Pfundstein bedauerte, dass Heimat seit Jahren als Reizwort im Alltagsgezänk der Politik oftmals missbraucht werde.
Die Heimat seiner Kindheit
Heimat sei so etwas wie ein Ort, ein Gefühl oder Erinnerungen an die Kindheit, umschrieb Pfundstein: »Einfach ein Platz, an dem man sich wohl fühlt.« Er berichtet von einer Begegnung mit einem älteren Herrn im Rahmen der 800-Jahr-Feier in der Partnerstadt Frauenstein im Erzgebirge Anfang Juni. Dieser habe erzählt, dass er als Flüchtling aus Schlesien seine Kindheit in Frauenstein verbracht und dort die Schule besucht habe. Der Hunger sei damals gegenwärtig gewesen. Deshalb sei er oft im Wald unterwegs gewesen, habe Beeren gesammelt und diese dann gegen Brot und Wurst eingetauscht. Seit rund 70 Jahren lebt der Herr in Ulm. Dennoch sei Frauenstein für ihn die Heimat seiner Kindheit geblieben. Trotz größter Armut habe sich dieses Gefühl entwickelt und ihn ein Leben lang begleitete. »Wir waren von der Geschichte sehr ergriffen, als er uns diese mit feuchten Augen erzählt hat«, berichtete Bürgermeister Pfundstein. Der ältere Herr sei sehr glücklich gewesen, dieses Heimatgefühl in Frauenstein nochmals erleben zu dürfen.
In unserer Gesellschaft sei Heimat auch ein Stück Lebensqualität, indem wir in einer Gemeinschaft leben; zusammen mit der Familie und mit Freunden. Deshalb, so Bürgermeister Pfundstein, betone er immer wieder das »Wir«-Gefühl. Gemeinsam könne man in der Heimat vieles erreichen. Dies könne man gerade beim »Tag der Heimat« eindrucksvoll erleben. Ehrenamtliche bringen sich ein. Es entstehe Kommunikation, die Gäste haben Spaß und gehen mit dem guten Gefühl nach Hause: »Mensch war das ein toller Tag. Hier in Zell gefällt es mir.« Das »Wir«-Gefühl zeichne eine funktionierende Gemeinschaft aus, stellte das Stadtoberhaupt fest und nannte als Beispiel die Großbaustelle in Unterharmersbach, die nur deshalb läuft, weil alle an einem Strang ziehen.
Kinder und Enkelkinder in die Vereine schicken
Die Zuhörer forderte Bürgermeister Pfundstein dazu auf, die Vereine und die vielen Ehrenamtlichen zu unterstützen: »Schicken sie ihre Kinder und Enkelkinder in einen der nahezu 100 Vereine.« Eine bessere Vorbereitung auf das Leben gebe es nicht.
»Solange Heimat da ist, spürt man sie kaum«, gab Bürgermeister Pfundstein weitere Denkanstöße und zog den Vergleich mit der guten Luft, die man wie selbstverständlich atmet. Erst wenn diese fehle, erkenne man ihren Wert.
Heimat habe auch etwas mit Geschichte zu tun, lenkte Pfundstein den Blick auf die Bürgerwehr und die Stadtkapelle. Solche Rituale gelte es zu pflegen, denn all diese Erinnerungen würden sich letztlich zu einem Bild zusammenfügen, das zu einer Verbundenheit mit der Heimat und ihrer Geschichte führe. Der Bürgermeister dankte allen, die sich tagein und tagaus in die Gemeinschaft einbringen. »Dazu gehören sie alle, die heute hier auf dem Kanzleiplatz sind«, rief Bürgermeister Pfundstein den Akteuren und Gästen zu: »An so einem Tag dürfen sie sich deshalb selbst Beifall spenden!«