In der katholischen Kirche geht die Zahl der Priester beständig zurück. In der Folge werden die Seelsorgseinheiten, für die ein Pfarrer zuständig ist, immer größer. Umso erfreulicher ist die Nachricht, dass in Kürze mit Robert Willmann ein Diakon zum Priester geweiht wird, der aus Unterentersbach kommt. Am Sonntag 7. Mai wird er um 9.45 Uhr in Zells kath. Pfarrkirche seine erste hl. Messe mit der Heimatgemeinde, die sog. Primiz, feiern. Aus diesem Anlass blickt die „Schwarzwälder Post“ auf einige frühere Zeller Primizianten zurück.
Was hat Sie motiviert Pfarrer zu werden?
Allgeier: Ich bin in einer katholischen Familie aufgewachsen. Ab der Erstkommunion war ich Ministrant. Dadurch hatte ich guten Kontakt zu den Kaplänen. Auch Gruppenstunden der Kolpingjugend haben mich angesprochen.
Wie sah Ihr Weg zum Priesterdienst aus?
Nach sieben Jahren Volksschule wechselte ich ins Grimmelshausen-Gymnasium nach Offenburg. Zuhause hatten wir eine kleine Landwirtschaft zu versorgen. Bevor ich zur Schule fuhr, musste ich Grünfutter mähen; damals noch mit der Sense. Manchmal war ich schon müde, wenn ich morgens zur Schule kam. Nach dem Abitur ging’s zum Studium der Theologie an die Uni Freiburg. Die beiden »Freisemester«, wo wir außerhalb eines geschlossenen Wohnheims wohnen durften, verbrachte ich an der Theol. Hochschule Luzern. Die Berge um den Vierwaldstätter See sollten mir auch später noch zum beliebten Wanderziel werden. 1963 wurde ich von Erzbischof Schäufele zum Priester geweiht. Wir waren 32 Kandidaten.
Denken Sie gerne an Ihre Primiz in Zell zurück?
Natürlich. Ich wurde mit meiner Mutter und Schwester Berta in einem feierlichen Zug vom Elternhaus in der Nordracherstraße 31 abgeholt und durch die Hauptstraße zur Kirche geleitet. Neben Pfarrer Burger mit den Ministranten, Guardian Pater Robert und Primizprediger Edilbert Schülli vom Kapuzinerkloster, den Fahnenträgern von Kolping und kath. Werkvolk, marschierten auch die beiden Bürgerwehren von Zell und Unterharmersbach. Die Pfarrkirche war festlich geschmückt. Franz Breig hatte den Chorraum mit farbigen Tüchern drapiert. Nach dem Gottesdienst ging es zum Festmahl ins Gasthaus „Löwen“. Schade, dass mein Vater das Fest nicht mehr erlebt hat. Er war ein Jahr zuvor mit 58 Jahren gestorben. Bei seiner Arbeit an der Massemühle in der Zeller Keramik hatte sich über die Jahre eine Staublunge gebildet.
Welches waren Ihre Stationen in der Seelsorge?
Zunächst kam ich für vier Wochen nach Bohlsbach, um den Pfarrer zu vertreten. Als Jubilar durfte er mit seinem Kurs in St. Peter entspannen. Dann kam ich nach Waibstadt (bei Sinsheim); eigentlich eine kath. Enklave in ev. Umgebung. Zur Pfarrei gehört drei Filialen, in denen für die kath. Flüchtlinge jeweils Gotteshäuser gebaut wurden. Wenig später verunglückte der Pfarrer tödlich. Ein Jahr lang war ich allein und hatte jeden Samstag zwei Vorabendmessen und am Sonntagmorgen drei Gottesdienste zu feiern. Nach drei Jahren kam ich nach Hornberg. Nach dem Ende der Kaplanszeit wurde ich Pfarrer in Wagshurst; für 11 Jahre. Danach erhielt ich die Pfarrei Waibstadt und kehrte so an meinen früheren »Tatort« zurück. Schließlich bewarb ich mich um die Pfarrei Bühl-Neusatz. Wegen anhaltender Schmerzen von einer früheren Sturzverletzung ließ ich mich mit 64 Jahren in den Ruhestand versetzen. Heute helfe ich dem Pfarrer von Sasbach in seiner Seelsorgeeinheit.
Was war Ihnen bei Ihrer Tätigkeit wichtig?
Ich wollte immer so zeitnah predigen, dass die Gottesdienstbesucher einen Gedanken für die Bewältigung ihres Alltags mitnehmen können. Beim Gottesdienst legte ich Wert auf den lebenden Gesang der Gemeinde. Als das erste Gotteslob in den Sechziger Jahren erschien, habe ich mit der Gemeinde vor dem Sonntagsgottesdienst neue Lieder eingeübt. Heute überlasse ich diese Aufgabe den Jüngeren.
War das Konzil für Sie eine Hilfe?
Ja und Nein. In Wagshurst habe ich als junger Pfarrer bei der Kirchenrenovation gemeint, die Richtlinien 1:1 umsetzen zu müssen; mit dem Ergebnis, dass mein Nachfolger der Gemeinde Liebgewordenes aus der Abstellkammer zurückholte. Ermutigt hat mich das Konzil zur Zusammenarbeit mit den Laien. Ich habe Eigenverantwortliche für die Jugendarbeit, eine Frauengemeinschaft und das Männerwerk gesucht und gefunden.
Sehen Sie eine Alternative zu den immer größer werdenden Seelsorgeeinheiten?
Ich habe kein Rezept, sowenig wie die Bischöfe. Es besteht die Gefahr, dass die jungen Kräfte verheizt werden. Allerdings verstehen diese inzwischen sich zu schützen. Was nicht geht, muss eben ausfallen. Weiter geht’s auf jeden Fall. Manchmal bete ich: Lieber Gott, es ist deine Kirche. Jetzt mach mal was!
Haben Sie noch Verbindung zu Zell a. H.?
Seit 25 Jahren versorge ich das Grab meiner Eltern und Schwester. Danach setze ich mich ins »Café Domizil« und denke an das gemeinsame Mittagessen bei meiner Primiz im »Löwen«.