Wie jedes Jahr lädt die Seelsorgeeinheit Zell a. H. am kommenden Samstag, 9. September 2017, zur Gelöbniswallfahrt ein. Im jährlichen Wechsel organisieren die Pfarreien aus Biberach, Zell, Nordrach und Oberharmersbach die Wallfahrt und zeichnen abwechselnd verantwortlich für die Ausrichtung in der Wallfahrtskirche »Maria zu den Ketten.« Heuer ist turnusgemäß die Reihe an der Pfarrei »St. Blasius« aus Biberach.
Die 1980 wiederbelebte Tradition der Talgemeinden war Ende der 1960er Jahre sanft entschlummert, obwohl vor Jahrhunderten geistliche wie weltliche Herren in höchster Not ein feierliches Versprechen abgelegt haben, alljährlich auf »Kreuzerhöhung« eine Wallfahrt nach Zell auszurichten.
Der Pfälzische Erbfolgekrieg reichte mit seinen Folgen bis ins Kinzigtal. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht verbreitet, dass französische Truppen im Kinzigtal wüten und bereits Offenburg wie auch andere Gemeinden empfindlich geschädigt sowie Gengenbach am 7. September 1689 in Schutt und Asche gelegt hatten. Die Angst war groß in Stadt und Tal; man fürchtete um Leib und Leben.
Zell und die benachbarten Orte hatten Glück. Dass die Feinde »ohne zweiffel von der gnadenreichen guethigkeit der allerseligsten Mutter Gottes abgehalten« wurden, gelobte man einhellig »von nuhnan undt zue ewige Zeiten« alljährlich in der Zeller Wallfahrtskirche zu einem gemeinsamen Gottesdienst zu pilgern, eine Wachskerze für das feierliche Amt zu stiften und den Armen Getreide zu spenden.
Nur für wenige Jahre durften sich die Menschen in Sicherheit wiegen. 1703 – jetzt war es der Spanische Erbfolgekrieg – zogen wieder marodierende französische Truppen durch das Kinzigtal. Erneut drohten Tod und Verderben. Als die Truppen bei Gengenbach zum Stehen gekommen waren, nahm man durch Verhandlungen eine »salveguard« an, eine Art Schutztruppe. Die kostete zwar Geld, aber man war weitgehend sicher vor Plünderungen.
Ein zweites Mal wiederholten weltliche und geistliche Obrigkeit ihr Versprechen, stärker als je zuvor. Urkunden wurden kopiert und an jede Gemeinde ausgeteilt, auf dass das Gelöbnis nie mehr in Vergessenheit geraten solle. Und man ergänzte, die Wallfahrt so lange abzuhalten, als »das zellische Wesen und die gnadenreiche Capellen stehen wirt.« Und die Kapelle steht heute noch.
So festigen die Gläubigen das Versprechen ihrer Vorfahren durch die neuerliche Wallfahrt. Sie treffen sich um 9 Uhr beim Gasthaus »Sonne«. Trotz der Ausleitung es Verkehrs bei der Kapellenbrücke nimmt die Prozession den gewohnten Weg zur Wallfahrtskirche, um dort gemeinsam die Messe zu feiern. Der Pfarrei Biberach obliegt die Gestaltung der feierlichen Messe. Während des Gottesdienstes wird auch der neue Kooperator der Seelsorgeeinheit, Pfarrer Peter Seibt begrüßt.
Die Armen werden zwar nicht beschenkt, aber die Wallfahrer dürfen sich anschließend beim gemeinsamen Gespräch im Klostergarten für den Heimweg stärken.