Am 12. Und 13. Juli kann der Schwarzwaldverein Oberharmersbach sein 100-jähriges Bestehen feiern. Dies hat Ortschronist Karl-August Lehmann zum Anlass genommen, einen Blick in die Geschichte des Jubiläumsvereins zu werfen. Der heutige Bericht über die Vereinsgründung gibt den Startschuss für eine fünfteilige Serie.






Heuer feiert die Oberharmersbacher Ortsgruppe des Schwarzwaldvereins ihren 100. Geburtstag. In wirtschaftlich schwierigem Umfeld – die gravierenden Folgen der Inflation zu Beginn der 1920er Jahre waren noch immer zu spüren – trugen sich am 22. März 1925 114 Bürger in die Vereinsliste ein.
Schon recht früh schenkte man dem Gebirge im äußersten Südwesten Deutschlands die gebührende Aufmerksamkeit. Der wirtschaftliche Zusammenschluss, zu dem sich im Jahre 1864 in Freiburg sieben Gastwirte bekannten, firmierte drei Jahre später als Schwarzwaldverein.
„Schwarzwaldfieber“
Und dann schien das „Schwarzwaldfieber“ zu grassieren: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden Aussichtstürme errichtet, in vielen Gemeinden formierten sich selbständige örtliche Sektionen, Kartenwerke erschienen, Wanderheime wurden gebaut und 1900 richtete man den Westweg Pforzheim-Basel ein, der auch auf der Oberharmersbacher Gemarkung verläuft. Nach über 125 Jahren hat er nichts von seiner Attraktivität verloren und zählt nach wie vor zu den beliebtesten mehrtägigen Wanderrouten im Schwarzwald.
In unserer Region fand das Engagement des Schwarzwaldvereins regen Zuspruch. In Zell am Harmersbach wurde 1903 im Gasthaus „Kleebad“ ein Bezirksverein gegründet, der neben der Stadt auch die damals noch selbständigen Gemeinden Ober- und Unterentersbach und Unterharmersbach sowie Nordrach und Oberharmersbach umfasste.
Man hatte frühzeitig das wirtschaftliche Potenzial des Schwarzwaldes als Ferienlandschaft erkannt. Wichtige Impulse erfuhr diese Idee zusätzlich durch den geplanten Bau der Harmersbachtalbahn. Während in der Stadt sich vor allem der Gewerbeverein entscheidende Vorteile für die dort ansässige Industrie versprach, erhofften sich Nordrach und Oberharmersbach eine deutliche Steigerung für den Tourismus, wie die Zahlen aus anderen Schwarzwaldtälern damals schon belegten.
Aussichtsgerüst auf dem Brandenkopf
So ging man gemeinsam ans Werk, um den Feriengästen mit einer entsprechenden Infrastruktur einen attraktiven Aufenthalt zu bieten. Mit tatkräftiger Unterstützung der Gewerbebank Zell, den Sektionen des Schwarzwaldvereins aus Offenburg, Kehl und Zell am Harmersbach sowie der Gemeinde Oberharmersbach wurde auf dem Brandenkopf ein hölzernes Aussichtsgerüst geplant, das Einheimischen und Feriengästen gleichermaßen nach einem anstrengenden Fußmarsch von rund acht Kilometer und nahezu 650 Höhenmeter einen herrlichen Rundblick frei geben sollte.
Die Bauaufsicht hatte der damalige Leiter des Zeller Forstamtes, Oberförster Hermann Schimpf, während Waldmeister Schwarz und Zimmermeister Isenmann aus Oberharmersbach für die Errichtung der Holzkonstruktion verantwortlich zeichneten. Ein „brausendes Waldheil“ folgte der Einweihung am 10. Juli 1905, als der rund 22 Meter hohe Turm in die Obhut der Gemeinde übergeben wurde.
Die Freude über diese Attraktion währte nur kurz. In dieser extremen Höhenlage, ständig Wind und Wetter ausgesetzt, überdauerte das Holzgerüst nur wenige Jahre. Bereits 1914 musste der Turm gesperrt werden. 1921 folgte der Abbau des baufälligen Gestells.
Anreize für den Tourismus
Der Verlust dieser beliebten Aussichtsmöglichkeit mag bei dem Gedanken Pate gestanden haben, um mit einer eigenen Sektion des Schwarzwaldvereins unter anderem auch die Wiedererrichtung eines Turms zu verfolgen. Die Absicht bestand wohl schon länger, aber Kriegsjahre und Inflation haben frühere Initiativen immer wieder verhindert. Der Sommertourismus, so war man sich einig, sollte außer einer ansprechenden Gastronomie mit steigenden Übernachtungsmöglichkeiten zusätzliche Anreize bieten und dabei stand der Aussichtsturm auf dem Harmersbacher Hausberg im Mittelpunkt.
Die Gemeinde Oberharmersbach warb bereits zu Beginn der 1920er Jahren mit einem Flugblatt für eine intakte Ferienlandschaft, „…so recht geeignet zur Entspannung der von der Hast der Stadt gepeinigten Nerven, wohltuend auch dem Auge durch reine Mannigfaltigkeit und Fruchtbarkeit“.
Von Worten allein ließ sich nicht jeder Urlauber überzeugen. Zumindest eine Meinung dazu ist auf einer Postkarte vom 9. September 1919 überliefert: „Seit 14 Tagen bin ich hier in Oberharmersbach. Verpflegung und Umgebung sehr gut“ – ein Kompliment für die noch junge Bahnhofswirtschaft „Schwarzwälder Hof“. Aber dann bricht es aus dem damaligen Feriengast heraus: „Nur furchtbar langweilig. Länger wie drei Wochen bleibe ich nicht hier.“ Es grüßt eine „Melly Zenka“ ihre „Freundin Else Bökemann“ in Karlsruhe.
Vereinsgründung nimmt Formen an
Es gab also einiges zu tun und die Bemühungen zur Gründung einer eigenen Sektion des Schwarzwaldvereins nahmen konkrete Formen an. Dr. Arthur Heitzler, der von 1923 bis 1931 in Oberharmersbach praktizierte, und der damalige Bürgermeister Fridolin Lehmann fragten diesbezüglich beim Badischen Schwarzwaldverein in Freiburg nach. Die zustimmende Antwort mahnte aber auch zur Vorsicht, da etliche Oberharmersbacher Bürger bei der Nachbarsektion in Zell eingetragen seien. Eine Neugründung solle „ohne den geringsten Mißklang“ vor sich gehen, denn es sei „heute mehr denn je notwendig, daß Nachbarortsgruppen engste harmonische Zusammenarbeit leisten.“ Die Initiatoren ließen das notwendige Fingerspitzengefühl walten.
Eine vorbereitende Sitzung am 15. März 1925 im Gasthaus „Zur Stube“ berief eine vier Personen umfassende Kommission, um die weiteren Formalitäten zu klären. Die Gründungsversammlung am 22. März 1925 in der Bahnhofswirtschaft Leonhard Lehmann („Posthörnle“) stieß auf reges Interesse. Spontan erklärten 114 Personen ihren Beitritt.
Die geheime Wahl bestimmte folgende Vorstandschaft:
1. Vorsitzender Dr. Arthur Heitzler, 2. Vorsitzender Fridolin Lehmann, Kassier Albert Haaser, Schriftführer Gustav Killig, Beiräte Adolf Bueb und Cölestin Schwarz.
Den Zweck des Vereins, „…Kenntnisse des Schwarzwaldes und seiner Umgebung zu erweitern…das Reisen und den Aufenthalt in demselben zu fördern sowie dessen Naturschönheiten immer mehr bekannt und zugänglich zu machen…“.
Den Worten folgten Taten
Markierungen für Wege wurden angebracht, Sitzbänke erstellt und Pavillons am Katzenstein und Schiebenstein renoviert. Begleitend wurden beispielsweise Schreiben an Behörden verfasst, die bis dahin mangelhafte Postzustellung zu verbessern, ungünstige Zugverbindungen durch bessere Anschlüsse zu ersetzen und die Handvermittlung des Telefondienstes über 18 Uhr hinaus zu verlängern. Zusammen mit den Wirten ließ der Verein einen Poststempel für Werbezwecke anfertigen. Auch die Straßenverhältnisse wurden gerügt. Die Überquerung des Löcherbergs, so schrieb man an den Offenburger Kreisrat, „…kommt bald einer Himalaya-Expedition gleich.“. Der Zustand der Straße sei eine „Kulturschande“.
Der junge Verein stand bald vor gewaltigen Herausforderungen. Der Verein verlor wegen der Weltwirtschaftskrise nahezu ein Viertel seiner Mitglieder und der bisherige Vorsitzende zog weg. Ihm folgte 1932 der bisherige Kassier Albert Haaser. Die Diktatur der Nationalsozialisten ordnete an, der Vorsitzende solle „nach dem Führerprinzip den Vorstand der dortigen Ortsgruppe berufen“ und das gängige „Wald Heil“ wurde durch „Heil Hitler“ ersetzt.
1940 starb Albert Haaser
Sein Stellvertreter Fridolin Lehmann fungierte interimsweise, bevor Cölestin Läufer als neuer Vorsitzender gewählt wurde. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges erlosch nach und nach jegliche Vereinstätigkeit. Der Erlass der französischen Besatzungsmacht von 1945, alle Vereine für ungesetzlich zu erklären, war nur eine Formsache.
Wiedergründung im Jahr 1948
Bei der Wiedergründung 1948 ließ sich Cölestin Läufer noch einmal in die Pflicht nehmen. Sein Tod 1953 bedeutete erneut eine Zäsur, aber auch künftige Kontinuität folgte. Albert Pfundstein leitete den Verein bis 1978. Sein Nachfolger wurde der bisherige Schriftführer Hubert Armbruster, der bis 2005 den Verein führte. Beide langjährige Vorsitzende wurden nach der Aufgabe ihrer Ämter jeweils zum Ehrenvorsitzenden ernannt.
Wie in anderen Vereinen wurde es auch für den Schwarzwaldverein zunehmend schwieriger, Personen für Leitungsaufgaben zu finden. Daher verteilte man die Aufgaben eines Vorsitzenden auf mehrere Schultern. Das „Dreigestirn“ Robert Schwendemann, Hubert Rauber und Stefan Kienzle teilten sich die wachsende Verantwortung. Vier Jahre später rückte Xaver Weber für Robert Schwendemann nach. 2014 folgte Thomas Vollmer für den ausscheidenden Hubert Rauber.
Vorstandsduo trägt die Verantwortung
Im Jahre 2021 lastete die ganze Verantwortung eines Vorsitzenden auf Stefan Kienzle. Gleichzeitig strich man die Bezeichnung „Ortsgruppe“ und der Verein firmiert seither als „Schwarzwaldverein Oberharmersbach e.V.“. Als Vorstandsduo kümmern sich Stefan Kienzle und Thomas Vollmer seit 2024 um den Verein. Bei ihnen laufen die Fäden für die Vorbereitung des großen Jubiläums „100 Jahre Schwarzwaldverein Oberharmersbach e.V.“ am Festwochenende 12./13. Juli 2025 zusammen.