Die Gemeinde hat in den vergangenen Jahren wichtige Projekte – unter anderem Rathaus und Feuerwehrhaus – abgeschlossen, dennoch besteht weiterer Investitionsbedarf. Grundlage dafür sind dauerhaft sichere Einnahmequellen, unter anderem aus der Gewerbesteuer. Die Bereitstellung von Flächen für Gewerbebetriebe, die in Oberharmersbach erweitern oder gar ansiedeln wollen, gestaltet sich allerdings schwierig. Nachbargemeinden planen indessen Ausweisung von weiteren Gewerbeflächen.
»Wir haben aus verschiedenen Gründen mit einer Knappheit an Gewerbeflächen zu kämpfen«, klagt Bürgermeister Richard Weith. Es bedürfe aber solcher Areale, um bei Anfragen von Firmen Räume für Neuansiedlung oder Ausbau bzw. Erweiterungen entsprechende Perspektiven anbieten zu können. »Das bedeutet nicht nur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, sondern entscheidet auch über das Gewerbesteueraufkommen als wesentliche kommunale Einnahmequelle und letztlich über die Handlungsfähigkeit der Gemeinde beim Ausbau und Erhalt der Infrastruktur und der öffentlichen Einrichtungen«, bringt es der Gemeindechef auf den Punkt.
Regionalplan sorgt für Einschränkungen
Nicht nur die Topografie der Gemeinde am Ende des Harmersbachtals erweist sich bei Gewerbeansiedlungen grundsätzlich problematisch. »Es sind auch immer mehr planerische Restriktionen, mit denen wir zu kämpfen haben«, konstatiert Weith. Da seien die Vorgaben vom Land, zwei Prozent der Gemarkungsfläche für regenerative Energien auszuweisen, und Belange des Hochwasserschutzes zu berücksichtigen. Der Regionalplan sorge für weitere Einschränkungen, beispielsweise wegen Grünzäsuren. Und momentan gebe es auch keine Ausweichmöglichkeiten auf ein interkommunales Gewerbegebiet.
Dass Oberharmersbach in der Sparte der Gewerbesteuer eher unter dem Durchschnitt liegt, hat auch mit den gravierenden Veränderungen der letzten zwei Dekaden zu tun. Der Einzelhandel ist nahezu komplett weggebrochen. Im Touristik-Bereich, noch immer mit rund 30 Prozent Anteil an den Gewerbesteuereinnahmen beteiligt, haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten sieben Gaststätten – das entspricht einem Drittel – die Tür für immer geschlossen. Auch die Anzahl der Sägewerke ist auf die Hälfte geschrumpft.
61 Betriebe entrichten momentan Gewerbesteuer
Kämmerer Jens-Mathias Bächle hat nachgezählt. 61 Betriebe entrichten momentan tatsächlich Gewerbesteuer. »Das langjährige Mittel der Einnahmen aus diesem Bereich pendelt zwischen 400.000 und 600.000 Euro«, rechnet er vor. Dabei sei anzumerken, dass die fünf größten Gewerbesteuerzahler bis zu 60 Prozent des Gesamtaufkommens leisten.
Bürgermeister Weith gibt sich keinen Illusionen hin. Man tue sich schwer, wegen der bestehenden Restriktionen, Firmen hier anzusiedeln. »Umso wichtiger ist es also, den hier ansässigen Unternehmen Verlagerungs- und Erweiterungsmöglichkeiten zu bieten«, verweist er auf seine bisherigen Bemühungen.
Mit dem Auftrag, Gewerbe- bzw. Mischgebietsflächen ausfindig und nutzbar zu machen, ist der Bürgermeister schon seit einiger Zeit betraut und steht in Gesprächen mit den zuständigen Behörden und den Grundstückseigentümern. »Wir haben noch Flächen, die als Misch- oder Gewerbegebiet planerisch entwickelt werden könnten. Eine konkrete Realisierung scheitert aber bislang daran, dass seitens der Eigentümer keine Verkaufsbereitschaft besteht«, erläutert Weith.
»Denkprozess« sorgt für heftigen Widerspruch
Mit unkonventionellen Vorschlägen hat er deshalb zumindest einen »Denkprozess« angestoßen – und für heftigen Widerspruch gesorgt. Er hatte den fast 50 Jahre alten, mittelfristig sanierungsbedürftigen Rasensportplatz und den »Kilwiplatz« für eine mögliche gewerbliche Nutzung zur Diskussion gestellt. »Wir haben im Ort glücklicherweise Unternehmen, die nachdrücklich am Standort Oberharmersbach festhalten wollen«, berichtet der Bürgermeister. Diese drängten seit längerer Zeit zu Recht darauf, Lösungen zu suchen und zu finden. »Es ist meine Aufgabe als Bürgermeister, hier alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen; auch solche, die unpopulär sind und zunächst unkonventionell erscheinen. Denkverbote sind erst einmal fehl am Platz, wenn es darum geht, Steueraufkommen und Arbeitsplätze in der Gemeinde halten zu wollen«, rechtfertigt Weith seine eingebrachten Vorschläge.
Die Entscheidung über die Verwendung einer bestimmten Fläche, so Weith, setze auch immer eine Abwägung der Vor- und Nachteile und einen Interessensausgleich voraus. »Ich werde meine Hausaufgaben diesbezüglich weiterhin machen und nehme meinen Auftrag sehr ernst. Letztlich ist die Nutzung möglicher Flächen aber eine demokratische Entscheidung, die ich nicht im Alleingang treffen kann und will«, schließt der Bürgermeister seine Ausführungen.
Möglicherweise wird auch dieses Thema in der kommenden Einwohnerversammlung am Freitag, 10. März, um 18 Uhr in der Reichstalhalle zur Sprache kommen.