»Ich mach’s noch einmal für drei Jahre, aber dann ist definitiv Schluss, dann bin ich über 60«, machte Klaus Laifer – Oberharmersbachs langjähriger Bürgerwehr-Vorsitzender und Kommandant – in der jüngsten Mitgliederversammlung mehr als deutlich. Sein Einlenken erfolgte dem Verein zuliebe. Dem vorausgegangen war eine lange und lebhafte Diskussion der insgesamt 92 Anwesenden im Gasthaus »Posthörnle«.
Teilwahlen in dem 330 Mitglieder zählenden Verein standen am vergangenen Samstagabend an. Bereits bei der letztjährigen Generalversammlung hatte Klaus Laifer angekündigt, sich nicht mehr zur Verfügung stellen zu wollen. Im Vorfeld zum diesjährigen Mitgliedertreffen hatten zwar intensive Gespräche mit möglichen Kandidaten stattgefunden. So aber ließ sich ebenso wenig ein Nachfolger finden wie während der Versammlung selbst.
Zeitweilige Unstimmigkeiten seien gerade in einem großen Verein nicht immer zu vermeiden, betonte Klaus Laifer. Doch in den letzten Jahren habe er »einen gewissen Gegenwind« erfahren und wolle sein Amt daher abgeben, damit frischer Wind in die Bürgerwehr komme.
Vor allem jedoch sei er bei seiner Amtsübernahme von einem Zeitraum von lediglich zehn bis zwölf Jahren ausgegangen, inzwischen aber habe er den – von ihm sehr gerne ausgeübten – Vorsitz ganze 28 Jahre inne.
Die sich in der Versammlung meldenden Stimmen waren vielfältig. Einerseits wurde Klaus Laifer unter viel Zuspruch um eine weitere Amtszeit gebeten, »99 Prozent der Wehr stehen hinter dir.« Und vielleicht müsse er ja nur ein weiteres Jahr amtieren, wenn der Verein bis dahin eine Lösung gefunden habe.
Andererseits erklang die Mahnung, man solle einen Rückzugswunsch respektieren, insbesondere nach einer derart langen Dienstzeit. Zumal es generell kontraproduktiv sei, wenn jemand ein Vereins- und damit Ehrenamt von Anfang an unter dem Druck übernehme, es anschließend »nicht mehr loszuwerden.«
Weibliche Wehrspitze denkbar?
»Es ist gut, eine starke Führung zu haben, warum soll das aber nicht jemand Jüngeres schaffen?« Diese Wortmeldung nahm Klaus Laifer sofort auf. Ein Nachfolger würde von ihm ebenso unterstützt (»schließlich verlasse ich die Wehr ja nicht!«) wie vom gesamten Verwaltungsrat, »und man kann auch über eine Veränderung der Aufgabenverteilung nachdenken.« Wenn ein potentieller Kandidat sich in punkto Redegewandtheit unsicher fühle, könne beispielsweise eine Trauerrede in der Kirche von jemand anderem gehalten werden, etwa von der Schriftführung.
Überdies müsse ein neuer Vorsitzender nicht aus der Wehr kommen, »das kann auch jemand aus dem Spielmannszug oder der Tanzgruppe sein.« Die in den Raum geworfene Frage, ob entgegen historischen Gepflogenheiten auch eine Frau den Vorsitz übernehmen dürfe, soll in der nächsten Verwaltungsratssitzung diskutiert werden.
Von der Bildung eines über die bisherige Konstellation hinausgehenden Leitungsteams riet Klaus Laifer ab: »Entsprechende Beispiele im Verband zeigen, dass dies in punkto Zuständigkeitsfragen bei 80 Prozent der Fälle nicht funktioniert. Wir haben ein Gremium von 14 Verwaltungsratsmitgliedern, das müsste eigentlich reichen.«
Verwaltungsrat »keine heilige Kuh«
Gleichzeitig lud er die jüngeren Vereinsmitglieder dazu ein, als Gast bei Verwaltungsratssitzungen »reinzuschnuppern«, um mögliche Berührungsängste zu verlieren: »Der Verwaltungsrat ist keine heilige Kuh!«
Dass der bisherige Vorsitzende sein Amt vorerst weiterführt, dankte ihm die Versammlung mit lang anhaltendem Applaus – nach der mit 86 Ja-Stimmen erfolgten Wiederwahl. Hauptmann Albert Nitsche als langjährig stellvertretender Vorsitzender dankte seinem Kommandanten für die Zusammenarbeit: »Es war nicht immer einfach, aber wir haben alle Probleme immer gelöst, ich darf dir ein herzliches Dankeschön sagen.«
Umgekehrt zollte Klaus Laifer dem gesamten Verwaltungsrat seine Anerkennung für dessen geleistete Arbeit, insbesondere Schriftführerin Stefanie Pfundstein sowie Kassierer Erwin Gieringer ob deren besonders hohen Arbeitspensums, »eine bessere Teamarbeit kann ich mir nicht vorstellen.«
Von dem bisherigen Kassier hieß es jedoch aus Altersgründen mit großem Bedauern Abschied nehmen. Nach 28 Jahren übergab der mit lang anhaltenden »standing ovations« bedachte 75-Jährige an die Jugend: an Theresa Brosemer mit ihren Stellvertreterinnen Linda Schießl sowie Anja Kornmayer.
Ebenfalls in engagierten jungen Händen befindet sich die Schriftführung: Mit Bravour bestand Stefanie Pfundstein ihre Feuertaufe bei dem mit viel kurzweilig und sehr herzlich vorgetragenen Tätigkeitsbericht für das vergangene Vereinsjahr. Sie bedankte sich bei ihrer heuer offiziell gewählten Stellvertreterin Ruth Webering, »weil die mich wirklich sehr gut unterstützt«, als zweiter Stellvertreter fungiert ab sofort Ralf Liebke.
Gebührend gewürdigt wurde auch die Leistung sämtlicher Abteilungsleiter. Deren Berichte gaben Einblick in das Geschehen des vergangenen, von Corona noch immer eingeschränkten Vereinsjahres. Bei den neun Auftritten der Wehr (59 Gewehrträger) war Hauptmann Albert Nitsche mit Auftreten und Disziplin zufrieden. Die Teilnahme an den Marschproben jedoch sei »gewiss noch ausbaufähig«, wenngleich besser gewesen als in den letzten Jahren.
Musikalische Ausbildung für KInder
Laut Tambourmajor Rudolf Maier hatte der Spielmanns- und Fanfarenzug 22 Proben abgehalten und an 16 Auftritten teilgenommen. 13 der 27 aktiven Spielleute (davon acht Frauen) mit einem Durchschnittsalter von 38 Jahren konnten für fleißigen Probenbesuch geehrt werden. Die Probenbeteiligung lag bei 79, die Teilnahme an Auftritten bei 76 Prozent. Der Tambourmajor bedankte sich bei seinem Stellvertreter Martin Brosemer sowie bei den drei Jugendleiter:innen Sarah Kälble, Klaus Lehmann und Lorena Schmieder. Und er unterstrich: »Wir informieren gerne über die Ausbildungsmöglichkeiten bei uns, über Nachwuchs würden wir uns freuen.«
Fridolin Laifer als Leiter der Trachtentanzgruppe berichtete von 26 Proben mit sehr guter Beteiligung sowie von nach zwei Jahren endlich wieder stattfindenden Auftritten der 18 Tänzerinnen, 14 Tänzer und drei Musiker.
Von der Kindervolkstanzgruppe (19 Mädchen, acht Buben von vier bis 14 Jahren) wusste Tina Barth im Namen ihrer Kolleginnen (Tamara Laifer, Tanja Lehmann, Bianca Neumaier) von 23 Proben und vielfältigen Aktivitäten zu berichten, mit einem riesengroßen Dankeschön an alle Eltern und Großeltern, »dass Ihr uns Eure Kinder anvertraut und uns tatkräftig bei allen Vorhaben unterstützt.«
Die insgesamt herausragenden Ereignisse des vergangenen Vereinsjahres waren neben den kirchlichen Hochfesten im letzten Jahr die Teilnahme am Jubiläum der Bürgermiliz Bad Peterstal, am großen Zapfenstreich bei den Heimattagen in Offenburg sowie am Festzug beim Cannstatter Wasen. Ein besonderes Highlight auch stellte die »sehr gut verlaufene« Oberharmersbacher Kilwi dar, für deren Ausrichtung in 2023 die Bürgerwehr verantwortlich ist.
Angesichts einer ordnungsgerecht geführten und zudem gut gefüllten Kasse (geprüft von Wilfried Furtwengler und Fridolin Laifer) erfolgte die einstimmige Entlastung des Gesamtvorstandes.
Die Ehrungen langjähriger – heuer sieben – Vereinsmitglieder werden wie üblich an Fronleichnam durchgeführt, diesmal für 25 bis 60 Jahre Mitgliedschaft. Gleiches gilt für den 1973 der Historischen Bürgerwehr beigetretenen Fridolin Laifer, der von der Versammlung einstimmig zum Ehrenmitglied ernannt wurde.
Eine halbe Stunde vor Mitternacht begann die ereignisreiche Versammlung sich aufzulösen.