Ein dicker Packen Papier war für die Gemeinderäte mit der Einladung zur Gemeinderatssitzung am Montag verbunden. Der Grund: Die Jahresrechnungen für das Haushaltsjahr 2016 und den Eigenbetrieb Wasserversorgung 2015 und 2016 wurden vor- und festgestellt.
Damit erfüllten Bürgermeister Richard Weith und Kämmerin Bärbel Roser-Pirk ihr Versprechen, die Abschlüsse in der ersten Sitzung nach der Sommerpause endlich vorzulegen. Verbunden mit dem Strich unter die Zahlen aus den vergangenen Jahren war auch der Wunsch, danach konzentriert in die Zukunft blicken zu können. Der Gemeinderat stellte die Abschlüsse fest, genehmigte über- und außerplanmäßige Ausgaben sowie Mehrausgaben.
Bärbel Roser-Pirk führte zuvor durch die wichtigsten Zahlen. Im Eigenbetrieb Wasserversorgung entstand 2015 ein Gewinn von mehr als 26.000 Euro. Dieser wurde von einem Verlust in Höhe von 8.000 Euro im Jahr 2016 bereits wieder etwas geschmälert. Das Plus und Minus ist vor allem buchhalterischen Effekten geschuldet, die unter anderem mit der Auflösung von Steuerrückstellungen zusammenhängen. Mit um die 50 Prozent Eigenkapitalquote steht der Eigenbetrieb gesund da. In den kommenden Jahren, das war dem Bericht der Kämmerin ebenfalls zu entnehmen, müssen Sanierungs- und Erneuerungsmaßnahmen in Angriff genommen werden. Das dafür benötigte Kapital wird der Eigenbetrieb wohl aus eigener Kraft aufbringen können. Im Abschluss für das Jahr 2016 steht ein Deckungsmittelüberhang in Höhe von gut 212.000 Euro.
Die Feststellung der Jahresrechnung für das Haushaltsjahr 2016 bot an einigen Stellen Anlass für Gespräche. Besonders viel Hin und Her musste zum Beispiel in Bezug auf die Kindergartenfinanzen erläutert werden. Durch die Stichtag-Regelung für die Zuschüsse hatte die Einrichtung im letzten Jahr mit Wenigereinnahmen zu wirtschaften, obwohl die Gruppenstärken im laufenden Jahr wieder angewachsen waren. Auch ansonsten hat der Kindergarten mit Inklusion und Sprachförderung viele Aufgaben, deren Aufwendungen jedoch in weiten Teilen aus anderen Töpfen erstattet werden.
Überraschend war der Effekt, dass durch die Installation verbrauchsärmerer Straßenlaternen eine Mehrausgabe im Betriebsaufwand der Beleuchtung entstanden ist. Durch die Stromersparnis wurden Zulagen gestrichen. Unter dem Strich bleibt ein Plus für die Umwelt, aber ein Minus in der Gemeinde-kasse. Nichtsdestotrotz führten Mehreinnahmen aus der Gewerbesteuer, ein höherer Anteil an der Einkommenssteuer und größere Schlüsselzuweisungen zu einer Mehr-Zuführung im Vermögenshaushalt in Höhe von über 117.000 Euro.
Insgesamt schließt die Jahresrechnung 2016 im Verwaltungshaushalt mit rund 6,6 Millionen Euro, im Vermögenshaushalt mit 1,67 Millionen Euro ab.
»Wenn wir vorsichtig weiter machen», sagte Bärbel Roser-Pirk anschließend, »ist es zu schaffen». Und sie fügte hinzu: »Aber das Geld ist knapp.» Sie bezog sich auf den aktuellen Finanzstatus. Der geht von Mehreinnahmen im Bereich der Gewerbe- und Einkommenssteuer aus, hat aber nach wie vor noch einige dicke Brocken – Stichwort Feuerwehrhaus, Rathaussanierung und Brückenschäden – zu bieten.
Auftragsvergabe Feuerwehrhaus
Endlich wurde ein Unternehmen gefunden, das die Sanitärarbeiten im neuen Feuerwehrhaus ausführen wird. Den Zuschlag erhielt einstimmig die Firma Alfred Brucher aus Oberharmersbach. Der Auftrag hat ein Volumen von gut 86.000 Euro. Aktuell sind Aufträge im Wert von rund 1,3 Millionen Euro vergeben. Bodenbeläge, Malerarbeiten, WC-Kabinen, Innentüren und Außenputz sowie Außenanlagen stehen noch zur Beauftragung an.
Im späteren Sitzungsverlauf wurde erneut die Rathaussanierung thematisiert. Bürgermeister Weith gab einen Zwischenbericht der Arbeiten ab. Dieser handelte vom Sitzungssaal, wo sich zwischenzeitlich herausgestellt hat, dass die alte Deckenkonstruktion instabil ist. Hier muss mehr getan werden als geplant. Weith sprach sich dafür aus, nach einer wirtschaftlichen Lösung zu suchen, die im Blick auf die modernisierenden Maßnahmen berücksichtigt, dass der Sitzungssaal das Herzstück eines Rathauses ist und vielfältig eingesetzt werden soll. Entscheidung wurde am Montag keine getroffen. Mögliche Maßnahmen und ihre Kosten sollen dem Gemeinderat im Oktober vorgestellt werden.
Weith stellte zudem Argumente pro und contra Klimatisierung aller Büroräume im Rathaus vor. Wegen des Denkmalschutzes sind so gut wie keine Maßnahmen an der Fassade möglich, die verhindern, dass die Wärme über die Fenster in die Zimmer gelangt. Gleichzeitig – da waren sich alle Gemeinderäte einig – ist mit immer wärmeren Sommern zu rechnen. Weith hatte statistische Zahlen parat, nach denen es in der Vergangenheit im langjährigen Schnitt 58 heiße Sommertage pro Jahr gegeben hat. Ebenfalls unstrittig war, dass mit zunehmender Hitze die Arbeitsproduktivität abnimmt. Dass die Klimatisierung der täglich genutzten Büro-Räumlichkeiten heutzutage bei Modernisierungsmaßnahmen Standard ist, darauf wurde vom Fachplaner Spielmann in der Tischvorlage hingewiesen. Die Gemeindeverwaltung hatte den Experten gebeten, eine Kostenberechnung für die zweckmäßige Kühlung der Büroräume zu erstellen. Den ermittelnden Zahlen zufolge würden sich die Kosten für die Klimatisierung auf insgesamt etwa 145.000 Euro belaufen. Die Kosten wären nach Auskunft des Regierungspräsidiums voll förderfähig mit einem Fördersatz von 51 Prozent, so dass die Gemeinde nur etwas weniger als die Hälfte selbst tragen müsste.
Gemeinderat Müller sprach sich dafür aus, den Gedan-ken weiterzuverfolgen. Auch wenn es finanziell eng sei, wäre es seiner Ansicht nach falsch, es nicht zu machen. Eine Nachrüstung würde auf jeden Fall teurer kommen und die Sanierung solle das Gebäude zudem fit machen für mindestens die nächsten zwei Generationen.
Premiere beim ELR
So viele Anträge wie noch nie waren bei der Gemeindeverwaltung eingegangen von Bürgern und Unternehmen, die sich um Fördergelder im Rahmen des »Entwicklungsprojekts Ländlicher Raum» (ELR) bewerben wollen. Gleich fünf Interessenten gibt es für das Jahr 2019 in Oberharmersbach – mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 3,3 Millionen Euro. Der Gemeinderat war deshalb aufgefordert, einen Vorschlag für die Vergabe der Fördermittel nach Prioritäten zu erarbeiten. »Am liebsten würden wir alles auf den ersten Platz stellen», sagte Bürgermeister Weith im Wissen darum, dass das nicht möglich ist. Der Gemeinderat entschied sich, »Arbeit» den Vorrang vor »Wohnen» zu geben, sollte es bei der Vergabe der Mittel zur Situation kommen, dass nicht jeder berücksichtigt werden kann.
In geheimer Abstimmung schaffte es die Zimmerei Klaus Lehmann ganz nach oben auf die Liste. Das Unternehmen plant die Modernisierung und Erweiterung. Besonders in Sachen Denkmalschutz sind die Dienste des Holzbauunternehmens gefragt. Mit der angestrebten Investition von knapp 435.000 Euro sollen zwei Arbeits- und zwei Ausbildungsplätze neu geschaffen werden. Sollte es zu einem Zuschlag im ELR-Programm kommen, erhofft sich das Unternehmen Zuwendungen in Höhe von 54.800 Euro.
Die zweite geplante Unternehmensinvestition, bei denen ELR-Fördergelder erhofft werden, betrifft die Firma Rolf Rombach Holzbau.
Sie plant ebenfalls die Erweiterung des Betriebs, will sieben neue Arbeitsplätze und einen neuen Ausbildungsplatz schaffen. Den geplanten Investitionskosten von 1,5 Millionen Euro stehen hierbei erhoffte Zuwendungen in Höhe von 225.000 Euro aus dem ELR-Topf gegenüber.
Im Projektbereich »Wohnen» stehen drei Vorhaben auf der Liste. Familie Jilg vom Schwarzenbauernhof will eine neue Betriebsleiterwohnung bauen. Ebensolches plant Familie Isenmann auf dem Hof »S’Wiedemeiers». Clemens Jilg vom Breigenhof möchte das Dachgeschoss zu einer Betriebsleiterwohnung umbauen. Der Gemeinderat platzierte diese Bauvorhaben in dieser Reihenfolge auf der Prioritätenliste »Wohnen». Für alle fünf Bauherren läuft nun die Zeit: Bis zum 30. September müssen die Anträge fix und fertig beim Regierungspräsidium vorliegen.
Bürger fragen
Im Rahmen der Bürgerfrageviertelstunde beantwortete Bürgermeister Weith eine Frage bezüglich des Fortschreitens des Breitbandausbaus. Der Ortsnetzplan liege vor, so die Auskunft und befinde sich gerade in der Feinabstimmung. Bis Ende des Jahres soll der Netzbetreiber feststehen.
Gemeinderäte regen an
Unter dem Tagesordnungspunkt 7 »Wünsche und Anträge der Gemeinderäte» sprach Anja Jilg die Situation einer öffentlichen Viehwaage an. Da diese Waage nur sehr wenig benutzt wird, soll über ihre Zukunft in einer der nächsten Gemeinderatssitzungen beraten werden.
Bezüglich des Zustands des Waldes fragte Gemeinderat Müller nach. Der Gemeindewald sei weniger geschädigt als Privatwald, konnte Bürgermeister Weith vermelden. Außerdem wurde über eine zunehmende Vermüllung des Waldes gesprochen. Was man seitens der Gemeinde tun kann, dass Abdeckplanen für das Brennholz nach dem Räumen der Lager nicht »wild» im Wald verbleiben, sondern ordnungsgemäß entsorgt werden, soll nun geprüft werden.
Um Umweltschutz ging es ebenfalls bei einer Einlassung von Gemeinderat Buttgereit. Er gab den Gedanken in die Runde, ob es nicht wünschenswert sei, Oberharmersbach zu einer pestizidfreien Gemeinde zu machen. Den aktuellen Anlass für solch weitreichende Gedanken lieferte die SWEG, die nach eigener Auskunft zweimal im Jahr auf der Bahnstrecke zur Unkrautbekämpfung Glyphosat ausbringt. Die Trasse führt dicht an Wildwiese und Kindergarten vorbei.