Am 14. September besteht die letzte der drei Gelegenheiten in diesem Jahr, mit Michaela Neuberger die neue Wanderung »Märchen, Mythos und Heilkraft von Bäumen und Pflanzen« in Oberharmersbach zu erleben.




»Ich hab’ früher gar nicht gewusst, dass schon alleine ein Apfelbaum so faszinierend sein kann«, gesteht Michaela Neuberger. Dass er Lebensraum für zahlreiche Insekten, Vögel und Nutztiere bietet, ist nichts Neues. Eher schon, dass sein Holz früher in der Bildschirmschnitzerei sehr beliebt war. Wer aber weiß, dass seine Rinde in vergangenen Jahrhunderten zum Färben von Wolle und Seide genutzt wurde, zum Erzielen eines goldgelben oder braunen Farbtons?
Erst recht unbekannt dürfte das Ausmaß der Heilkräfte seiner Früchte sein, auch wenn der Spruch »ein Apfel am Tag erspart den Doktor im Haus« seit jeher in aller Munde ist. Doch wer kennt heutzutage noch die Wirkung von Apfeltee oder gedörrten Apfelschalen? Geschweige denn von Apfelweinmolke? Bei letzterer handelt es sich offenbar um ein Allroundmittel, das lange Zeit in hohem Ansehen stand, weil es das Immunsystem in vielfältiger Hinsicht stärkt sowie Schadstoffe aus dem Körper leitet und dadurch bei Gicht, Rheuma, Hauterkrankungen und vielem mehr als empfehlenswert gilt.
Kein Wunder also, dass man bei der Ernte beachten sollte, dass ein oder zwei letzte Äpfel im Baume hängen bleiben. »Damit dankt man ihm und wir bitten ihn gleichzeitig, dass er auch im nächsten Jahr wieder eine gute Ernte einbringt«, wird die 48-Jährige auf der Wanderung unter anderem von einem alten Ritual berichten, dessen Anwendung sie auch heutzutage auf einer örtlichen Apfelbaumwiese beobachtet hat. »Wer traurig, depressiv oder verbittert ist, der suche einen Apfelbaum auf«, zitiert sie überdies aus der Baumheilkunde. »Seine weiche Gestalt weist dem Menschen den Weg, den er gehen soll.«
Neuer Baustein im Dorfmarketing
Aus vier Büchern und verschiedensten Internetseiten hat Michaela Neuberger ein umfangreiches Wissen zusammengetragen, das die ebenso Kreative wie schauspielerisch Begabte mal auf Hochdeutsch, mal im – auch dem Nicht-Einheimischen bestens verständlich dargebrachten – Dialekt vermittelt. Hinreißende Anekdoten inklusive.
Dem weiten Feld der Bäume hatte sich Oberharmersbachs wandelndes Wahrzeichen vor einiger Zeit bereits auf den Gutacher Vogtsbauernhöfen gewidmet, als es dort bei einer Veranstaltung um das Thema »Wald« ging. »Da hatte ich schon vieles recherchiert und das so spannend gefunden, dass ich daheim einfach weiter geschrieben habe«, erklärt Michaela Neuberger das Entstehen des Konzepts für die neue Wanderung. »Dieses Jahr war’s dann passend, weil wir für Oberharmersbach für die Veranstaltungsreihe ‚Donnerstags in der Ortenau‘ was Neues gesucht hatten«, so die Umtriebige zu Überlegungen im Rahmen des Dorfmarketings.
Zunächst jedoch galt es eine geeignete Strecke festzulegen – mit besonders schönen Plätzen und natürlich passenden Bäumen. Ein Rundweg sollte es sein, der zudem »gängig sein sollte, damit auch Achzigjährige noch mitlaufen können.« Und so führt die Wanderung nun am Ortsrand entlang ins Jedensbachtal, ein Stück durch den Wald und schließlich zurück zum Ausgangspunkt, dem Schwarzwälder Hof.
Inhaltsstoff: Birkenteer!
Bis die Tour dort mit einer thematisch zur Wanderung passenden Suppe endet, erfährt man auf ebenso abwechslungsreiche wie höchst vergnügliche Weise allerlei Interessantes, vor allem über Bäume. Unter anderem über die Licht und Fröhlichkeit in die Seele bringende Birke. »Deren Holz trocknet praktisch nie aus«, weiß Neuberger, »trotzdem ist es ideales Feuerholz.« Das Geheimnis des scheinbaren Widerspruchs: Birkenholz enthält viele Teersubstanzen.
Wobei dieser Birkenteer, wie man heute weiß, Inhaltsstoffe enthält, die gegen Ungeziefer ihre Wirkung haben. Keinesfalls also schierer Aberglaube, wenn Bauern dereinst ihre Tiere im Frühjahr mit Birkenzweigen zu »schlagen« pflegten, damit sie »gesund und leistungsfähig blieben, dem Hirten folgten und fruchtbar wurden«. Zudem: In Lappland werden Rheumakranke bis heute nackt in ein Bett aus Birkenlaub gelegt und mit diesem ob seiner schweißtreibenden Wirkung von Kopf bis Fuß bedeckt.
Von der heilsamen Wirkung des Birkensaftes berichtet die Naturkundige ebenso, reicht ihn zur Verköstigung gar herum. Höherprozentig wird es später zugehen, wenn sie den Wanderern ihre selbst angesetzten Liköre ausschenkt, aus Rotklee und Walnüssen womöglich.
Von Teufelswerk und anderen Geschichten
Der die hartschaligen Früchte tragende Baum mit seinem intensiv duftenden Blattwerk ist der letzte, unter dem Michaela Neuberger ihre Mitwanderer um sich herum versammeln wird. Zuvor hat sie beispielsweise vom Wesen sowie der Heilkraft von Linden und Eichen und dem mit ihnen verbundenen Aberglauben erzählt. Und sie hat zwei Märchen vorgetragen. Das eine erklärt ganz romantisch, warum die Linde mit ihren herzförmigen Blättern zum Baum der Liebe wurde. Das andere erzählt, wie die Eiche mit ihrem auch im Winter nicht zur Gänze abfallenden Laub einen Bauern vor dem Zugriff des Teufels bewahrte und diesen dadurch derart in Rage brachte, dass er mit seinen Klauen den Eichenblättern für immer und ewig ihre eingekerbte Form gab.
Die letzte Wanderung dieser Art in diesem Jahr wird am Donnerstag, 14. September, um 19 Uhr stattfinden. Gruppen allerdings können auch zusätzlich zu diesem Termin eine individuelle Führung buchen.