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Nordrach | 31.03.2023

»Zeitenspiel zu Nordrach«

Mittelalterlicher Markt und »waschechtes« Lagerleben: »Zugucken, wie man früher gelebt hat« – Außergewöhnliches Event vom Ostersamstag bis Ostersonntag

Foto:
Barbara Kamm-Essig, Touristen-Info-Leiterin, freut sich mit Kerstin und Tom Kempf auf das mittelalterliche Treiben in Nordrach, mit buntem Markt und Lagerleben. Foto: Gemeinde Nordrach
von Inka Kleinke-Bialy

»Auf so einem Mittelaltermarkt herrscht ein ganz besonderes Flair, es ist eine andere Freiheit«, schwärmen Kerstin und Tom Kempf, »weil man als Teilnehmer drei Tage lang in einem Lager wie im Mittelalter lebt.« Jeder, der will, kann dabei zuschauen. Kann dabei ganz besondere Erfahrungen machen und nebenbei viel über vergangene Zeiten lernen. Aber auch die Fantasie kommt dabei nicht zu kurz.

»Auf der einen Seite trifft man vielleicht auf König Harald Blauzahn, auf der anderen Seite auf altertümlich- futuristischen Steampunk«, wissen die Kempf’s aus Erfahrung. Wissen auch von Kostümierten mit womöglich »urlangen Hörnern«, andere kommen unter Umständen mit Elfenohren daher. Und eben deswegen läuft das dreitägige Event unter dem vielversprechend offenen Titel »Zeitenspiel«.

Tom und Kerstin Kempf wohnen in Nordrach, betreiben im Hobby dort die historische Backofenschmiede und sind bekennende Mittelalterfans. Als solche haben sie im letzten Jahr an Mittelaltermärkten teilgenommen, die von »Fabula Corvinus« bundesweit organisiert und veranstaltet werden.

»Als wir Ende des Jahres die Mitteilung erhielten, dass ein neuer Veranstaltungsort gesucht wird, haben wir natürlich sofort an Nordrach gedacht«, erzählt das Ehepaar, dessen Hochzeit im letzten Sommer – natürlich! – ganz im mittelalterlichen Duktus stattfand.

Bei Barbara Kamm-Essig, der rührigen Touristen-Info-Leiterin des idyllischen Luftkurorts, stießen die beiden jungen Leute auf offene Ohren. »Wir haben zurzeit ja den Oster-Erlebnisweg mit unserem Nordi, dem NorDrachen. Und so ein Drache passt durchaus auch ins Mittelalter«, schmunzelt Kamm-Essig.

Denn so liebevoll der NorDrache, so romantisiert auch das »Zeitenspiel«. Und doch wohnt diesem trotz allem Spielerischen eine tiefe Ernsthaftigkeit inne. Das beste Beispiel dafür sind Tom und Kerstin Kempf.

»Auf den Mittelaltermärkten fragen uns viele Leute zum Beispiel, wie unsere Kleidung gemacht ist.« erzählen die beiden. Deren Gewandung wie auch Habitus ist der Zeit des Frühmittelalters nachempfunden, das sie zu repräsentieren versuchen, »in der Zeitspanne von 875 bis 950, andere Marktteilnehmer haben ihren Schwerpunkt auf anderen Zeitspannen.«

Ein scheinbar banales Detail: Toms grüne Wadenwickel. Die längst vergangenen Vorläufer heutiger Strümpfe bestehen aus selbstgefärbten Wollstoffbändern in einer Länge von sage und schreibe vier Metern pro Bein. Gehalten werden sie von einer Spange. »Wenn man Erfahrung im Wickeln hat, braucht man pro Bein vielleicht fünf Minuten«, erzählt Tom Kempf. »Aber wenn der Wadenwickelhaken, mit dem die Schichten der Bänder am Ende gehalten werden, nicht genau richtig sitzt und man wieder auf- und neuwickeln muss … da hat es schon Tage gegeben, an denen ich eine halbe Stunde an einem Bein gesessen hab’.«

Mittelalterliche Kleidung – eine Sache für sich

Weiter geht es mit seinem Schuhwerk. »Das sind ein bisserl Bescheißerschuhe«, gesteht er trocken. Denn unter der nach historischen Funden gefertigten Hülle inklusive genagelter Sohlen trägt er normale Stiefel. »Für die Stabilität und Sicherheit, wenn ich einen Schaukampf absolviere«, erläutert der Mann mit dem rückenlang geflochtenen Zopf, der nur zu gut mit historischem Schwert und nach entsprechenden Vorlagen selbst gefertigtem Schild umzugehen weiß. Jeder Marktbesucher aber, der diese Kampfutensilien in die Hand nehmen darf, staunt: Was für ein Gewicht! Eines, das nicht nur mit Muskelkraft gehalten, sondern um des eigenen Überlebens Willen einstmals kunstvoll gehandhabt werden musste.

Auch sonst weiß Tom mit dem Schwingen von Gewichten umzugehen: Als »Noctur Graustahl« zeigt er das uralte Schmiede-Handwerk an Amboss und Esse, unterstützt von seiner Frau. Die kocht zudem: mit einem Dreibeingestell über dem offenen Feuer – sozusagen als mittelalterliche Schauküche für Marktbesucher. Gleichzeitig dient ihr Tun der Verpflegung der Aussteller »weil wir ja drei Tage lang wie im Mittelalter in diesem Lager leben. Du lebst wie früher, und dabei können uns die Leute zugucken. Auch für Familien ist das immer ganz toll.«

Breites Warensortiment, Mitmach- und Spielangebote

Hinzu kommt ein unglaublich breitgefächertes Warensortiment von insgesamt elf Händlern und Handwerkern. Für Erwachsene erstreckt sich dies von Trinkhörnern über mittelalterliche Accessoires und Schmuck jedweder Art hin zu Kleidung und nachhaltig Eingemachtem – Nadelbinden und Brettchenweben inklusive. Für Kinder gibt es mittelalterliche Spielangebote (zum Beispiel Rattenfangen!) und natürlich Ritterspielzeug.

Und was erleben Kinder bei Tom und Kerstin Kempf? »Je nach Frequentierung zeigen wir ihnen, wie im Frühmittelalter Feuer gemacht wurde – sie dürfen das dann selber ausprobieren, mit Feuerstein und Feuerschläger«. Feuerschläger? Das ist ein Hartmetallstück, gegen das der Feuerstein über brennbarem Material wie Zunderpilz oder trockenem Gras geschlagen wird, so dass Funken entstehen.

Selbstverständlich kommt auch das leibliche Wohl nicht zu kurz. Dafür sorgen fünf Gastronomen mit zum mittelalterlichen Ambiente passenden Speisen und Getränken.

Besuchen kann man den Mittelaltermarkt mit seinem Lagerleben von Ostersamstag bis Ostermontag jeweils ab 11 Uhr bis in den Abend, rund um die Hansjakob-Halle. Weitere Infos unter www.nordrach.de sowie unter www.fabula-corvinus.de.

Der Zutritt für Kinder bis 16 Jahren und für Gehandicapte ist frei.

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Schlagworte:
Gemeinde Nordrach, Touristen-Info Nordrach

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