Auch dieses Jahr wäre es wieder so weit gewesen: Die Nordracher Stubenmusik mit Luitgard Bieser als musikalischer Leiterin hätte nicht nur »sang- und klangvoll« auf die beginnende Adventszeit eingestimmt, sondern hätte in der Vorweihnachtszeit bei acht Auftritten ihre alpenländisch geprägte Musik erklingen lassen. Zur Freude vieler, vieler Zuhörer, nicht zuletzt auch im Altenwerk.



Doch auch wenn Corona in diesem Jahr eine Zwangspause verordnet: »So lange wir fit und gesund sind, lassen wir uns nicht ausbremsen«, betont die gebürtige Nordracherin. Deren Einstieg ins Ehrenamt erfolgte im Nordracher Trachtenverein. Mit 16 Jahren schwang die heute 62-Jährige in der damals frisch gegründeten Tanzgruppe das Tanzbein, seit ihrem zweiten Lebensjahrzehnt agiert sie im Vorstand.
Als gelernte Bankkauffrau ergab es sich nahezu zwangsläufig, dass sie die Kasse übernahm. Als Mutter zweier kleiner Kinder dann widmete sie sich mit Hingabe der Trachtenjugend, an der es heutzutage fehlt. »Auf die Jungen konnte ich mich immer verlassen, es war eine tolle Zeit«, erinnert sich die jetzige zweite Vorsitzende nicht ohne Wehmut.
Die Trachtentanzgruppe auch war es, die sie zur Stubenmusik brachte. Denn als man den Oberhamersbacher Heimatabend des dortigen Trachtenvereins besuchte, trat erstmals die örtliche Stubenmusik auf. Ende der achtziger Jahre war das »Das wär’ doch auch was für Nordrach, haben wir uns gedacht« – diese Erinnerung lässt Bieser über das ganze Gesicht strahlen.
Das »Wir« bestand neben Luitgard Bieser, die bislang zwar kein Instrument spielte, aber auf dem Offenburger Mädchengymnasium das Notenlesen gelernt hatte, aus Susanne Hansmann sowie Antonia Haas. Die eine war als Akkordeonspielerin die Musikerin der Nordracher Trachtentanzgruppe, die andere hatte das Instrument in ihrer Jugend gespielt.
»Blauäugig«
Mit dem für die Stubenmusik erforderlichen Zitherspielen hatte all das jedoch nichts zu tun. Dennoch: »Blauäugig wie wir waren, sind wir drei fort und haben uns in Wolfach Zithern gekauft«, lacht Luitgard Bieser. Gemeinsam besuchten sie ein Volksmusikseminar, »dort sind wir echt belächelt worden.« Nach drei Tagen schmerzten die Fingerkuppen, da half auch kein Einreiben mit Hirschtalg oder Sonstigem. Doch die drei Frauen hielten eisern durch, »wenn wir nicht zu dritt gewesen wären, weiß ich nicht, ob wir das durchgezogen hätten.«
Anschließend ging es einmal wöchentlich gemeinsam nach Offenburg zum Zitherunterricht, parallel wurde regelmäßig gemeinsam geprobt. Nach einem Jahr war das 1989 gegründete Stubenmusik-Trio so weit, dass es am Nordracher Heimatabend einige Musikstücke zum Besten geben konnte, begleitet von einem Gitarrenspieler und einer Hackbrettspielerin, »nur Zithern klingen zu langweilig.«
1993 dann erlernte die Umtriebige selbst das Hackbrettspielen. Über den 1999 gegründeten Landeshackbrettbund, bei dem die Frau mit dem seltenen Vornamen Gründungsmitglied ist, ließ sie sich sogar zur Hackbrettlehrerin ausbilden. Über eineinhalb Jahre hinweg fand die intensive Ausbildung an verschiedenen Orten statt – mit einer Abschlussprüfung, bei der es auch die Musikgeschichte zu beherrschen galt »Das war echt heftig, in jeder freien Minute hatte ich gepaukt«, sogar im Urlaub war das Hackbrett dabei, »das wurde mit ins Auto gepackt.«
Auch Antonia Haas hat inzwischen das Instrument gewechselt, spielt in der Stubenmusik nun zusätzlich den Kontrabass. Begleitet wird das harmonische Powerfrauen-Trio heutzutage von der Gitarre Georg Wimmers, der zudem Trompete und Akkordeon spielt. Geprobt wird einmal pro Woche in einem eigens dazu eingerichteten Raum in Luitgard Biesers Eigenheim, seit 2003 hat sie die musikalische Leitung inne. Und auch die Größe des eigenen PKW ist auf die Stubenmusik ausgerichtet, so dass alle vier Instrumente hineinpassen.
Weit über die Region hinaus
Weit über die Region hinaus ist die Gruppe gefragt, selbst im Schweizer Davos trat sie bereits auf. »1995 hatten wir sogar einen Fernsehauftritt, im dritten Programm, da sind wir noch in Nordracher Tracht aufgetreten«, schmunzelt die Frau mit dem eher seltenen Vornamen, mittlerweile prägen farbenfrohe Dirndl das Erscheinungsbild der Gruppe.
Zum Musizieren gehört der mehrstimmige Gesang. »Gleichzeitig singen und spielen ist für uns immer sehr schwer, man kann sich eigentlich nur auf eins richtig konzentrieren«, befindet die musikalische Leiterin. Als Sängerin und Gitarrenspielerin ist daher nun Martina Pfundstein aus Zell am Harmersbach zu der Gruppe gestoßen, im November sollte der erste gemeinsame Auftritt erfolgen. »Aber das kommt wegen
Corona ja nun nicht zum Tragen«, bedauert Luitgard Bieser.
Von daher geht es bei ihr derzeit ruhiger zu als sonst um diese Jahreszeit, zu tun hat sie dennoch. Denn auch im Deutschen Alpenverein (DAV) ist sie ehrenamtlich aktiv. Über ihren Mann Reinhold, seit langem Gruppenleiter der Ortsgruppe Nordrach, kam sie dazu, wurde 1996 Mitglied. Als in der Sektion Offenburg dringend ein neuer Schatzmeister gesucht wurde, ließ sie sich schließlich zum Übernehmen des Amtes ab 1998 überreden.
Eines Amtes, das »nicht ohne« ist, stellt doch die DAV-Sektion Offenburg mit circa 6500 Mitgliedern den größten Verein im Ortenaukreis.
Dieser betreibt zudem Kletterzentrum in Offenburg, das 2010 mit Ausnahme des Rohbaus von DAV-Mitgliedern in ehrenamtlicher Eigenarbeit errichtet wurde, wie Bieser mit vor Stolz blitzenden Augen berichtet. »Das war ein arbeitsreiches Jahr für alle, auch für mich.«
Organisation ist alles
Generell ist sie als Schatzmeisterin der DAV-Sektion Offenburg verantwortlich für die Erstellung und Überwachung des Haushaltes, was die Umsatzplanung für Kletterhalle und Bistro sowie die Gruppierungen der Sektion Offenburg beinhaltet. Hinzu kommen alle Bankgeschäfte, die monatliche Verbuchung der Umsätze sowie alle vorbereitenden Arbeiten für den Steuerberater.
Einen wöchentlichen Arbeitswand von durchschnittlich mindestens zwei bis drei Stunden erfordert Luitgard Biesers Tun als Schatzmeisterin, im Vergleich dazu läuft ihr gleichzeitiges Amt als Kassenwart des DAV-Ortsvereins Nordrach quasi nebenher.
Überdies unterstützt sie seit 2002 ihren Mann bei Jahresplanung und Organisation der Wandertouren des Ortsvereins, springt ihm inzwischen auch bei der Durchführung zur Seite. Im gesamten Alpenraum sind sie schon unterwegs gewesen, unter anderem aber auch am Gardasee, in Cinque Terre, Ligurien, dem Elbsandsteingebirge und dem Lahntal, teils zu Fuß, teils per Rad. Sogar nach Norwegen, Madeira und Teneriffa haben die Touren schon geführt.
»Bei mir wird nichts aufgeschoben«, lacht die Durchorganisierte, »aber Ehrenamt geht nur, wenn alle mitziehen, auch die Familie.« Und noch etwas betont die Tatkräftige – und zwar den Spaß, den ihr die Ehrenämter bereiten: »Man muss es gern machen – sobald ich das alles als Arbeit empfinden würde, würde ich aufhören.«