Der gebürtige Nordracher Wilhelm Oberle ist am Dienstagmorgen vor einer Woche in seiner Freiburger Wohnung verstorben. Zu seinem bleibenden Lebenswerk zählt die Wilhelm Oberle-Stiftung, eine der größten privaten Stiftungen in Südbaden. Für sein großes soziales Engagement verlieh ihm die Heimatgemeinde Nordrach im Jahre 2006 die Ehrenbürgerwürde. Die Stadt Freiburg vergibt seit 2011 einen »Wilhelm Oberle-Preis«.
Wilhelm Oberle kam am 27. Mai 1931 als einziges Kind seiner Eltern Josef und Zäzilia Oberle im »Gäßle« in Nordrach zur Welt. Seine Kindheit war geprägt von der Armut seiner Eltern und den Kriegsjahren. Wegen des kriegsbedingten Lehrermangels konnte er nur insgesamt sieben Jahre die Volksschule besuchen. Sein Vater fiel im Jahre 1944 als Soldat in Rumänien.
Nach dem Kriegsende absolvierte Oberle eine dreijährige kaufmännische Lehre bei der Firma Prototyp in Zell a. H. und besuchte die Handelsschule in Hausach. Es folgten zwölf Berufsjahre als Kaufmann in Hornberg, Stuttgart, Frankfurt und Karlsruhe, in Betrieben verschiedener Branchen mit dem Arbeitsschwerpunkt Marketing, bald jeweils in leitender Stellung.
Naturheilmittel hergestellt
Im Jahr 1961 endete das berufliche Wanderleben von Wilhelm Oberle. Er trat als Gesellschafter in die kleine Firma der Gesundheitsbranche in Ehrenkirchen bei Freiburg ein, die Firma Hübner, die Naturheilmittel produzierte. Im Jahre 1967 übernahm er diese Firma als Alleininhaber. So wurde Freiburg für vierzig Jahre sein Lebensmittelpunkt. In dieser Zeit heiratete Wilhelm Oberle auch Brigitte Hahn und bald konnten sie sich über drei Kinder freuen.
In arbeitsreichen Jahren baute Wilhelm Oberle den kleinen Betrieb mit zunächst zwölf Mitarbeitern und 200.000 Euro Jahresumsatz zu einem mittelständischen Unternehmen mit zuletzt 250 Mitarbeitern und 25 Millionen Euro Jahresumsatz aus. In dieser Zeit übernahm Wilhelm Oberle auch Verantwortung in dem bundesweiten Verband der Reformwarenhersteller VRH, den er 25 Jahre leitete, verbunden mit Aufsichtsratspositionen und weiteren Ehrenämtern.
Gemeinnützige Stiftung gegründet
Im Jahre 1988 fasste Wilhelm Oberle den auch von der Familie mitgetragenen Beschluss, das Unternehmen zu veräußern. »Ich habe Glück gehabt und war wirtschaftlich erfolgreich, ich habe eine kleine Firma in dreißig Jahren groß gemacht und zu einem günstigen Zeitpunkt verkauft«, sagte damals Wilhelm Oberle. Der weitaus größte Teil des Verkaufserlöses floss in die gemeinnützige Wilhelm Oberle-Stiftung, die er gleichzeitig mit dem Firmenverkauf gegründet hatte.
Diese Stiftung ist inzwischen die größte private Stiftung in Freiburg, eine der größten im Land. Sie hilft Menschen, die aufgrund ihres Alters, ihres Gesundheits- und geistigen Zustands, ihrer sozialen Situation oder einer materiellen Notlage auf Hilfe Dritter angewiesen sind. Die Stiftung fördert Projekte für benachteiligte Kinder und Jugendliche in der Region, gibt Einzelhilfen in besonderen Lebens- und Notlagen und finanziert Entwicklungs- und Nothilfeprojekte in Südamerika und Ostafrika. Der größte Teil der Hilfen geht inzwischen zur Entschuldung an Privatpersonen. »Verschuldung ist die neue Form von Armut«, sagte dazu Wilhelm Oberle.
Vielfältiges Engagement in seiner Heimatgemeinde
Das soziale Engagement von Wilhelm Oberle kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass er neben seinem arbeitsreichen Berufsleben stets ehrenamtliche Tätigkeiten übernommen hat. So war er mehrfach Pfarrgemeinderatsvorsitzender in seinen Wohnortgemeinden, langjähriger Vorstand einer Alten- und Pflegereinrichtung und Präsident des Rings der Körperbehinderten in Freiburg.
In den 1970er Jahren zog es Wilhelm Oberle wieder stärker in seine Heimatgemeinde Nordrach zurück. Er erwarb ein Grundstück im Holzhack und baute in den Jahren 1980/81 das vorhandene alte Bauernhaus zu einem stilechten Schwarzwaldhaus um. Von 1995 bis 1999 übernahm er das Amt des Pfarrgemeinderatsvorsitzenden und die Nordracher Bevölkerung wählte ihn im Jahre 2004 für eine Amtszeit in den Gemeinderat. Als Vorsitzender der kirchlichen Sozialstation Zell a. H. in den Jahren 2005 bis 2009 sorgte er mit verschiedenen neuen Ideen für die wirtschaftliche Stabilisierung.
Seine Rückbesinnung auf seine Heimatgemeinde fand auch Ausdruck in der Gründung des Historischen Vereins Nordrach im Jahre 2005, dessen Gründungsvorsitzender er drei Jahre war. Dieser Verein hat seither in zahlreichen Veranstaltungen und Publikationen Nordracher Geschichte dargestellt sowie vor allem auch die dörfliche Vergangenheit in der NS-Zeit erforscht. Zusammen mit Rolf Oswald hat er einen Bildband mit Nordracher Postkarten und zahlreichen Anmerkungen zur Nordracher Geschichte verfasst, den der Historische Verein im Jahre 2015 herausgeben konnte. Auch das bis vor kurzem jährlich stattfindende »Bildstöcklefest« des Chors der Klänge, bei dem auch jeweils ein Bildstock renoviert wurde, ging auf die Anregung von Wilhelm Oberle zurück.
Eine große Persönlichkeit und ein Original
Zahlreiche Ehrungen und die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse waren verdiente Anerkennungen für Wilhelm Oberle. Die Heimatgemeinde Nordrach ernannte ihn im Jahre 2006 zu ihrem Ehrenbürger und die Stadt Freiburg verleiht seit 2011 jährlich einen »Wilhelm Oberle-Preis«.
Wilhelm Oberle hatte bis vor wenigen Monaten ein vielfältiges Betätigungsfeld. Er arbeitete in der Stiftung und kümmerte sich als Hobbylandwirt immer noch um sein Nordracher Anwesen. So pendelte er regelmäßig zwischen Nordrach und Freiburg hin und her. Besonders freute ihn, dass zwei seiner Kinder in der Stiftung tätig sind und so sein Lebenswerk fortsetzen, vielleicht auch später einmal eines seiner sechs Enkelkinder.
Die Nordracher haben mit Wilhelm Oberle eine große Persönlichkeit verloren, auch ein Original. Er war ein begnadeter Redner und konnte Anekdoten am laufenden Band erzählen, wie kaum ein anderer. Seine Heimatverbundenheit brachte er immer wieder zum Ausdruck. Es waren die Menschen, zu denen er Kontakt suchte, mit denen er ein Schwätzchen hielt, wo auch immer er ihnen begegnete. Obwohl zu Ansehen und Vermögen gekommen, blieb er stets bescheiden, ein leutseliger und liebenswerter Mitbürger.
Am Freitag, 16. Februar, wird Ehrenbürger Wilhelm Oberle in seiner Heimatgemeinde Nordrach verabschiedet und zu Grabe getragen. Seinen Angehörigen gilt die herzliche Anteilnahme.