Die Verbandskläranlage des Abwasserzweckverbands Kinzig- und Harmersbachtal (AZV) hat gestern ihren 40. Geburtstag mit einem Tag der offenen Tür gefeiert. Bei Führungen informierten sich rund 800 Besucher, was hinter den Kulissen und in den Becken der Anlage eigentlich passiert.
„Wir kennen uns mit allen Wassern aus“, leitete Jonas Breig die offizielle Eröffnung mit einer gehörigen Prise Humor ein, „aber mit Zeltwasser hatten wir es noch nicht so oft zu tun.“ Breig ist nicht nur Bürgermeister der Gemeinde Biberach, sondern auch der amtierende Vorsitzende der Verbandskläranlage des Abwasserzweckverbands Kinzig- und Harmersbachtal.
Die Einleitung wählte er nicht ohne Grund. Am Sonntagmorgen lag Nordrach im Schnee, im Tal war es zwar nicht weiß, aber es fegten immer wieder heftige Graupelschauer. Das Thermometer zeigte bei der offiziellen Eröffnung des Geburtstagsfest um 11 Uhr gerade einmal 3 Grad Celsius. Der „Tag der offenen Tür“ hatte weiß Gott besseres Wetter verdient.
Das Team der Kläranlage machte das Beste daraus. Es verpasste dem Festzelt kurzfristig eine Heizung und sorgte mit einem hölzernen Steg dafür, dass die Besucher die wunderschön dekorierte Location auch trockenen Fußes erreichen konnten. Der anhaltende Regen der letzten Tage hatte die Wiese mit Regen gesättigt; ohne den Steg wäre Matsch vorprogrammiert gewesen.
So aber kamen dank der umsichtigen Vorbereitung des Teams um Betriebsleiter Aldrin Mattes neben fast allen Gemeindeoberhäuptern des Abwasserzweckverbands auch weitere Ehrengäste wie der 1. Verbandsvorsitzende Wolfgang Bösinger und sein Nachfolger Hans Peter Heizmann sowie Staatssekretär Volker Schebesta schlammfrei zur Begrüßung.
Geschichte und Gründung
Zu erfahren war da zum Beispiel, dass man eigentlich den vierzigeinhalbsten Geburtstag feiert. Die technische Inbetriebnahme der Anlage war am 27. Juni 1983 erfolgt, die offizielle Einweihung im September 1984. Da gab es den Abwasserzweckverband – ohne eigene Kläranlage – schon einige Jahre; er war 1977 gegründet worden und bestand aus den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaften Zell und Haslach.
Damals hätten sich die Verantwortlichen gewünscht, dass sich der Aufwand für die Zukunft lohnt, so Breig. 20,5 Millionen D-Mark investierten die Gemeinden Haslach, Zell a. H, Biberach, Fischerbach, Hofstetten, Mühlenbach, Nordrach, Oberharmersbach und Steinach in den 1980er Jahren in das Projekt– ein finanzieller Kraftakt, bei dem 50 Prozent Förderung vom Land nicht verhinderten, dass die Gemeinden teils Kredite aufnehmen mussten.
Entwicklung und Erweiterung
Entstanden sei, erläuterte der Verbandsvorsitzende eine damals wie heute fortschrittliche Kläranlage, die mittlerweile die Abwässer von 30.000 Einwohnern aufbereitet. Sie gehört zu den vier größten im Ortenaukreis.
Neue Anforderungen hatten im Laufe der Jahre neue Investitionen nach sich gezogen: 1992 Erweiterung zur Phosphatelemination, 2003 zur Stickstoff elemination, 2010 Automatisierung, 2012 zusätzliches Blockheizkraftwerk. Über die Jahre stemmte der AZV so erneut Kosten in zweistelliger Millionenhöhe. Sie ist seit 2021 dennoch schuldenfrei.
Innovation und Umweltschutz
Besonders stolz war Breig auch darauf, dass das innovative Team mit Aldrin Mattes an der Spitze trotz allgemeinen Fachkräftemangels vollzählig ist und dass die Kläranlage die benötigte Energie per Faulgas-Verwertung nicht nur selbst erzeugen kann, sondern sogar noch Überschüsse aus dem Blockheizkraftwerk in das öffentliche Netz einspeist. „Mit Herzblut, fachlichen Know-how und Aufgeschlossenheit hat sich die Kläranlage immer weiterentwickelt“, stellte er fest.
Ein Ende der Entwicklung ist noch nicht abzusehen, der Umweltschutz wird dabei immer wichtiger. Eine Machbarkeitsstudie hat sich der 4. Reinigungsstufe gewidmet, die die Kläranlage in Biberach in die Lage versetzen würde, auch Spurenstoffe aus dem Wasser zu filtern. Daneben kommt eine Kooperation mit der Hochschule in die heiße Phase. Beim Projekt „BubbleMeth2“ geht es um biologische Methanisierung. Und in Kooperation mit der Hochschule Furtwangen soll die Gewinnung von Treibstoff aus der Kläranlage (ProH2RedCO2) praktisch erprobt werden.
Würdigung und Unterhaltung
Staatssekretär Volker Schebesta würdigte die Leistung des AZV. „Dass wir wieder mehr Flora und Fauna in unseren Flüssen haben und Fischtreppen brauchen, zeigt, dass die Kläranlagen erfolgreich sind“, sagte er und verwies damit auch auf weniger umweltbewusste Zeiten, in denen das Schwimmen in Flüssen nicht unbedingt angeraten war.
Die Heizmann-Band aus Haslach sorgte mit deutschen Schlagern für die musikalische Unterhaltung. Für die Kinder gab es eine Betreuung und ein Preisrätsel, bei dem als Hauptgewinn eine Jahreskarte für das Waldterrassenbad lockte sowie gratis Soft-Eis. Die Biberacher „Biber“ waren für die Bewirtung im Zelt zuständig, „Aroma“ aus Haslach für Spezialtäten vom Grill davor. Die Landfrauen hatten dekoriert und Kuchen gebacken, Feuerwehr und DRK standen wo nötig hilfreich zur Seite. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kläranlage waren nonstop im Einsatz, um interessierten Besuchern bei Führungen die Arbeitsweise der Anlage zu erklären. Dabei erfuhr man unter anderem auch, dass alle Systeme doppelt und dreifach vorhanden sind, um den Betrieb jederzeit garantieren zu können. Die Kläranlage ist systemrelevant.
„Wir sind mehr als zufrieden“, resümiert Betriebsleiter Mattes. „Mit rund 800 Besuchern waren mehr Menschen da als in den Jahren 2003 oder 2013. Wir sind überzeugt, dass die meisten Besucher wegen der Technik der Abwasserreinigung da waren. Die Rundgänge wurden sehr gut angekommen und auch die Kinderanimation war immer voll ausgelastet.“
Den kompletten Bericht und weitere Bilder finden Sie in der Print-Ausgabe der Schwarzwälder-Post.