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Biberach | 9.10.2017

Historischer Verein auf Spurensuche in der Schweiz:

Maler Albert Anker hatte ein Faible für Biberach

Besuch des Geburtshauses des Künstlers wurde mit Besichtigung von Museen und historischen Stätten verbunden – »Dorfschule im Schwarzwald« war im Original zu sehen

Foto:
Mit dem Bus ging es für die Biberacher in die Schweiz, wo ein umfangreiches Besichtigungsprogramm auf die Reisegruppe wartete. Der Weg führte die Geschichtsinteressierten zunächst zum Geburtshaus des Malers Albert Anker nach Ins bei Bern. Foto: Dieter Petri
von Dieter Petri

Der Historische Verein Biberach unternahm einen zweitägigen Ausflug in die Schweiz. Es ging um eine Spurensuche. Gesucht war ein Schweizer Maler, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Biberach ein viel beachtetes Bild gemalt hat.

Foto: Dieter Petri
Mit dem Bus ging es für die Biberacher in die Schweiz, wo ein umfangreiches Besichtigungsprogramm auf die Reisegruppe wartete. Der Weg führte die Geschichtsinteressierten zunächst zum Geburtshaus des Malers Albert Anker nach Ins bei Bern.
Foto: Dieter Petri
Das Bild »Dorfschule im Schwarzwald« von Albert Anker entstand 1858 in Biberach. Heute befindet es sich im Archiv des Kunstmuseums in Bern.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts reiste der Maler Albert Anker von seinem Heimatort Ins (bei Bern) nach Paris. Auf dem Weg, den er über das Kinzigtal nahm, blieb er 1858 in Biberach bei einer Familie Schweiß hängen. Die von der beginnenden Industrialisierung noch unberührte Atmosphäre des Orts scheint den bildenden Künstler zu einem längeren Aufenthalt bewogen zu haben. Zu dieser Zeit hatte er es bereits zu einem beachteten Porträtmaler gebracht. Besonders einfühlsam waren seine Kinderbilder. In der Biberacher Zeit fertigte Anker ein Ölbild mit dem Thema »Dorfschule im Schwarzwald« an. Es zeigt einen Lehrer mit zahlreichen Buben und Mädchen. Das Bild erinnert an die Aufgabe eines Lehrers auf dem Dorf, der Kinder unterschiedlichen Alters gleichzeitig zu unterrichten hatte. Zur Aufrechterhaltung der Disziplin bediente er sich eines nicht zu übersehenden Stocks. Zum Zeichen seiner Lehr-Autorität steht er hinter einem Stehpult auf einem Podest.

Der junge Maler hatte das Glück, dass ein englischer Kunstsammler das große Bild kaufte. Gefreut hat sich über diesen finanziellen Erfolg auch Alberts Vater, ein Tierarzt, der von der Zukunft seines Sohnes eine andere Vorstellung gehabt hatte. Nach abgeschlossenem Studium der Theologie an den Universitäten in Bern und der deutschen Stadt Halle hätte Sohn Albert als Pfarrer seinen Unterhalt verdienen können. Doch dieser ließ sich jedoch nicht davon abbringen, Maler zu werden.

Pflege des Erbes

Sicherlich hatte sich der Maler damals nicht träumen lassen, dass einmal ein Ur-Ur-Enkel von ihm, Matthias Brefin, das Pfarramt ergreifen würde. Der Nachfahre trägt zwar einen anderen Familiennamen, pflegt das Erbe des berühmten Vorfahren jedoch wie kein anderer. Er betreut das zum Museum gewordene Geburtshaus des Malers. Das denkmalgeschützte Bauernhaus birgt als besonderen Schatz das Atelier des Künstlers. Er hatte es nur in den Sommermonaten genutzt. In der kälteren Jahreszeit zog er es vor, in Paris zu arbeiten.

Besuch im Geburtshaus

Josef Ringwald hatte als Vorsitzender des Historischen Vereins Biberach den Kontakt zum Nachfahren Albert Ankers gesucht, um einen Besuch im Geburtshaus zu organisieren. Am letzten September-Wochenende brachen 21 Geschichtsfreunde mit einem Bus der Fa. Schnurr in Richtung Schweiz auf. In Ins wurden sie von Matthias Brefin empfangen und durch das Haus geführt. Im unverändert belassenen Atelier ließ der Nachlassverwalter das Leben und Wirken des berühmten Vorfahren Revue passieren. Abschließend kredenzte er im Garten einen in der Region gewachsenen Gutedel.

Am Nachmittag schloss sich ein Besuch des Kunstmuseums in Bern an. In der ständigen Ausstellung betrachteten die Biberacher Albert Ankers Bilder, die gleichberechtigt neben den Werken von Edouard Manet und Henry de Toulouse-Lautrec hängen. Es fehlte allerdings das begehrte Bild der »Dorfschule im Schwarzwald«. Doch es wurde wie vereinbart für die Biberacher vom Archiv in den Ausstellungsraum gebracht. Zuletzt war es Wolfgang Westermann und Bürgermeister Wolfgang Bösinger im Jahr 1992 gelungen, das Original in Biberach auszustellen, was heute nicht mehr möglich ist. Die Betrachter aus dem Schwarzwald suchten auf dem Bild vor allem nach dem Bub »Rasi«. Der Maler hatte dem Sohn des Lehrers Geld gegeben, damit er dem taubstummen Erasmus Kienzle das Lesen und Schreiben beibrachte. Mit Erfolg! Erfolgreich war Anker auch mit dem Bild. In der Kunstwelt brachte es ihm die Auszeichnung mit einer Goldmedaille ein.

Reichsstadt wurde Bundeshauptstadt

Gegen Abend stand eine zweistündige Stadtbesichtigung an. Bern, von den Zähringern auf einem von der Aare umflossenen Bergmassiv gegründet, war einmal Reichsstadt im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gewesen. Am Ende des 30-jährigen Krieges schied die Stadt mit der gesamten Eidgenossenschaft aus dem Kaiserreich endgültig aus. Der Rundgang durch die Innenstadt führte unter anderem am Bundeshaus der »Confoederatio Helvetica« vorbei. Er endete pünktlich zum Stundenschlag am Zeitglockenturm, um das Spektakel des Glocken- und Figurenspiels nicht zu verpassen. Das anschließende Abendessen wurde im Weinkeller des historischen Kornhauses eingenommen.

Am nächsten Morgen ging es nochmals nach Ins, um den Gottesdienst in der evangelisch-reformierten Dorfkirche mitzufeiern. Matthias Brefin, der den Gottesdienst leitete, predigte über das »Vater unser«, das die Christen verschiedener Konfessionen verbindet. Er erinnerte daran, dass der reformierte Albert Anker während seines Aufenthalts in Biberach im katholischen Gottesdienst den Kirchenchor verstärkt hatte. Die Teilnahme der Biberacher am reformierten Gottesdienst stelle daher eine Art »ökumenischer Revanche« dar. Der Geistliche verabschiedete die Gruppe mit einem Reisesegen.

Bevor die Heimreise angetreten wurde, ging es zur nahegelegenen Stadt Murten, die mit ihren heimeligen Arkaden und dem begehbaren Wehrgang ihren historischen Reiz bewahrt hat. Im »Murtenhof«, einem Restaurant mit Blick auf den See, wurde das Mittagessen eingenommen. Schließlich stand noch ein Besuch im historischen Museum »Laténium« in Neuchâtel auf dem Programm. In moderner Architektur zeigt es 5.000 Jahre Geschichte, insbesondere die Besiedlung durch die Kelten. Derart mit Informationen gesättigt fuhr die Gruppe in Richtung Heimat, die dank der Fahrkunst von Peter Spöcker zu vereinbarter Abendstunde erreicht wurde.

 

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