Wenn es Nacht wird, gehen überall die Lichter an: Straßenlaternen, Autoscheinwerfer, Leuchtreklame oder leuchtende Spots auf historische Gebäude und Denkmäler. Für nachtaktive Insekten können solche Lichtquellen zu Todesfallen werden.
Die Landesregierung hat sich im vergangenen Jahr mit dem neuen Biodiversitätsstärkungsgesetz zum Schutz der heimischen Insekten und zur Reduktion der Lichtbelastung verpflichtet. Seit April 2021 gelten nun neue Vorschriften zur Beleuchtung von Gebäuden der öffentlichen Hand. Die Fassadenbeleuchtung an Gebäuden im Besitz des Landes und der Kommunen ist in den Sommermonaten nicht mehr möglich.
Doch für mehr als die Hälfte der Schlösser und Klöster, die sich im Besitz des Landes befinden, wurden bereits Ausnahmeanträge nach Vorgabe von Paragraf 21 des Naturschutzgesetzes gestellt. Wie viele Ausnahmen es tatsächlich sind, ist nicht klar. »Die Behörden haben für viele der Bauwerke die Ausnahmen bereits genehmigt. So werden die Ausnahmen still und heimlich zur Regel und das Ziel, die Insekten zu schützen, wird verfehlt«, so Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg. »Der BUND fordert, dass Ausnahmen wirklich Ausnahmen bleiben und das Land mit gutem Beispiel vorangeht.«
Zu Tode erschöpft
Licht zur falschen Zeit hat dramatische Auswirkungen auf Insekten. Ihr Fortpflanzungsverhalten wird gestört, sie verlieren die Orientierung oder sterben an Erschöpfung. Weniger Insekten bedeuten auch weniger Futter für Vögel und Fledermäuse. Um das gewaltige Insektensterben zu bremsen, fordert der BUND Baden-Württemberg ein Umdenken in Sachen Beleuchtung und ein klares Bekenntnis der Regierung und der Kommunen zu den gesetzten Zielen. Das Abschalten der Fassadenbeleuchtung müssen sie konsequent umsetzen. Die Kommunen sind außerdem gefragt, ihre Straßenbeleuchtung, wie vom Gesetz gefordert, insektenverträglich zu gestalten.
Aufruf: Wo brennt Licht?
Der BUND möchte es genauer wissen und ruft Bürgerinnen und Bürger dazu auf, beleuchtete Gebäude der öffentlichen Hand zu melden. Spaziergänger können angestrahlte öffentliche Gebäude mit Foto und Standort beim BUND melden. »Nutzen Sie jetzt die milden Temperaturen für einen Abendspaziergang und halten Sie die Augen offen. Die Regelung gilt beispielsweise für Denkmäler, Rathäuser, Schlösser, Burgen, Klöster und Ruinen. Aber auch Stadtmauern, Stadttürme oder andere Anlagen, die nicht im privaten
Besitz sind«, sagt Dominic Hahn, Naturschutzreferent beim BUND Baden-Württemberg. Ein Smartphone-Foto genügt, um Beobachtungen beim BUND einzureichen. Einfach per Mail oder Messanger-Dienst senden.
Leicht zu beheben
Und noch einen ganz praktischen Tipp hat der Naturschutz-Referent: »Die gute Nachricht ist: Kaum ein Problem kann so einfach reduziert werden wie die Lichtverschmutzung. Kommunen und auch Bürger haben es hier selbst in der Hand, zu insektenverträglichen Beleuchtungsanlagen zu wechseln oder überflüssige Leuchten abzuschalten. Wer mit bernsteinfarbenen LEDs und reduzierter Helligkeit beleuchtet, schont die Umwelt doppelt: Das spart Strom und schützt die heimischen Tiere und Pflanzen«, so Hahn.