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Zell-Unterentersbach | 21.11.2018

Warum gingen sie den falschen Weg?

Bericht über die Gedenkfeier am Mahnmal in Unterentersbach

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Gemeinsam gedenken, gemeinsam verstehen wie Krieg entsteht. Dazu nahmen sich am Sonntagvormittag Bürgerinnen und Bürger, die Feuerwehrabteilung Unterentersbach und die Musikkapelle Unterentersbach Zeit. Ortsvorsteherin Andrea Kuhn und Pfarrer Alfred Haas übernahmen es als Hauptredner die Menschen für Frieden zu sensibilisieren. Foto: Ute Berger
von Ute Berger

Gottesdienst und Zeit am Mahnmal bildeten am Sonntagvormittag den Rahmen für das gemeinsame Gedenken. In diesem Jahr ging es besonders um die Frage, wie viele einzelne Menschen durch viele falsche Haltungen zum Kollektiv wurden, das Krieg ermöglichte und führte. Beide Hauptredner, Ortsvorsteherin Andrea Kuhn und Pfarrer Alfred Haas machten die Verantwortung deutlich: »Es kommt auf jeden einzelnen an!«

Foto: Ute Berger
Gemeinsam gedenken, gemeinsam verstehen wie Krieg entsteht. Dazu nahmen sich am Sonntagvormittag Bürgerinnen und Bürger, die Feuerwehrabteilung Unterentersbach und die Musikkapelle Unterentersbach Zeit. Ortsvorsteherin Andrea Kuhn und Pfarrer Alfred Haas übernahmen es als Hauptredner die Menschen für Frieden zu sensibilisieren.
Foto: Ute Berger
Foto: Ute Berger

»Wir müssen uns an diesen Tag und seine Vorgeschichte erinnern, auch wenn es schwer fällt«, begann Alfred Haas den Gottesdienst in der Nikolauskirche. Vor hundert Jahren, am 11. November, endete der grausame erste Weltkrieg. Als Predigt wählte Haas einen Text von Kurt Josef Weck, Herausgeber des Magazins »Die Botschaft heute«. Darin wird eine Verhaltenskette beschrieben, die zu Krieg führt (hier in eigenen Worten wiedergegeben): Ist in Köpfen vieler ein Unbehagen gegenüber einer Menschengruppe ausgeprägt, keimen Vorstellungen auf, dass es ohne diese Menschen entspannter wäre. Propagandatreibende nutzen den Zustand, dichten der Gruppe an, dass von ihr ein höheres Kriminalitätsverhalten ausgehe. Die Verteidigung beginnt. Menschen denken und tun: »Die machen wir weg, ganz schnell.« Ihnen schließen sich andere an, die Krieg als Spiel für Erwachsene sehen. Die Unterhaltung und Abwechslung suchen; mit sich und ihrem Alltag nichts mehr anfangen können. Wer will das aufhalten und wie?

»Wo blieb das Prophetische der Kirchen?«, fragte Haas in die Vergangenheit. Damals haben Kirchenführer nicht auf Gottes Seite gestanden, sondern die gewaltsamen Lösungen als Heldentaten gepriesen.

Wenn die Bürger den Fanatikern und Hassrednern keinen Glauben geschenkt hätten. Wenn sie deren Forderungen entlarvt hätten, als das was sie waren: gewaltsam. Was wäre gewesen?

»Nur wenige sahen Anfang des 20. Jahrhunderts, dass die Sonne über Europa lange nicht wieder aufgehen soll«, erinnerte Haas an jene, die sich gegen Gewalt aussprachen. Er fragte die Kirchengemeinde: »werden wir Schlüsse ziehen für die Gegenwart?« Frustriert schob Haas einen Fakt nach: »Wir geben Milliarden aus, um sie zu zerstören.«

Ortsvorsteherin Andrea Kuhn hatte eine Parabel mit dem Titel »Kleine Schraube« dabei. Darin will die Schraube sich aus dem großen Getriebe nehmen. Andrea Kuhn übertrug: »Sie denken: Wir sind nur kleine unbedeutende Rädchen im großen Getriebe?« Andrea Kuhn widersprach: »Jeder Einzelne trägt auch Verantwortung für das große Ganze.«

Alfred Haas hatte für die Christen in der Nikolauskirche eine Aufgabe: »Als Christ kann man Frieden nicht nur verkünden, man muss ihn leben.« Und deutlich wurde im Gottesdienst: Wer Frieden noch nicht leben kann, muss sich darin üben. Frieden üben ist allemal besser als Krieg ausüben.

Die römisch-katholischen Christen sammelten in der Eucharistiefeier Kraft. Sie stärkten ihren Glauben an Gott, an das Gute und verdeutlichten sich, dass Versöhnung und Menschenliebe, die einzigen wahren Wege zum Frieden für alle sind.

Andrea Kuhn machte den Bürgerinnen und Bürgern Hoffnung, die sich um das Mahnmal versammelt hatten: »Die Vergangenheit ist gepflastert…Die Geschichte der Menschen ist offen. Wir können sie mit Vernunft, Moral und Mitmenschlichkeit weiterschreiben.« Drei Kerzen zündete sie an: Ein Licht der Trauer und Erinnerung. Ein Licht der Mahnung. Gegen das Vergessen! Aber auch ein Licht der Hoffnung und Ermunterung.

So gab es am Sonntag bei der offiziellen Gedenkfeier zum einen die Gefühle von Trauer und Erinnerung und (!) der Wille, es verstehen zu wollen, wie Frieden bleibt/was Krieg fördert.

Das Mahnmal

Ein Kommentar von Ute Berger

Das Mahnmal lädt uns ein es aufzusuchen. Besonders dann, wenn einen die gewaltsamen Gedanken verleiten. Wer die steinerne Frau (vor Verzweiflung und Trauer in die Knie gesunken) betrachtet; sieht wie sie weint – wer wird wollen, dass sich jemals jemand wieder so fühlt? Und die W-Fragen werden sich stellen: Wie konnte es soweit kommen? Wer die Entscheidungskette »Krieg« bis zum Ursprung entlang geht, wird sehen: es waren Menschen wie Du und ich, die sich nicht hüteten vor Gewalt, besonders in Sprache und Gedanken. Die beiden Hauptredner haben es am Sonntag mit ihren Vorträgen ganz deutlich gemacht: Keiner kann sich aus dem Getriebe dieser Welt nehmen.

Üben wir uns in Frieden. Dann können die Musikerinnen und Musiker auch im Jahre 100 ihres Vereines in Frieden leben und eine Messe musikalisch begleiten, in denen ihrer Kolleginnen und Kollegen gedacht wird, die hoffentlich nach einem erfüllten Leben friedlich eingeschlafen sind. Und die Feuerwehr wird den Kranz niederlegen für alle Menschen, die in den dann vergangenen 50 Jahren sich in Frieden übten und lebten. Und die zwei Tafeln bleiben zwei.

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