Es gab nachdenkliche Worte vom Bürgermeister, und sechs Mitglieder der Zeller Bürgerwehr wurden vom Landesverband ausgezeichnet. Die Stadtkapelle sorgte für Stimmung, die „Lucky Kids“ für große Emotionen.
Dem alljährlichen Biwak, das am vergangenen Samstagabend von der Historischen Bürgerwehr Zell veranstaltet wurde, schloss sich am darauffolgenden Sonntagvormittag der traditionelle Tag der Heimat an.
Dieser findet ebenfalls in Form eines Sommerfestes auf dem Kanzleiplatz statt und pflegt das Brauchtum, da eng mit der Bürgerwehr verbunden. Diese marschierte diesmal in geschlossener Formation auf – mit Spielmannszug, Gewehrträgern und Ulanen.
Der „Tag der Heimat“ in Deutschland geht ursprünglich auf eine Gedenkveranstaltung für Heimatvertriebene zurück, die 1950 in Stuttgart stattfand und die Charta der deutschen Heimatvertriebenen verkündete. So kam es nicht von ungefähr, dass Bürgermeister Günter Pfundstein seine traditionelle Ansprache unter anderem mit den Worten eröffnete: „Was Heimat bedeutet, erfährt man erst, wenn man sie verlässt oder gar verliert.“
Heimat: Ein Gefühl
Bei dem Wort Heimat mache sich ein Gefühl breit, das „jeder von uns nur schwer beschreiben kann.“ Es ist verbunden mit Erlebnissen oder Dingen von früher – seien es die ersten bewussten Erfahrungen als Kind, Bilder von geliebten Menschen, Gerüche, Rituale oder Sprüche von früher.
Heimat ist jedoch nicht zu verwechseln mit einem Zuhause. Letzteres ist dort, wo man lebt und sich seine Zukunft aufbaut. Heimat hingegen ist mehr, sie geht weit in die eigene Vergangenheit zurück. Wenngleich Heimat und Zuhause auch genau das gleiche bedeuten können.
Heimat ist daher oft viel mehr als ein geografischer Ort. Für viele Menschen ist das Wort gleichbedeutend mit einem Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. „Ein Ort, an dem man sich verstanden und akzeptiert fühlt“, resümierte Günter Pfundstein.
Was Heimat wirklich ist, könne jeder wahrscheinlich dann am besten erklären, wenn er die Heimat verloren habe, fuhr er fort. „Würden Sie nicht auch für Ihre Heimat kämpfen – dafür, dass Ihre Heimat erhalten bleibt?“, wandte sich das Ortsoberhaupt an seine Zuhörer in dem Bemühen, Verständnis für jene zu wecken, „die ihre Heimat vielleicht aufgrund von kriegerischen Auseinandersetzungen verloren haben – früher wie heute.“
Nicht vorschnell urteilen
Wer persönlich betroffen ist, sieht auf Konflikte mit einer ganz anderen Brille. „Das sollten wir bei vorschnellen Urteilen aus einer komfortablen Entfernung und ohne emotionale Bindung immer bedenken“, mahnte Günter Pfundstein und schloss mit einem Zitat: „Der Mensch bereist die Welt auf der Suche nach dem, was ihm fehlt. Und er kehrt in die Heimat zurück, um es zu finden.“
In diesem Sinne sprach er alle Anwesenden an: Diejenigen, die in Zell daheim sind sowie all jene, die extra oder zufällig zu Besuch in der alten Heimat verweilen – und schließlich alle Gäste, „die mit uns Einheimischen heute den Tag der Heimat feiern“. Bei von der Bürgerwehr bereitgestelltem leckerem Essen, kühlen Getränken und obendrein gutem Wetter, bei angeregten Gesprächen in heimeliger Atmosphäre.
Ehrungen
Zuvor jedoch nahm Kommandant Andreas Lehmann die Ehrung verdienter langjähriger Mitglieder der Freiwilligen Bürgerwehr Zell vor. Dies betraf sechs Mitglieder, die sich zusammengenommen 295 Jahre im Verein eingebracht und diesen mitgestaltet haben. Überreicht wurden die Ehrungen vom stellvertretenden Landeskommandanten Hauptmann Klaus Buchholz. Der Landesehrenkommandant Oberst Bernhard Lehmann aus der Zeller Bürgerwehr sowie deren Ehrenkommandant Paul Gutmann unterstützten ihn.
Seit 70 Jahren in der Zeller Wehr mit von der Partie ist Flötist Josef Stenzel (85). Kommandant Andreas Lehmann würdigte ihn als „die Zuverlässigkeit in Person“ sowie als jemanden, der offen gegenüber Neuem und den jungen Kameraden ist, „du bist für viele ein großes Vorbild.“
Schütze Willibald Heizmann erhielt für 60 Jahre treue Dienste das Treuedienst-Ehrenzeichen in Gold mit Krone. Für jeweils 50 Jahre wurden Schütze Manfred Lehmann und dessen als Trachtenfrau agierende Gattin Marianne Lehmann mit dem Goldenen Ehrenzeichen geehrt, „was wir sehr schätzen, ist deine spontane Art etwas aus Holz umzusetzen – ob Material oder Ideen: Es klappt einfach.“
Brigitte Bartenbach nun Ehrenmitglied
Die Ehrenbrosche in Gold erhielt Trachtenfrau Bernadette Münchbach für 40 Jahre Mitgliedschaft, von 2007 bis 2019 war sie stellvertretende Leiterin der Trachtenfrauen und somit auch im Verwaltungsrat tätig, zudem oblag ihr „die hervorragende Organisation des Spezialitätenstandes beim Biwak.“
Der Trommler Ingo Lorenz wurde für 25 Jahre aktive Mitgliedschaft mit dem silbernen Ehrenzeichen vom Landesverband ausgezeichnet. Von 2016 bis 2025 fungierte er als Tambourmajor und ist nun wieder Stellvertreter, wie schon in den Jahren 2013 bis 2016. In dieser Zeit hat er sich in den Verwaltungsrat eingebracht, davon sechs Jahre als Schriftführer.
Trachtenträgerin Brigitte Bartenbach, die 1994 in den Verein eintrat und vor wenigen Wochen ihren 70. Geburtstag feierte, wurde zum Ehrenmitglied der Zeller Bürgerwehr ernannt.
Sorgen und Alltag vergessen
Rundherum schwungvoll ging es dann mit dem breitgefächerten Gute-Laune-Repertoire der Zeller Stadtkapelle weiter. Als diese gegen Mittag eine Verpflegungspause einlegte, übernahmen die „Lucky Kids“. Der Chor mit rund 40 Kindern und Jugendlichen – Mädchen wie Jungen – im Alter von fünf bis 16 Jahren unter der Leitung von Steffen und Katharina Ben Aissa sorgte eine überaus abwechslungsreiche und ganz erstaunliche halbe Stunde lang für Begeisterung – mit fetzigen Rhythmen und teils gerappten Texten wie „Wolke sieben ist uns zu klein, Wolke 100 sollte es mindestens sein“.
Doch auch zwischendurch nachdenkliche Zeilen gab zu hören: „Ich bin traurig, gerade habe ich noch gelacht.“ Die mitreißende Moderation des Chorleiters tat ihr Übriges. „Toll“ war allenthalben vom Publikum zu hören. 2016 gegründet und aufgrund der Corona-Pandemie sowie einer schweren Erkrankung Katharina Ben Aissas auf Eis gelegt, ist der Chor im vergangenen Jahr reaktiviert worden.
„… Herz voll erobert“
Normalerweise gibt er Benefizkonzerte, deren Einnahmen als Spenden „immer zu 100 Prozent dorthin gehen, wo sie gebraucht werden“, wie Steffen Ben Aissa erklärte. Am „Tag der Heimat“ jedoch waren ausnahmsweise die Chormitglieder selbst einmal dran. „Schenken Sie Ihnen einfach ein bisschen Glück“, verwies der Leiter auf die an der Bonkasse aufgestellte Spendenbox, deren Inhalt hoffender Weise für ein Eis für jeden gereicht hat, beispielsweise. Den „Lucky Kids“ folgen kann man auf Instagram.
Bei seinen Dankesworten brachte Bürgerwehr-Kommandant Andreas Lehmann die Reaktion des vor allem in den schattigen Bereichen dicht gedrängten Publikums auf den Punkt: „Die henn unser Herz voll erobert.“





