Ein Zufallsfund führte Wolfgang Hilzensauer auf Spurensuche: In einem alten Wanderbuch des Schwarzwaldvereins Zell gibt es Illustrationen, signiert von Karl Schöner. Diese Kunstwerke, gemalt in den 1920er Jahren, zeigen verschiedene Wanderziele und offenbaren die künstlerische Handschrift eines talentierten Malers.
Manchmal spielt einem der Kamerad „Zufall“ eine Idee zu. So war es mir im Dezember 2024 ergangen. Anlass war ein altes Wanderbuch der Schwarzwaldverein Ortsgruppe Zell. Der aktuelle Vorsitzende Manfred Brosamer hatte es in seinem Archiv entdeckt und digitalisiert. Der ehemalige Stadtarchivar Dr. Dieter Petri informierte mich als Zeller Künstler darüber und gab mir den Hinweis, dass es noch Nachfahren von Karl Schöner (1856 – 1929) in Zell gibt. Ich besorgte mir zeitnah das Wanderbuch aus den 1920er Jahren und entdeckte darin viele Illustrationen, signiert von dem bekannten Obermaler Karl Schöner. Es waren monochrom gemalte Motive von Wanderzielen in unterschiedlicher Größe. Diese kleinen Werke im Wanderbuch hatten einen fotografischen Cha rakter und zeigten die Handschrift eines professionellen Malers mit fundierter Ausbildung.
Die Suche nach dem Maler
Meine Gedanken lenkten mich auf bekannte Zeller Maler, für die das Malen Leidenschaft und Berufung war. Karl Schöner war Keramikmaler. Meine Frage lautete: War er in Zell auch als Maler bekannt? Dr. Dieter Petri gab mir den Hinweis, dass Nachfahren von Karl Schöner öfters in Zell verweilen. Wieder ein Zufall! Dr. Petri fand heraus, dass sie im Dezember 2024 in Zell verweilten. Ich setzte mich telefonisch mit der Familie Männer in Verbindung, erläuterte mein Anliegen und vereinbarte ein Treffen mit der Familie in Zell im Wohnhaus von Karl Schöner. Dr. Petri begleitete mich zu diesem für mich außergewöhnlichen Treffen.
Einblick in ein Künstlerleben
In der guten Stube begrüßten uns Barbara und Edgar Männer, aus der Oberpfalz, sowie ihr Sohn mit Frau aus Augsburg. Wir erfuhren, dass sich die Familie im Laufe eines Jahres öfters in dem Haus in der Nordracher Straße trifft. Es folgte das Sichten alter Fotos und es gab Erzählungen über Karl Schöner. Man hatte das Gefühl, dass er in diesen Momenten präsent war. Wir nahmen auch Einsicht in eine Zeichenmappe von Karl Schöner aus den Jahren 1887 bis 1888. Die Mappe enthielt zahlreiche gezeichnete Objekte und Portraits, aus denen man den Duktus von Karl Schöner erkennen konnte. Sein damaliger Arbeitgeber, die Fa. Schmider, hatte ihm einen Weiterbildungskurs in der Fachabteilung der gewerblichen Fortbildungsschule in München ermöglicht. Neben seinem Beruf war Karl Schöner auch Fotograf und setzte die Motive oft zeichnerisch in zahlreichen seiner Bilder um. Zum Abschluss unseres Besuches wurden wir noch mit Kaffee und Kuchen verwöhnt, natürlich mit dem Kaffeeservice mit dem Motiv Hahn und Henne. Wir danken der Familie Männer für ihre Gastfreundschaft und Einblicke in das Leben von Karl Schöner.
Über den Obermaler Karl Schöner
Als Obermaler arbeitete Karl Schöner in der Zeller Keramik. Er erlernte den Steingutmalerberuf bei Carl Schaaff. Nach der Lehre verließ er die obere Fabrik und kehrte 1880 zurück. Ab 1887 nahm er die Arbeit in der unteren Fabrik auf. Dort wurde er Obermaler und entwarf 1898 aus Anlass des 1. Geburtstages seiner Tochter das Dekor „Hahn und Henne“, das zu einem der bekanntesten Dekore der Zeller Keramik wurde. Karl Schöner starb 1929 an den Folgen eines Motorradunfalls.
Sein Andenken
Die Zeller Keramik-Manufaktur hielt mit dem beliebten Dekor „Hahn & Henne“ die Erinnerung an den begabten Keramikmaler wach. Der Zeller Stadtrat benannte eine Straße im Baugebiet am Fuß des Lupfen nach ihm. Das städtische Verkehrsbüro schmückte einen besonderen Wanderweg durch das Hinterhambachtal mit dem Namen „Hahn & Henne“ und weckte so beim Wanderer immer wieder die Frage, wer die Idee zu diesem heimeligen Dekor hatte. Auch in vielen TV-Spielfilmen taucht das Dekor „Hahn und Henne“ auf.
Wanderer und Naturfreund
Karl Schöner war Mitglied des Schwarzwaldvereins der Ortsgruppe Zell a.H. Der Verein wurde am 8. Juni 1864 in Freiburg als „Badischer Verein von Industriellen und Gastwirten“ gegründet. 1934 fand der Zusammenschluss des 1864 in Freiburg im Breisgau gegründeten Badischen Schwarzwaldvereins und des 1884 in Stuttgart gegründeten Württembergischen Schwarzwaldvereins statt. Die Mitglieder setzen sich ein für Wanderwege, den Erhalt der Kulturlandschaft, den Schutz der Natur und die Bewahrung der heimatlichen Tradition. Karl Schöner war bis zu seinem tragischen Tod Mitglied im Ortsverband Zell a.H.
Das Wanderbuch und sein Erbe
Zum Wandern gehörte in vielen Ortsgruppen auch das Wanderbuch. Darin wurden Touren und Wandererfahrungen beschrieben. Alle Teilnehmer einer Wanderung trugen sich in das Wanderbuch ein. Zeichnungen vom Wanderziel waren oft Bestandteil des Wanderbuches. Dieser ursprünglichen Idee des Wanderbuches ist es zu verdanken, dass der Schwarzwaldverein Ortsgruppe Zell a.H. im Besitz eines Wanderbuches von 1925 bis 1929 ist. Karl Schöner hat darin viele Jahre Motive der Wanderziele gemalt. Es sind kleine monochrome Werke von Brillanz und Detailtreue. Monochrom beschreibt ein Bild, bei dem alles im Bild als Schattierungen einer einzigen Farbe erscheint. Das kann jede beliebige Farbe sein, am häufigsten jedoch Grau oder Sepia. Karl Schöner war nicht nur ein Dekormaler in der Keramik, sondern auch ein Meister im Malen kleiner Motive. Er hat nicht nur ein Wanderziel dokumentiert, sondern uns fast im Verborgenen kleine Kunstwerke hinterlassen.
Digitale Dokumentation
Diese kleinen Werke wurden nun in Ausschnitten in einem digitalen Katalog durch Wolfgang Hilzensauer dokumentiert. Die Dokumentation enthält 43 monochrome Bilder von Karl Schöner. Im Anhang des Katalogs ist in Kurzform eine Biografie von Karl Schöner von Dr. Dieter Petri enthalten.
Karl Schöner darf man, aufgrund seiner malerischen Fähigkeit, zu den ehemaligen Zeller Malern zählen. Den Katalog mit den Illustrationen aus dem Wanderbuch findet man auf der Website der Zeller Kunstwege im Abschnitt über Karl Schöner.
https://www.zeller- kunstwege.de/rückblick-malerei