Volkstrauertag am Kriegerdenkmal in Zell: Rede von Bürgermeister- Stellvertreter Stefan Polap. Würdiger Rahmen durch die Bürgerwehr, Feuerwehr, den Gesangverein Frohsinn und die Stadtkapelle.
Bürgermeister-Stellvertreter Stefan Polap ist zugleich Dirigent der Stadtkapelle und war am Volkstrauertag in beiden Funktionen im Einsatz. Nach einem musikalischen Beginn durch die Stadtkapelle begrüßte er zunächst Pfarrer Gerner sowie alle weiteren Kirchenvertreter, alle Stadt- und Ortschaftsräte und die Repräsentanten und Vertreter der anwesenden Formationen und Vereine.
Bilder von Zerstörung und Leid
Er begann seine Rede mit einem nüchternen Blick auf die aktuellen Kriege: „Gerne würde man am heutigen Volkstrauertag 2024 davon sprechen, dass der Ukraine-Krieg oder auch der Krieg im Gaza-Streifen beendet ist. Das Gegenteil ist leider der Fall.“ Jeden Tag gebe es Bilder von Zerstörung und dazugehörigem Leid zu sehen. Der Grund für kriegerische Auseinandersetzungen gerate oft in den Hintergrund, doch dies dürfe nicht sein – mahnte Polap. „Ein Aggressor bzw. Diktator wie Putin darf mit seinem Überfall auf ein Nachbarland niemals erfolgreich sein“, erklärte Polap.
Zur Historie des Gedenktages wies Polap darauf hin, dass der Volkstrauertag 1919 durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Gedenken an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges eingeführt wurde. Über Frieden in der Welt zu sprechen, heißt, über etwas zu sprechen, das es eigentlich nicht gibt, bedauerte Polap.
Habgier, Neid und Wut sind Feinde des Friedens
In den Menschen wohnen drei große Feinde des Friedens: Habgier, Neid und Wut. Wenn diese Feinde vertrieben werden könnten, würde man dem Frieden ein großes Stück näherkommen, führte er weiter aus.
Nach einer gedanklichen Pause sprach Stefan Polap das offizielle Gedenken des Volkstrauertages: „Wir gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker. Wir gedenken an die Soldaten, die in den Weltkriegen starben; der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.
Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehören, einer anderen Rasse oder einer anderen Religion zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde.“
Er fügte noch hinzu, das heute auch derer gedacht würde, die Opfer von Terrorismus, Extremismus, Antisemitismus und Rassismus in unserem Land geworden sind.
Mit persönlichen Worten interpretierte Polap, dass das Bewusstsein für das, was in kriegerischen Auseinandersetzungen passiert, bei vielen abhandengekommen zu sein scheint. Die Hunderttausende, die auf den aktuellen Schlachtfeldern sterben oder schwerstverletzt werden sind so viele, dass uns die Trauer und der Schmerz nicht wirklich erfassen lässt. „Da ist wahrlich vieles `verrückt` und nicht mehr im Lot in dieser Welt, sprach Polap mit großem Bedauern.
Was sollen wir tun – stellte er diese rhetorische Frage an die Anwesenden. Am besten sei es, regelmäßig etwas für den Frieden hier bei uns, in der eigenen Familie, im Freundeskreis, im Verein oder auch in der Nachbarschaft zu tun. „Wenn wir das im Kleinen schaffen und mit uns viele andere auch, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Konflikte im Großen gar nicht erst entstehen.“
Für Frieden und Versöhnung werben
Stefan Polp erinnerte daran, dass nach dem Zweiten Weltkrieg die erste zentrale Feierstunde im Rahmen des Volkstrauertages im März 1950 im Deutschen Bundestag stattfand. Die heutige Gedenkfeier ist damit ein sichtbarer Ausdruck öffentlicher Gedenk- und Erinnerungskultur, betonte Polap. Sie biete Gelegenheit, öffentlich das Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt zu bewahren. „Wir müssen immer wieder an den Tod und Leid erinnern und für Frieden und Versöhnung werben. Es geht darum, dieses Vermächtnis an die nächste Generation weiterzugeben“, erklärte Bürgermeisterstellvertreter Polap.
In vielen Kriegen und Krisen ist im Nachhinein sehr oft der Satz zu hören: „So etwas darf nie wieder passieren. Nie wieder Krieg. Nie wieder Leid.“ „Was ist mit ’nie wieder` gemeint?“ fragte Polap. Dies sei zu unpräzise ausgedrückt, gebe es doch in ganz vielen Teilen der Welt ununterbrochen Krieg, Vertreibung und vielfaches Leid.
Stefan Polap erinnerte an die Friedensformel der Friedensbewegung in den 80er Jahren: Frieden schaffen ohne Waffen. „Hand aufs Herz: Wer glaubt wirklich an diesen Satz?“ fragte er nüchtern. Ohne ausreichende Abschreckung werde der mutmaßlich Stärkere immer seinen Vorteil suchen. Leider sei der Mensch so gestrickt, erklärte Polap.
Abschließend betonte er, dass wer vor der Vergangenheit die Augen verschließe, blind werde für die Gegenwart. Eine Versöhnung ohne Erinnerung werde es niemals geben können.
Die Gedenkfeier endete mit dem Trompetensolo von Robert Maier von der Stadtkapelle, der das Lied vom „Guten Kameraden“ spielte und einer Ehrensalve der Bürgerwehr.