Bürgermeister Günter Pfundstein hat bei der Jahreshauptversammlung der Feuerwehr Zell das umstrittene Standortkonzept und die Herausforderungen durch Personalmangel angesprochen. Während er klare Zeitpläne ankündigte, rief er dazu auf, Emotionen beiseitezulegen. Die Diskussion solle ergebnisoffen geführt werden.
Bei der Jahreshauptversammlung der Zeller Feuerwehr nahm sich Bürgermeister Günter Pfundstein viel Zeit für eine ausführliche Stellungnahme zur aktuellen Situation der Feuerwehr und zum Thema Standortkonzept. „Mit der Feuerwehr hat die Kommune eine Pflichtaufgabe zu erfüllen und muss deren Leistungsfähigkeit sicherstellen“, sagte Bürgermeister Pfundstein zu Beginn seiner Rede. Ausbildung und Ausstattung der Feuerwehr seien hervorragend, es fehle wie überall an Aktiven, die sich ehrenamtlich dafür einsetzen wollten, erklärte er. Die Zahl der 89 Aktiven in der Wehr täusche, denn es stünden nicht alle für Einsätze zur Verfügung. Auch die große Zahl der Mitglieder bei der Jugendfeuerwehr bedeute nicht, dass diese alle in die aktive Wehr wechseln würden. Dies treffe nur auf zehn bis 20 Prozent zu. Zwecks Schule oder Ausbildung stünden die meisten dafür nicht zur Verfügung.
Bürgermeister Günter Pfundstein dankte im Nachhinein dem vorherigen Kommandanten Philipp Schilli, der einen neuen Feuerwehrbedarfsplan erstellt habe. Außerdem dankte er Kommandant Florian Lehmann und dem stellvertretenden Kommandanten Torsten Wiucha, die nach dem Weggang von Schilli wieder die Verantwortung übernommen haben.
Standortkonzept ausgearbeitet
Das Standortkonzept beinhaltet die Frage, wie die Feuerwehr ausrückt – zentral oder dezentral. „Die Diskussion um die Standortanalyse wurde emotional geführt“, blickte Bürger-meister Pfundstein zurück. Am 1. Oktober habe ein Workshop mit externer Begleitung und Teilnahme aller Beteiligten stattgefunden, informierte er. Ein Ergebnis daraus ist ein Zeitplan: Bis zum März 2025 sollen Vorschläge zur Personalgewinnung und zur Standortanalyse gemacht werden. Es soll ergebnisoffen diskutiert werden, wie es um die Mannstärke von Unterharmersbach und Unterentersbach bestellt ist und wie trotz personeller Schwierigkeiten sichergestellt werden kann, dass die Feuerwehr innerhalb einer bestimmten Zeit am Einsatzort eintreffen kann. Die Verantwortung dafür trage er und der Kommandant, machte Pfundstein deutlich.
Bürgermeister bleibt bei seiner Linie
Zur Kritik an der Kommunikation zu diesem Thema sagte er mit Nachdruck: „Wenn man mit etwas nicht einverstanden ist, heißt es, dass die Kommunikation nicht funktioniert hat. Wenn man etwas nicht hören will, kriegt man nicht mit, was man hören soll.“ Besser sei es, nochmal nachzufragen – denn die Kommunikation habe gestimmt. Pfundstein rief dazu auf, die Emotionen in dieser Angelegenheit wegzulassen; die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr müsse im Vordergrund stehen. Nach dem Workshop sind klare Aufträge erteilt worden, die terminiert wurden. Die Abteilungskommandanten sollen nun das Thema ausarbeiten. „Wir werden es nicht jedem recht machen können“, erklärte er abschließend.
Nachtverfügbarkeit problematisch
Zur schwierigen Personalfindung wies Pfundstein darauf hin, dass alle Feuerwehren dieses Problem hätten. Auch die Nachtverfügbarkeit werde problematisch, nicht alle Aktiven stünden dafür zur Verfügung, zum Beispiel wegen Kinder betreuung, Nachtschichten, Krankheit oder Urlaub. Abschließend sprach er lobende Worte an die anwesenden Feuerwehrkameraden aus für deren hervorragenden Einsatz beim Großbrand in der Altstadt bei der Pizzeria Krone: „Wir können stolz sein auf die Feuerwehr!“ Dann dankte er ausdrücklich dem Kommandanten Florian Lehmann und Torsten Wiucha für ihren Einsatz in hauptverantwortlicher Position in diesen herausfordernden Zeiten.
Feuerwehr verzeichnet 92 Einsätze
Kommandant Florian Lehmann begrüßte am Samstagabend besonders die anwesenden Ortschaftsräte und die stellvertretende Hauptamtsleiterin im Rathaus Elke Grönefeld, die dort für die Belange der Feuerwehr zuständig ist.
Die Feuerwehr hat 89 Aktive, 62 Mitglieder in der Kinder- und Jugendfeuerwehr sowie 21 Alterskameraden. Im Jahr 2023 gab es 92 Einsätze. Diese Einsätze teilen sich auf in 20 Fehlalarme, 29 Brandeinsätze, 23 Hilfeleistungen und zehn Sicherheitswachdienste.
Einsätze, die in Erinnerung bleiben
Einen kurzen Überblick über besondere Einsätze gab der stellvertretende Kommandant Torsten Wiucha und zeigte dazu Fotos auf großer Leinwand. „Es gab eine hohe Zahl von Kleineinsätzen“, informierte er. Im Mai 2023 wurde ein verletzter Waldarbeiter aus unwegsamem Gelände gerettet. Die Vegetationsbrände würden immer mehr – im Juni hat es beim Keramikareal gebrannt. In Unterharmersbach fing bei einem Balkonbrand die Fassade des Hauses Feuer. In der Nähe des Keramikareal war zudem ein Rollstuhlfahrer in unwegsamen Geländen abgestürzt. Ein Baggerfahrer hatte eine Gasleitung beschädigt und es kam zu einem Gasaustritt. Im August brannte ein Traktor auf einem Feld. Bei der Geldautomatensprengung in Zell am 13. September letzten Jahres hat die Feuerwehr den Abstand gesichert, bis die Polizei vor Ort war. Einen außergewöhnlichen Einsatz hatte die Feuerwehr bei der Europabrücke in Unterentersbach: Ein Pferd war dort gestürzt und ein Huf steckte im Geländer fest. Mit hydraulischem Rettungsgerät konnte das Tier unverletzt befreit werden.
Training zahlt sich bei Altstadtbrand aus
Die größte Herausforderung war das Feuer in der Altstadt von Zell am 2. Dezember 2023. „Dies war ein Einsatz, der uns alle an die Grenze gebracht hat“, sagte Wiucha rückblickend. Das Gebäude stand im Vollbrand, und in dem Fachwerkhaus waren die Temperaturen sehr hoch. Mit Atemschutzgeräten ging die Feuerwehr in das Gebäude und der Brand konnte gelöscht werden. Ein Feuerwehrkamerad filmte von einer Drehleiter den Einsatz. Wiucha wies auf eine Übung hin, die im April bei der Fa. Schnurr in einem Brandcontainer stattgefunden hatte: „Dort wurde geübt, was wir später in der Krone gemacht haben. So wichtig sind die Übungen der Löschtechniken mit Atemschutzgeräten.“
Im Juli 2023 konnte die Zeller Wehr bei den Landesfeuertagen in Kehl teilnehmen. Die Wehr präsentierte sich mit anderen Berufsfeuerwehren: „Dies war ein Novum für uns und sehr interessant“, erklärte Wiucha.
Deutlich zugenommen hatten die Überlandhilfen. Ein Drittel der Einsätze würden nicht im Einsatzgebiet gefahren. Die Drehleiter werde dabei oft angefordert, dies sei zeitlich sehr aufwändig, erklärte der stellvertretende Kommandant. Überlandhilfen wurden geleistet in Biberach, Nordrach, Oberharmersbach, Steinach, Gengenbach, Seelbach und Offenburg.
Teamgeist bei der Jugendfeuerwehr
Kilian Hahn berichtete über die Aktivitäten der Jugendfeuerwehr. In Zell gibt es 16 Mitglieder, neun kommen aus Unterentersbach, neun aus Unterharmersbach, eins aus Oberharmersbach und eins aus Prinzbach. Im Jahr 2023 trafen sich die Jugendlichen zu 36 Veranstaltungen. Der Probenbesuch beträgt 70 Prozent. Kilian Hahn informierte über Übungstreffen, allgemeine Jugendarbeit und Treffen, die der Geselligkeit dienen. Abschließend bedankte er sich bei allen Spendern und Gönnern der Jugendfeuerwehr.
Kinderfeuerwehr bekommt Spende
Tanja Kienzler berichtete, dass Stand 2024 insgesamt 37 Mitglieder in der Kinderfeuerwehr sind, die von sechs Betreuern begleitet werden. Im Jahr 2023 gab es 28 Termine, die sie beispielhaft aufführte. Gut sei auch die Teilnahme am Zelli-Ferienprogramm. Erfolgreich war zudem der Übungsnachmittag zum Erwerb des Kinderfeuerwehrabzeichens. Ein Höhepunkt war am 5. Dezember ein Termin in Seelbach, bei dem der Kinderfeuerwehr eine Spende von 1.900 Euro von einer Stiftung überreicht wurde. „Es war ein tolles Jahr 2023! Ich danke allen Unterstützern“, erklärte Tanja Kienzler abschließend.
10 Jahre Kinderfeuerwehr
Kommandant Florian Lehmann zeigte sich begeistert von der Kinderfeuerwehr: „Ihr macht das großartig.“ Vor zehn Jahren sei die Kinderfeuerwehr gegründet worden und vor 40 Jahren die Jugendfeuerwehr. Dies gehe nur, wenn es genügend Leute gibt, die sich für den Nachwuchs einsetzen. Peter Nike war der Initiator der Kinderfeuerwehr. Beim Infonachmittag zur Gründung hatten sich aus dem Stand 36 Kinder angemeldet. Dies habe ihn sehr überrascht, erinnert sich Lehmann. Peter Nike begleitete das Projekt zehn Jahre lang und hört jetzt auf. Florian Lehmann dankte ihm mit herzlichen Worten: „Einige von den Kindern damals sind jetzt bei den Aktiven. Das ist das schönste Erfolgserlebnis.“ Ausdrücklich dankte er auch Daniel Erdrich und Tanja Kienzler für ihren Einsatz für die Kinderfeuerwehr.
Beförderungen
Karl-Heinz Gienger wurde vom Oberlöschmeister zum Hauptlöschmeister befördert. Stefan Meier war Löschmeister und ist jetzt Oberlöschmeister. Holger Hannemann erhielt eine Beförderung vom Brandmeister zum Oberbrandmeister. Bürgermeister Günter Pfundstein las den Text einer Urkunde beispielhaft vor und überreichte die Urkunden verbunden mit herzlichen Glückwünschen.
Verdiente Anerkennung
Bei den Ehrungen nahm nur Mario Moßmann sein Feuerwehrehrenzeichen in Silber persönlich entgegen. Bürgermeister Günter Pfundstein überreichte ihm die Urkunde und Ehrennadel. In Abwesenheit geehrt wurden Tobias Broß (Feuerwehrehrenzeichen in Silber) sowie Uwe Oestreich und Xaver Riehle (beide Feuerwehrehrenzeichen in Gold).
In Abwesenheit wurde Johannes Pfundstein gedankt, der einen wichtigen Dienst leistet. Er transportiert Geräte und Zubehör wenn nötig nach Offenburg. Daniel Erdrich hat 19 Jahre im Feuerwehrausschuss mitgearbeitet und beendet diese Tätigkeit. Kommandant Florian Lehmann dankte ihm für dieses besondere Engagement, der Applaus der Anwesenden war Erdrich sicher.
Feuerwehr lebt vom Miteinander
Kommandant Florian Lehmann betonte seinen großen Dank für die Zusammenarbeit mit den Feuerwehrkameraden, die auch mit kleinen Tätigkeiten die Feuerwehr am Laufen halten. Er bedankte sich bei der Stadtverwaltung, hier bei der stellvertretenden Hauptamtsleiterin Elke Grönefeld: „Es ist immer ein offenes Ohr da, die Zusammenarbeit funktioniert reibungslos.“ Seinen besonderen Dank sprach er drei Personen aus: seinem Stellvertreter Torsten Wiucha, „er ist mir eine unglaubliche Hilfe,“ und „unser beider Ehefrauen Irene und Silke“, die immer wieder auf die Anwesenheit ihrer Ehemänner zu Hause verzichten müssen. „Ohne die Unterstützung der Familie lässt sich das Ehrenamt Feuerwehr nicht ausüben“, konstatierte Lehmann. Besonders bedankte er sich auch bei den Arbeitgebern, die mit der Freistellung der Feuerwehrleute bei Alarm die Tagesverfügbarkeit sicherstellen.
Nach Ende der Jahreshauptversammlung lud er alle Kameraden zu Imbiss und Getränken in das Foyer des Kulturzentrums ein, der Abend klang in geselliger Runde aus.