Ergebnisse der diesjährigen Kunsttage am Zeller SBBZ sind über die Sommerferien im Rundofenfoyer zu sehen und waren Anlass für eine Vernissage eigens für SBBZ-Schüler
Was tun, wenn eine Ausstellungseröffnung ohne die Schöpfer der präsentierten Kunstwerke stattgefunden hat? Ganz einfach: Man holt diesen Teil der Vernissage mit den beteiligten Kunstschaffenden nach, samt eigens geladener Gäste. In diesem Fall Schüler des Sonderpädagogischen Beratungs- und Bildungszentrums (SBBZ) in Zell.
So geschehen zum Beginn der Sommerferien in der vergangenen Woche, im Rundofengebäude. Vorangegangen war die Jubiläumsfeier des Fördervereins Rundofen: Da hatten mehrere hundert den Vereinsgeburtstag feiernde Gäste den Inhalt dreier Vitrinen bestaunen können.
Die befinden sich seither im Foyer des Rundofengebäudes – mit Kunstwerken bestückt, die Schüler während der dies jährigen Kunsttage im SBBZ erschaffen hatten: Herrlich bunte Hühner und Hähne. In original „Hahn-und-Henne“-Formen der seit diesem Jahr nicht mehr existierenden Zeller Keramikfabrik aus Ton gegossen und mit Acrylfarben bemalt.
„Wir wissen das sehr zu schätzen“
„Es war wahnsinnig schön, auf dem Jubiläumsfest Eure Kunstwerke zu zeigen“, wandte sich Michael Dahlke, Vorsitzender des vor 25 Jahren gegründeten Fördervereins Rundofen, an seine jungen Zuhörer, „das wollen wir jetzt ein bisschen mit Euch gemeinsam feiern.“
Dies auch, um den Schülern zu zeigen, dass es dem Förderverein „sehr, sehr wichtig ist, was Ihr hier gemacht habt, und dass wir das sehr schätzen.“ Als Dank stand etwas zu Trinken und „zu Schnabulieren“ für die Zehn- bis 13-Jährigen aus der jahrgangsübergreifenden Grundstufe Zwei des Zeller SBBZ bereit. Und an Rektor Matthias Demmel gewandt meinte der Vereinsvorsitzende: „Ich glaube, wir stehen da am Anfang einer sehr fruchtbaren Zusammenarbeit.“
Begonnen hatte alles mit einer Idee des Schulleiters. „Meinen ersten Kaba habe ich aus einer Hahn-und-Henne-Tasse geschlürft“, schmunzelt der aus dem Schwäbischen Stammende, „von daher war das ein ganz witziger Zufall, dass ich hier gelandet bin mit meiner ersten Stelle als Lehrer, etwa 15 Jahre ist das jetzt schon her.“ Das Motiv ´Hahn und Henne´ habe ihn von jeher fasziniert und sei für ihn untrennbar mit Zell verwoben, seit er die Stadt kenne, erzählt Matthias Demmel, Zell sei und bleibe für ihn die Hahn-und-Henne-Stadt.
So war es ihm angesichts der Schließung der Zeller Keramikfabrik ein Anliegen, im Rahmen der in diesem Jahr zum neunten Mal am SBBZ stattfindenden Kunsttage „ein Zeichen zu setzen dafür, dass »Hahn und Henne« noch nicht weg sind.“ Jenes berühmte Dekor also, das Obermaler Karl Schöner anno 1898 anlässlich der Geburt einer seiner Töchter erfand und an dem die Stadt Zell im Zuge der Fabrikinsolvenz die Rechte erworben hat.
Original-Gipsformen aus Fabrikbestand
Dank der Unterstützung unter anderem durch den Zeller Hauptamtsleiter Ulrich Reich kam Matthias Demmel an je eine Gipsform aus Fabrikbestand, zum Gießen eines Hahns und einer Henne. Mit dem Ziel, den Produktionsprozess mit seinen Schülern einmal nachempfinden zu können.
Die Kunsttage finden alle zwei Jahre am SBBZ in Zell statt und sind bewusst als Kooperationsprojekt angelegt. In diesem Jahr waren an der dreitägigen Aktion sieben Schulen beispielsweise auch aus Haslach und Steinach mit 110 Kindern vertreten. „Das Gießen habe ich schwerpunktmäßig mit Schülern aus meiner Schule gemacht, mit einer Projektgruppe von acht bis zehn Teilnehmern“, berichtet der Rektor, „das ist ja hoch spannend, wie so eine Gießform funktioniert – wie der Gips der flüssigen Tonmasse Wasser entzieht und sich in der Form eine Tonwand bildet. Der flüssige Überschuss wird nach einer gewissen Standzeit abgegossen.“ Ein technischer Prozess, der überaus faszinierend, jedoch alles andere als einfach sei.
„Das war learning by doing“, lacht Mathias Demmel, was man an einem der Hähne sehe: Da sitzt der abnehmbare Kopf samt Hals nicht ganz bündig auf dem Körper auf. „Das richtig hinzukriegen, ist eine unglaubliche Herausforderung“, nicht umsonst handele es sich hier um einen Handwerksberuf, für den man sehr lange üben müsse. Alleine die Schwindung der Tonmasse durch den Wasserverlust „ist eine ganz große Herausforderung gewesen, damit das dann aufeinandersitzt.“
Sehr zeitaufwändig
Die Kinder haben auch selbst die Tonmasse in die Form gegossen und den angetrockneten Ton dann später aus der Form gelöst. „Aber das ist natürlich ein Prozess, den man anleiten muss: Man muss schon wissen, wie man das macht, und man muss Geduld mitbringen“, betont der Herzblut-Pädagoge, „das Ganze hat konkret mit der Arbeit zu tun, die wir am SBBZ Technik-Unterricht nennen.“
Dem Ausformen schloss sich das Entfernen und Glätten der Grate an. „Bis so ein Huhn als Rohling fertig ist – zur Veranschaulichung hockt ein solcher Rohling in einer der Vitrinen unbemalt im Korb – stecken mindestens acht Stunden Arbeit drin“, verdeutlicht Matthias Demmel vor dem Hintergrund, dass er nur je eine Form zur Verfügung hatte und daher nicht mehrere Figuren auf einmal gegossen werden konnten. „Aber ich finde, da hat sich jede Minute gelohnt, wenn man das Ergebnis sieht“, freut er sich, „ich bin total begeistert.“
Gebrannt wurden die getrockneten Figuren im schuleigenen Brennofen. Diesen Prozess überwacht hat ebenfalls er selbst. Doch mit Ina Godd befindet sich eine Keramikmeisterin mit im Boot, die das SBBZ über ein Kooperationsprojekt zur beruflichen Orientierung das Schuljahr über begleitet und ihm bei Fragen stets als Ansprechpartnerin zur Verfügung steht.
Vom Anblick der gebrannten Objekte seien die Kinder fasziniert gewesen, erinnert sich Matthias Demmel. Im Trockenregal des Keramikraums im SBBZ „saßen die Figuren wie Hühner auf der Stange, das war auch für mich ein wunderschönes Bild.“
Bekannt wie ein buntes Huhn
Dem Bemalen haben sich die Kinder einerseits mit Respekt vor den so aufwändig hergestellten Figuren gewidmet und andererseits „mit unglaublich viel Kreativität.“ Wobei dem Schulleiter mit Solveigh Petersen eine weitere Fachfrau zur Seite stand, indem sie die Farbgestaltung übernahm.
Matthias Demmel: „Dabei haben wir uns am Stil der Nanafiguren von Niki de Saint Phalle orientiert und das Motto »Bekannt wie ein buntes Huhn« genannt. Damit den Kindern klar ist: Zell am Harmersbach ohne Hahn und Henne – das geht gar nicht.“
Zunächst machte die Kunstlehrerin im Ruhestand mit den Kindern eine Art Plan, nach dem sie sich zunächst ausprobieren konnten, bevor sie die Keramik dann mit Acrylfarben bemalten. Total versunken seien die Kinder in ihrem Tun gewesen, so der Rektor, „und auch das gegenseitige Sich-Unterstützen war natürlich etwas sehr Wertvolles.“
15 Hühner und vier Hähne sind während der Kunsttage im Zeller SBBZ entstanden, zwei von ihnen haben die Zeller SBBZ-Schülerinnen Alisa und Johanna gestaltet. Alle Figuren sind die gesamten Sommerferien über im Foyer des Rundofens ausgestellt. „Ein Glücksgriff“, dankt Matthias Demmel dem Rundofen-Förderverein, der sich seinerseits darüber freut, die besonderen Werke so lange zeigen zu können.