Mit der Einweihungsfeier wurde das sanierte und erweiterte Rathaus feierlich seiner Bestimmung übergeben. Architekt Jürgen Strolz: „Entstanden ist ein zukunftsfähiges Ensemble, dass sich selbstbewusst in den Stadtkern einfügt.“
Der gestrige Sonntag war ein geschichtsträchtiger Festtag für die Stadt Zell am Harmersbach. Bei strahlendem Sonnenschein marschierte die Freiwillige Bürgerwehr mit dem klingenden Spiel des Spielmannszugs vor dem sanierten und erweiterten Rathaus auf und eröffnete damit die Einweihungsfeier, mit der das neue Gebäudeensemble offiziell seiner Bestimmung übergeben werden konnte.
„Die Bürgerwehr steht für den Schutz von unserem Hab und Gut“, begrüßte Bürgermeister Günter Pfundstein erstmals wieder von der Rathaustreppe aus die Formationen. Gemeinsam mit zahlreichen Ehrengästen und einer Reihe von interessierten Bürgerinnen und Bürgern freute er sich über den Aufmarsch unter dem Kommando von Kommandant Andreas Lehmann, der mit einem krachenden Salutschuss seinen abschließenden Höhepunkt fand.
Festakt im neuen Rathaussaal
Groß war die Zahl der Ehrengäste, die Bürgermeister Günter Pfundstein bei der Einweihungsfeier im neuen Rathaussaal begrüßen konnte. Allen voran freute er sich über das Kommen der Landes-Justizministerin und Zeller Mitbürgerin Marion Gentges. Der Bundestagsabgeordnete Martin Gassner-Herz, Bürgermeister a.D. und Ehrenbürger Hans-Martin Moll, Ortsvorsteher, Stadt- und Ortschaftsräte, Bürgermeister Jonas Breig, Architekt Jürgen Strolz, Vertreter der am Bau beteiligten Unternehmen sowie des öffentlichen Lebens nahmen an der Feierstunde teil.
Ein herzliches Willkommen galt Marc Petrement und der Delegation der Partnerstadt Baume-les-Dames sowie Bürgermeister-Stellvertreter Gerd Köhler aus Frauenstein.
Ein Glücksfall der Stadtgeschichte
„Wer noch fehlt ist in jedem Fall Herr Meier“, stellte Bürgermeister Pfundstein bei seiner Ansprache in den Raum und klärte auch gleich auf. Gemeint sei der direkte Nachbar des Rathauses, Herr Hubert Meier, dessen „Ja“ zum Verkauf seines Wohn- und Geschäftshauses letztlich ein Glücksfall der Stadtgeschichte sei. Aus Altersgründen habe Herr Meier seine Metzgerei aufgegeben und mit dem Verkauf Platz für die Rathauserweiterung gemacht.
Die bereits geplante Unterbringung von Teilen der Stadtverwaltung und auch des Rat haussaals im Untertorgebäude konnte rückabgewickelt werden. Dies habe der Stadt Zell unterm Strich viel Geld gespart, zeigte sich Bürgermeister Pfundstein überzeugt. Die Vorteile, die die Unterbringung der Stadtverwaltung bietet, seien unbezahlbar.
Insgesamt 10,5 Millionen Euro investiert
In seiner Ansprache ließ Bürgermeister Pfundstein die Meilensteine der Rathaussanierung nochmals Revue passieren. Insgesamt wurden in das Projekt 10,5 Millionen Euro investiert. Rund vier Millionen Euro hat die Stadt aus Mitteln der Städtebauförderung erhalten. Eine Tafel, die diese Unterstützung dokumentiert, wird am Rathaus angebracht.
„Das Ergebnis ist eine wahre Meisterleistung“, zeigte sich Bürgermeister Pfundstein stolz. Sein Dank galt allen, die zum Gelingen beigetragen haben. Es seien weitestgehend Fach firmen aus der Region gewesen, die mit Ehrgeiz und Können das Projekt realisiert haben.
Am Ende seiner Ansprache zitierte Bürgermeister Pfundstein Grußworte der Straßburger Oberbürgermeisterin Jeanne Barseghian. Die Stadt Straßburg gehörte vor rund 500 Jahren zu den Spendern der Wappenscheiben, die nun den neuen Zeller Rathaussaal zieren. Der Eurodistrikt Straßburg-Ortenau bilde heute einen gemeinsamen Lebensraum. Die Wappenscheiben wertete die Oberbürgermeisterin als Zeichen der Solidarität und das Rathaus als Sitz des demokratischen Lebens.
Mehr als der Sitz der Stadtverwaltung
„Das Rathaus ist ein besonderes Gebäude und viel mehr als der Sitz der Stadtverwaltung“, betonte Marion Gentges in ihrem Grußwort. Sie überbrachte als Zeller Mitbürgerin ganz persönlich ihre Glückwünsche und gleichzeitig als die Justizministerin des Landes Baden- Württemberg. Das Rathaus stehe als Symbol für die Gemeinschaft und das Zusammenleben der Bürgerschaft und damit für die Demokratie.
Ministerin Gentges erinnerte an die Unterzeichnung des Grundgesetzes vor 75 Jahren, das heute das Fundament unserer Gesellschaft und Demokratie bilde. Bedauerlicherweise seien heute viele Bürger mit der Demokratie nicht mehr zufrieden. Eine große Gefahr bestehe darin, dass es zu selbstverständlich genommen werde. Gleichzeitig müssten Probleme, vor denen die Gesellschaft steht, sowohl von der großen Politik als auch von jedem Einzelnen gelöst werden. Ein wichtiger Beitrag dazu sieht Ministerin Gentges in der ehrenamtlichen Arbeit, die von den gewählten Ratsmitgliedern im Rathaussaal geleistet werde. Dies trage viel zur Wahrung der Demokratie bei.
Kein klischeehafter Nachbau historischer Bauwerke
Sowohl Architekt Jürgen Strolz als auch Stadtbaumeister Tobias Hoffmann ließen in ihren Ansprachen die Erweiterung und Sanierung des Zeller Rathauses Revue passieren. Architekt Strolz machte die Herausforderung deutlich, die ein Neubau in der in großen Teilen intakten Altstadt mit sich gebracht hat. Der Erweiterungsbau sollte kein klischeehafter Nachbau historischer Bauwerke werden. Stattdessen habe man das Bauvolumen des ehemaligen Metzgereigebäudes aufgegriffen und die äußere Erscheinung dem historischen Rathaus angepasst.
Entstanden ist ein repräsentatives Entrée, dass den Neubau und den Altbau miteinander verbindet. Die Büroräume seien flexibel konzipiert, so dass sie künftigen Veränderungen angepasst werden können. Die Überraschungen, die während der Sanierung aufgetaucht sind, konnten bewältigt werden. Insgesamt mussten für das Bauprojekt 40 Vergabeverfahren durchgeführt werden. „Je Kubikmeter Raum ein Kubikmeter Papier“, machte Architekt Strolz den bürokratischen Aufwand deutlich.
Er bedankte sich bei der Stadt Zell, dass das Grundkonzept des Realisierungswettbewerbs nicht in Frage gestellt wurde. Dies wertete er als großes Vertrauen in den Architekten. Entstanden sei ein zukunftsfähiges Ensemble, dass sich selbstbewusst in den Stadtkern einfügt.
Damit die Planungen erfolgreich umgesetzt werden konnten, seien über 200 Baustellentermine durchgeführt worden, berichtete Stadtbaumeister Tobias Hoffmann. Dazu gehörten auch die Abstimmungen mit den Denkmalbehörden und den Baubehörden des Ortenaukreises. Sein Dank galt allen Firmen, dem Planungsteam, dem Gemeinderat und Bürgermeister Günter Pfundstein.
Den kompletten Bericht und weitere Bilder finden Sie in der Print-Ausgabe der Schwarzwälder-Post.