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Zell am Harmersbach | 10.06.2024

„Gestaltet auf der Töpferscheibe“

Foto:
Interessiert: Zu jedem der Objekte beziehungsweise Ausstellungsgruppen finden Besucher schriftliche Informationen. Foto: Inka Kleinke-Bialy
von Inka Kleinke-Bialy

Bestens besucht war die Eröffnung der Keramik-Ausstellung Johann B. Schreibers. Emotionales und Spannendes im geschichtsträchtigen Rundofengebäude.

Foto: Inka Kleinke-Bialy
Bestens besucht: das Rundofen-Foyer anlässlich der Ausstellungseröffnung.
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Zusammengesetzt: Hier erklärt der Künstler, wie diese „Tulpen“-Plastik so unwahrscheinlich scheinend auf der Töpferscheibe entstehen konnte.
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Tief verbunden: Johann B. Schreiber mit seiner Frau Julia, „welche mich über Jahrzehnte, auch in meinem Leben für die Keramik, immer tatkräftig unterstützt.“
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Bereitwillig: Gerne kam Johann B. Schreiber (rechts) der Bitte seines Laudators Bertram Sandfuchs nach, bestimmte Aspekte seiner Arbeitsweise zu erklären.
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Zugewandt: Dieter Petri sprach im Namen der drei für die Aus stellung verantwortlichen Zeller Vereine.
Foto: Inka Kleinke-Bialy
Spannend: Bertram Sandfuchs mit der ältesten Darstellung von Zell am Harmersbach, aus dem Jahre 1735. Diese Lithografie hat Johann Schreiber in seiner zur Ausstellung neu aufgelegten Familien geschichte aufgenommen: Im Vordergrund der Abbau damals riesiger Lehmvorkommen auf der Winterseite, mit denen später auch die Schreiber´schen Hafner gearbeitet haben dürften, im Hintergrund einstige Ziegel-Hütten.
Foto: Inka Kleinke-Bialy
Begeistert und berührt: Das waren die Zuhörer der Freudentaler Alphornbläser ob der so besonderen Akustik im neugestalteten Rundofengebäude.

„Da werden nicht nur die Augen im Publikum, sondern sicher auch die des Künstlers feucht.“ Dies mutmaßte Zells Bürgermeister-Stellvertreter Hannes Grafmüller in seinem Grußwort, mit dem er sich am vergangenen Freitagabend an über 70 Anwesende im sanierten Rundofengebäude wandte.
Anlass war die Vernissage einer Ausstellung von Johann Baptist Schreiber, mit 100 seiner auf der Töpferscheibe entstandenen keramischen Schöpfungen. „Es soll wieder zusammen, was zusammen gehört“, formulierte Hannes Grafmüller. Und so sei das Industrie-Denkmal, in dem noch vor Jahrzehnten schweißtreibend Keramik gebrannt wurde, jetzt – in neuem Glanz erstrahlend – die Plattform für eine Ausstellung über das Spiel der Keramik mit dem Feuer.

Damit geht dem in der Schweiz lebenden Johann Schreiber, der aus einer alt eingesessenen Hafnerfamilie in seiner Geburtsstadt Zell stammt, ein lang gehegter Herzenswunsch in Erfüllung. Was die eingangs vermutete Emotionalität erklärt.

Hannes Grafmüller bekundete „wahre Freude“ darüber, wie das geschichtsträchtige Gebäude „gerne angenommen und wunderbar genutzt und bespielt wird.“ Letzteres im wahrsten Sinne des Wortes. Denn das über drei Stockwerke offene Foyer sorgte für eine beein druckende Akustik, wann immer die „Freudentaler Alphornbläser“ zur musikalischen Umrahmung der Veranstaltung aufspielten.

Kunst und Emotionen

„Kunst liegt immer im Auge des Betrachters“, betonte der Redner, und je mehr man über diese Kunst erfahre – über Hinter- und Beweggründe, über Arbeitsweisen und auch über die Zeit der Entstehung, „umso mehr öffnet sich uns die Sichtweise und verbindet Emotionen, damit steigt auch unsere Gunst für die Kunst.“

Die Ausstellung zeigt einen Ausschnitt von über Jahre hinweg auf der Töpferscheibe entstandenen Formen, die wechselnde Stilrichtungen behandeln, „welche mit der Oberflächengestaltung und der Auswahl der farblich abgestimmten Glasuren eine bewusste kunsthandwerkliche Einheit bilden – ein kreatives Handwerk mit unendlich vielen Gestaltungsmöglichkeiten unter Einbezug von keramischer Physik und Chemie.“

In vielen Ausstellungen bereits großen Anklang gefunden haben die Arbeiten des inzwischen 82-jährigen Künstlers, der sich in seinem Lebenswerk als Keramiker gestaltend mit bildsamer Erde respektive Ton auseinandersetzt. Die Ausstellung im Zeller Rundofen nun ist durch das Zusammenwirken dreier Vereine entstanden: der Fördervereine Rundofen sowie Zeller Kunstwege und des Historischen Ortsvereins. Ihnen dankte Hannes Grafmüller herzlich, verbunden mit der Bitte „weiter so mit solch guten Gemeinschaftsprojekten wie diesen.“

Ofen-Patina völlig unbedenklich

Im Namen besagter Vereine sprach Dieter Petri. Rebecca Steinbach vom Zeller Stadtmarketing dankte er für die städtische Unterstützung in punkto Aufstellung der Ausstellungsmöbel und dem sich an die Vernissage anschließenden Sekt empfang. Finanziert wurden die Möbel von den beiden Fördervereinen – mithilfe der vonseiten der Besucher des Rundofens eingegangenen Spendengelder. „Diese werden den beiden Vereinen zum Dank für ihre Aufsicht zur Verfügung gestellt.“
Daraufhin zeichnete Dieter Petri den Lebensweg Johann B. Schreibers nach. Im jugendlichen Alter verließ dieser Zell, ging als gelernter Keramiker in die Schweiz. Auf zwei Fachschulen „machte er seinen Meister“ und baute erfolgreich eine Firma auf, die Ofenkacheln und Baukeramik herstellt. Dabei blieb er seiner Geburtsstadt stets verbunden, brachte sich hier in Museumsveranstaltungen vergangener Jahre ebenso aktiv ein wie bei der Bestückung des Rundofens als Industriedenkmal.
Und „dank deiner Verbindungen zu einem Chemieprofessor an der Universität Lausanne bekamen wir ein Gutachten, dass der Belag, der sich über die Jahrzehnte hinweg beim Brennen an den Wänden und Decken des Rundofens gebildet hat, für die Besucher keine gesundheitliche Gefährdung darstellt und daher belassen werden kann“, betonte Dieter Petri zudem, an Johann Schreiber gewandt.

Faszinierende Farbspiele

Dessen Gattin Julia zollte er seine Anerkennung dafür, dass sie für des Zeller Sprösslings bleibende Verbundenheit mit der Geburtsstadt stets Verständnis zeigt. Und auch dem Künstler selbst dankte er: „Mit der Ausstellung von Schmuckstücken deiner kunstgewerblichen Arbeit krönst du deinen Einsatz für das Keramik-Image deiner Geburtsstadt Zell am Harmersbach.“
Die Laudatio hielt der Vorsitzende des Historischen Ortsvereins, Bertram Sandfuchs. Mithilfe von an die Wand geworfener Fotos zeichnete er anschaulich und lebendig und über sechs Generationen hinweg die Geschichte der Hafnerfamilie Schreiber nach, „die sich nie hat unterkriegen lassen, egal welche Schicksalsschläge sie ereilt hatten“ – wie beispielsweise der Stadtbrand anno 1904.

Im Anschluss vermittelte Bertram Sandfuchs eine Übersicht zu den Ausstellungsobjekten, „was mich persönlich fasziniert, ist unter anderem die Kunstfertigkeit changierender Farben.“ Johann Schreiber bedankte sich bei allen Anwesenden: „Damit ehren Sie nicht nur mein Keramikschaffen, sondern auch meinen verstorbenen Bruder Emil-Alexander als Ofensetzer-Meister und die fünf Generationen Schreiber vor uns beiden.“

Denn bereits elf weitere Schreibers hatten aus gebranntem und glasiertem Ton Alltagsgeschirre und Ofenkacheln hergestellt. Seit der Werkstattgründung hinter der damaligen Zeller Stadtmauer, in der Hinteren Kirchstraße anno 1795 durch meinen Ur-Ur-Ur-Onkel Ferdinand Schreiber“, befindet sich die Schreiber Keramik noch immer in Familienbesitz.

Mit einem Dank an die große Zahl aller an der Vorbereitung und Durchführung Beteiligten eröffnete der Keramik-Künstler schließlich die Ausstellung. Diese kann bis zum 07. Juli besucht werden: donnerstags und freitags 14 – 17 Uhr, sonntags 10 – 12 und 14 – 17 Uhr.

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Schlagworte:
Ausstellung, Kunst

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