Mit zwei neuen Sonderausstellungen öffnet die Villa Haiss am Internationalen Museumstag, 21. Mai, ihre Türen. Eine umfangreiche Retrospektive ist dem Kosovaren Ymer Shaqiri gewidmet. Ungewöhnliche Porträts kennzeichnen die Ausstellung von Lambert Maria Wintersberger.
Rund 60 kleinformatige Werke, »Perspektiven des Alltäglichen«, spiegeln die Biografie Ymer Shaqiris. Sein Leben war von Brüchen und Unwägbarkeiten geprägt. In ärmsten Verhältnissen im Kosovo aufgewachsen, schafft er ein Kunst-Studium. Seine künstlerische Arbeit wird durch die politische Lage in seiner Heimat immer schwieriger, sodass er 1996 nach Deutschland aufbricht. Nach einem völligen Neuanfang gewinnt er an Bekanntheit, ist auf verschiedenen Biennalen vertreten und erhält internationale Anerkennung. Im Jahre 2021 verstirbt Shaqiri völlig unerwartet bei einem Arbeitsaufenthalt in seiner Heimat bei Pristina. Der Kosovo würdigt ihn nun mit einer Reihe von Briefmarken, die seine Werke zeigen.
Diese führen immer wieder zu den Umständen, in denen er aufgewachsen ist. Rostige Nägel, verknotete Drähte, altes Blech, farbverschmierte Pinsel. Räume, die zu zerfallen drohen und doch in die Tiefe führen, undurchdringliche Mauern, die zu bröckeln scheinen. Ymer Shaqiris Bilder sind ausdrucksstark und plastisch. Durch die Verbindung grafischen Gestaltens mit Maltechniken erzeugt er ausgewogene Spannungsfelder.
Lambert Maria Wintersbergers »Porträts im Wandel« sind aufwühlend und manchmal erschreckend. Sie fordern den Betrachter heraus, verleiten zur Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk. Seine Porträts sind nicht schön, sondern eigenwillig und herausfordernd.
Wintersberger war in den 60er Jahren Gründungsmitglied der Produzentengalerie »Großgörschen 35« in Berlin. Er setzte sich kritisch mit der Gesellschaft, der Welt des Konsums und der damit verbunden künstlerischen Bewegung der Pop-Art auseinander. Sein Ruf als Pop-Art-Künstler hinderte ihn jedoch nicht daran, seine Themen und seinen Stil weiterzuentwickeln und zu verändern. Sein Stil wurde in den 70er Jahren naturalistischer. Er bildete jedoch nie die Realität ab, sondern malte mit starker subjektiver Betonung, teils mit expressiven Tendenzen.
So sind die Porträtierten verfremdet, haben verzogene Gesichter oder versetzte Gesichtsteile, wirken grotesk, mystisch. Sie setzen einen Kontrapunkt zur klassischen Porträtmalerei und dem modernen Schönheitsideal, das Perfektion verlangt, die nie erreicht werden kann.
Am Internationalen Museumstag, 21. Mai, ist das Villa Haiss Museum bei freiem Eintritt von 12 bis 19 Uhr geöffnet. Die Sonderausstellungen bleiben bis Ende 2023 installiert.