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Zell am Harmersbach | 2.11.2022

Franz Joseph Ritter von Buß – ein Mann der Kirche

Wiederaufbau des Stadtbrunnens mit der Büste des Ritter von Buß – Ein Anlass, um auf dessen Leben und Wirken zurückzublicken (Folge 3)

Foto:
Professor Buß im Alter von sechzig Jahren. Foto: Fotos/Archivfotos: Dieter Petri
von Dieter Petri

Zwar hat Franz Joseph Buß die ersten Lateinstunden von einem Pfarrer bekommen, aber seine religiöse Einstellung scheint davon nicht berührt worden zu sein. Zumindest hört sich seine Einstellung im Abiturs-Gedicht anders an. Da ist von der »Göttin der Weisheit« die Rede, der er sein Leben widmen wolle. Er glaubt, dass seine Zukunft unter einem guten Stern stehe und eine mythologische Parze sein Schicksal bestimme.

Foto: Fotos/Archivfotos: Dieter Petri
Das Wappen, das Buß für die Erhebung in den Adelsstand eingereicht hat, führte den lateinischen Spruch „Cruce mutuoque sacrificio reconciliandae“: Unter dem Kreuz und bei gegenseitigem Verzicht zur Wiedervereinigung. 1806 hatte der österreichische Regent Franz II. die Kaiserkrone für Deutschland niedergelegt. Dadurch waren zwei Staaten entstanden. Die Wiedervereinigung wäre nach Buß möglich gewesen, wenn sich beide auf ihre christliche Tradition besinnen und Verzicht leisten, nämlich Deutschland auf die Kaiserkrone und Österreich auf die Balkanländer.

1831 unterschreibt der Akademiker eine Petition an den badischen Landtag, dieser soll seinen Einfluss geltend machen, um den Zölibat der kath. Priester abzuschaffen. Als im Jahr darauf in Konstanz Geld zu einem Denkmal für Jan Hus gesammelt wird, beteiligt sich Buß an der Abfassung eines Flugblattes. Hus war 1415 vom Konstanzer Konzil als Ketzer verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Als Buß sich daher später in der Zweiten Kammer, in die er 1837 als Abgeordneter einzog, als kirchenfreundlich gab, wurde er von Liberalen an seine frühere Kirchenkritik erinnert. Vermutlich hat der Tod seiner ersten Frau im Jahr 1833 seine Einstellung verändert.

Dass Buß 1844 als Professor für Staatswissenschaft auch mit der Vorlesung über das Kirchenrecht betraut wurde, gibt es keine Proteste. Pikanter weise war diese Vorlesung dem Priester und Professor Heinrich Schreiber weggenommen worden, weil dieser seiner Zeit die Initiative gegen den Zölibat angeführt hatte. Die Qualifikation zu dieser Vorlesung hatte sich Buß mit der Promotion zum Doktor beider Rechte, des Staats- und des Kirchenrechts, erworben. Hansjakob, der als angehender Priester die Vorlesung über das Kirchenrecht besuchen musste, schrieb rückblickend, man habe bei Buß zwar nichts über das Kirchenrecht gelernt, aber die Vorlesung sei hoch interessant gewesen. Vermutlich hat Buß polemisiert.

Ebenfalls im Jahr 1844 veröffentlicht Buß anonym als Dr. Eremites eine Schrift, die für das Großherzogtum Baden eine Zulassung von Ordensschwestern in der Krankenpflege verlangt. Um der staatlichen Zensur zu entgehen, lässt er das Buch in Schaffhausen drucken. Nachdem die Klöster zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgelöst worden waren, suchte die liberale Regierung eine neuerliche Bildung von religiösen Ordensgemeinschaften zu unterbinden. Buß argumentierte, Baden sei kirchenkritischer als das revolutionäre Elsass, wo die »Barmherzigen Schwestern« die Kranken pflegen dürfen. Großherzog Leopold lenkte gegen seine Regierung ein und ließ die ersten Schwestern aus dem Elsass nach Freiburg kommen.

1845 ist Buß Mitbegründer einer »Süddeutschen Zeitung für Kirche und Staat«, die sich jedoch nur drei Jahre am Markt behaupten kann. Im Oktober 1848 wird Buß in Mainz zum Präsidenten des ersten Deutschen Katholikentags ausgerufen. Korrekt ging es um »Verhandlungen der ersten Versammlung des kath. Vereines Deutschlands«. Dass Buß an die Spitze gewählt wurde, war kein Zufall. Er hatte in der Erzdiözese Freiburg bei der Gründung mehrerer kath. Vereine mitgewirkt. Deren Ziel war die Selbstverwaltung der Kirche in ihren eigenen Angelegenheiten. Dass der Staat vorschreiben wollte, wie die Priester ausgebildet und wo sie eingesetzt wurden, kam einer Bevormundung gleich.
Im Anschluss an die Katholiken-Versammlung wurde Buß von der Deutschen Bischofskonferenz nach Würzburg eingeladen. Er bekam Gelegenheit, seine Idee von einer rein katholischen Universität in Freiburg vorzutragen. Selbst den Bischöfen scheint ein solches Vorhaben unrealistisch gewesen zu sein. Aus dem einstigen Kirchenkritiker war ein einseitiger kirchlicher Parteigänger geworden. Dabei war sein Doktorvater Prof Karl Theodor Welcker, der die akademische Leistung von Buß gegen Kollegen verteidigte, Protestant.

Noch weniger zum Ruhm gereicht Buß sein parlamentarisches Eintreten gegen die Gleichberechtigung der Juden. Bereits 1833 hat er sich in einer Schrift gegen deren Gleichstellung ausgesprochen. Sie kam dennoch, wenn auch erst 1862, rund drei Jahrzehnte später. In das Bild des kath. Eiferers passt auch sein Eintreten gegen die Duldung der Deutschkatholiken; so 1846 in einer Schrift und zusätzlich in der Badischen Kammer. Der ehemals kath. Pfarrer Johannes Ronge hatte sich 1844 gegen die Ausstellung des »Heiligen Rocks« in Trier ausgesprochen. Von der kath. Kirche deshalb ausgeschlossen, gründete er eine eigene Konfession. Weil diese nicht nur gegen die Reliquienvereherung war, sondern auch das Papsttum unnötig fand, nannte man die Anhänger »Deutschkatholiken«.
Die Leidenschaft, mit der Buß seine politischen und religiösen Anliegen vertrat, müssen auch seine Seele angegriffen haben. Jedenfalls versank er bisweilen in eine Depression, so 1866 nach der Schlacht der Preußen gegen die Österreicher. Damit war seine Lieblingsidee einer Wiedervereinigung Deutschlands und Österreichs gestorben. Buß war drei Jahre zuvor vom österreichischen Kaiser zum Ritter erhoben worden. Der Wappenspruch hatte eben diese Wieder­vereinigung zum Programm erhoben.

Wer Buß gerecht werden will, muss seine Stärken und seine Schwächen gleichermaßen festhalten.

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