Am Samstag, 14. August und am Sonntag 15, August feiert die größte Marienkirche Badens, Maria zu den Ketten, ihr Patrozinium und damit ihren höchsten Feiertag.
Seit Jahrhunderten kommen an diesem hohen Festtag Wallfahrer aus dem ganzen Land nach Zell, in früheren Jahrhunderten waren sie bisweilen Wochen zu Fuß unterwegs. 40.000 Pilger und Hilfesuchende besuchen im Jahr die berühmte Marienkirche, um ihre Sorgen zur Gottesmutter zu tragen. Viele Wallfahrer kommen auch, um ihre erkrankten Augen mit dem Wasser aus dem Gnadenbrunnen zu benetzen und Maria um Hilfe zu bitten.
Andere schreiben ihre Anliegen in der Kerzenkapelle nieder und bitten Maria um Beistand. Bis in die 60-er Jahre, als Mariä Himmelfahrt noch ein staatlich gesetzlicher Feiertag war, kamen Busse aus ganz Baden und sogar aus dem Elsass, um den Festtag mitzufeiern. Leider ist dieser staatliche Feiertag nach dem Zusammenschluss von Baden und Württemberg gestrichen worden. Nur Bayern und dem Saarland ist dieser Feiertag als Privileg geblieben.
Meist ist die Kirche gerade an dem höchsten Marienfesttag bei den Gottesdiensten und Prozessionen überfüllt. Im Klosterhof waren Beichtstühle aufgestellt, vor denen sich lange Schlangen bildeten für eilige Sünder. Andere, die keinen Platz mehr in den Wirtschaften und Herbergen bekamen, schliefen nachts in den Kirchenbänken. Mit dem geweihten Kräuterbüschel zum Schutz der Gottesmutter für ihre Familie, Haus und Feld machten sich die Wallfahrer wieder am nächsten Tag auf den Heimweg.
Die Kapuziner als Hüter der Zeller Wallfahrtskirche freuen sich auf diesen ganz besonderen Tag. Letztes Jahr konnten sie den Festtag wegen Corona nur unter gewaltigen Einschränkungen zusammen mit den Pilgern begehen. Masken auch im Freien, keine Prozessionen, keine der altherbrachten Marien-Lieder. Das Corona-Virus bestimmte den Ablauf. So sind bis heute die Abstände zwischen den Gottesdienstteilnehmern exakt festgelegt, ebenso die Ausgangs- und Eingangswege in und um die Kirche. Ordner werden postiert sein. »Wir müssen auf strikte Einhaltung aller Vorschriften zur Eindämmung des Corona-Virus achten«, sagt Bruder Berthold Oehler, Leiter der Wallfahrtskirche, »das ist unerlässlich zum Schutz aller Kirchenbesucher.«
Bedingt durch die Abstandsregeln, können an den Gottesdiensten in der Kirche nur 100 Besucher teilnehmen. Reservierungen gibt es keine. Sind die 100 Plätze besetzt, können die Besucher draußen auf dem Kirchenvorplatz aufgestellten Bänken einen Platz suchen – ebenfalls mit 1,50 Meter Abstand zum Nachbar. In der Kirche besteht Maskenpflicht.
Lichterprozession am Vorabend
Alle freuen sich, dass die traditionelle Lichterprozession am Vorabend um 21 Uhr rund um die Wallfahrtskirche wieder stattfindet. Für die Musik- und Trachtenkapelle Unterharmersbach ist es Ehrensache die Prozession musikalisch zu umrahmen. Das ist für die Prozessionsteilnehmer eine beeindruckende Einstimmung auf den großen Festtag, wenn das Licht der Kerzen die anbrechende Dunkelheit durchbricht. Ein kleiner Wermutstropfen: Auch im Freien gelten die Abstandsregeln zum Schutz gegen Ansteckungen.
Alle Gottesdienste werden nach draußen übertragen, damit auch die Pilger, die keinen Platz mehr in der Kirche bekamen, den Gottesdienst mitfeiern können. Um 7.30 Uhr, um 11 Uhr und 19 Uhr finden Eucharistiefeiern mit Predigt statt. Das festliche Hochamt am Patrozinium, 15. August., 9.30 Uhr, wird der Kirchenchor Zell a. H. umrahmen. Zwischen den Gottesdiensten besteht Gelegenheit zur Beichte. Die Festpredigt hält Kapuziner Bruder Thomas Schied vom Kloster Stühlingen. Am Ende der Gottesdienstes werden in und vor der Kirche die Kräuterbüschel gesegnet.
Austausch und Stärkung im Klosterhof
In diesem Jahr darf die alte Tradition wieder aufleben, dass die volksverbundenen Kapuziner nach dem Hochamt sich zum Austausch und zur Stärkung mit den Pilgern im Klosterhof treffen. Bruder Konrad, ein Meister seines Faches steht am Grill, die Ministranten schenken die Getränke aus und ehrenamtliche Helferinnen servieren Kaffee und Kuchen.
Zwischen den Gottesdiensten besteht den ganzen Tag Gelegenheit zur Beichte. Um 14.30 Uhr wird nach alter Tradition der Rosenkranz gebetet. Um 15 Uhr wird die Schlussandacht von Pater Pius gehalten. Wallfahrtseelsorger Bruder Berthold: »Gemeinsam wollen wir die Gottesmutter bitten, dass sie uns vor dem Corona-Virus beschützt und diese schlimme Zeit bald zu Ende gehen lässt.«
Gnadenbild mit Maria und dem Jesuskind
Besonders festlich geschmückt ist an Mariä Himmelfahrt der Hochaltar. Er wurde im Baustil der Gotik (1250 bis 1530) errichtet. Im Mittelpunkt des Altaraufbaues befindet sich das Gnadenbild, mit Maria und dem Jesuskind auf dem Schoß. In ihrer rechten Hand trägt Maria das Zepter als Herrscherin, während Jesus als Königssohn den Erdball in seiner Hand hält. Das aus Lindenholz geschnitzte Gnadenbild ist noch älter als die Kirche selbst. Es stammt aus der Zeit der Romanik (950 bis 1200). Zur Zeit der Gotik wurde die Gottesmutter immer stehend (auch in Zell) dargestellt.
Festprediger Bruder Thomas Schied
Auf Zell und die Wallfahrtskirche »Maria zu den Ketten« freut sich der diesjährige Festprediger an Mariä Himmelfahrt Bruder Thomas M. Schied, Jahrgang 1972 aus Bruchweiler-Bärenbach in der Pfalz.
Der Kapuziner zählt zu den bekannten Predigern am Hochrhein. Mit seiner volkstümlichen, bildhaften Sprache zeigt er den Menschen den Weg zu Gott und der Gottesmutter. Bruder Thomas lebt seit August 2020 im »Kloster zum Mitleben« in Stühlingen/Südbaden. Als Priester und geistlicher Begleiter steht er gerne für seelsorgerliche Gespräche und geistliche Begleitung zur Verfügung. Künftig begleitet er junge Männer, die Kapuziner werden wollen.
Die Klostergemeinschaft in Stühlingen besteht aus zwei Franziskanerinnen (von Reute) und vier Kapuzinerbrüdern. In Stühlingen können Frauen und Männer, unabhängig von ihrer Konfession, für einige Tage mitleben, mitbeten und mitarbeiten (www.kloster-stuehlingen.de).