Als mächtig stark und muskulös galt er. Denn ein Schmied musste Arbeitsgeräte für die Bauern und Handwerker aus hartem Metall herstellen. Der Umgang mit dem Feuer in der dunklen Werkstatt faszinierte die Menschen. Im Volksglauben schrieb man in vielen Sagen und Geschichten dem Schmied sogar übersinnliche Kräfte zu. Manche meinten sogar er habe es mit dem Teufel zu tun. Schließlich war der Schmied der Meister der vier Elemente, mit denen er bei seiner Arbeit zu tun hatte. Aus der Erde kam das Material, das er bearbeitete. Mit Luft aus dem Blasebalg brachte er es zum Glühen und im Wasser härtete er es. Mit Hilfe von Esse, Amboss und Hammer wurde er zum Herr des Feuers und zum Bezwinger von Eisen und Stahl.
Der Beruf des Schmiedes hat sich über die Jahrhunderte stark gewandelt. Seit dem 19. Jahrhundert schritt die Industrialisierung unaufhaltsam voran. Mit Maschinenkraft werden heute in hoher Stückzahl die Geräte für die Bauern und Bürger produziert, die der Schmied bisher in harter Handarbeit gefertigt hatte. 1989 wurden die Schmiede und Schlosser zum Berufsbild Metallbauer mit verschiedenen Fachrichtungen zusammengefasst. Damit war der Schmied, wie man ihn von alters her kannte, als Beruf verschwunden.
Einer, der immer noch zwei Eisen im Feuer hat, ist Xaver Riehle aus Unterharmersbach. Er beherrscht noch die alt überlieferte Schmiedekunst und hat zugleich dem Meistertitel Metallbauer Fachrichtung Konstruktionstechnik erworben. Er ist noch der einzige Schmied im Tal. Er steht bereits in der vierten Generation und wird wie seine Vorfahren im Volksmund der »Riehle Schmied« genannt. Wo einst 1881 vor 140 Jahren (ein Jubiläumsjahr!) durch Xaver Riehle der Erste als Stammvater in einem bescheidenen Anbau als Werkstatt alles begann, stehen heute zwei riesige Hallen, in denen Treppen, Geländer, Regale, Türen und Tore gebaut werden.
Schon als kleiner Bub war Xaver Riehle jeden Tag in der Werkstatt. Er hörte dem Hammerschlag auf dem Amboss zu und staunte, wie sich unter den Hammerschlägen des Vaters das glühende Eisen und der Stahl in Pflüge, Schaufeln, Reifenbänder, Leiterspitzen verwandelten. Schon damals mit vier Jahren war es für ihn unumstößlich klar, dass auch er Schmied werden würde. Sein Wunsch wurde erfüllt. Mit zehn Jahren durfte er schon mithelfen. Die Werkstatt am Samstagvormittag aufräumen, war zunächst seine Arbeit, für die es vom Vater 5 DM gab. So etwas vergisst man nicht, denn das war damals noch viel Geld.
Als Zuschläger beim Schmieden mitgeholfen
Richtig stolz war Xaver, als er im Alter von 13 Jahren als Zuschläger beim Schmieden mithelfen durfte. Während sein Vater das Metall mit dem Schmiedehammer bearbeitete und formte, schlug er als Zuschläger abwechselnd mit dem Vorschlaghammer auf die bearbeitete Fläche, um das Schmiedestück zu formen. Xaver Riehle: »Eine anstrengende Arbeit, bei der man teuflisch aufpassen musste, im Takt zu bleiben und vor allem nicht neben die bearbeitete Stelle zu schlagen. Klappte es nicht, rief mein Vater: »Jetzt isch’s passiert!« und die ganze Arbeit begann von Neuem. Und das war kein Vergnügen. Die Schmiedeanfangstemperatur liegt beim Schmieden bei strohgelbem Feuer bei 1280 Grad. Die Endtemperatur beträgt bei dunkel-kirschrotem Feuerschein immer noch 780 Grad. Xaver Riehle erzählt: »Wir waren beide total erschöpft. Mein Vater mit rußgeschwärztem Gesicht zog sein nasses Hemd aus, so hatte er geschwitzt.«
Lehr- und Gesellenzeit absolvierte Xaver Riehle im elterlichen Betrieb unter der Anleitung seines Vaters, den er sehr bewunderte, weil er schwierigste Aufträge und jede Herausforderung annahm. Ab 1992 besuchte Xaver Riehle die Meisterschule in Göppingen und im Juni 1993 legte er dort vor der Handwerkskammer die Meisterprüfung ab. Sein Meisterstück war ein Gartentor, das er mit moderner Metallbauer-CAD-Konstruktionstechnik und mit Hilfe des Amboss nach alter Väter Sitte gefertigt hatte. Gemeinsam erweiterten Vater und Sohn 1974 und 1994 die Dorfschmiede durch zwei neue Hallen mit Kranbahn zu einem Metallbauunternehmen mit einem Kundenkreis, der ganz Baden umfasst. Das Unternehmen florierte und erarbeitete sich einen ausgezeichneten Ruf. Bis im hohen Alter von 89 Jahren arbeitete der Vater mit im Betrieb und Arbeit gab es immer. 2006 erfolgte die Geschäftsübergabe an Xaver und Melanie Riehle, die nun das Büro leitet und für einen reibungslosen Ablauf im Betrieb und mit den Kunden sorgt. Das Auftragsbuch ist voll und die sechs Mitarbeiter sind voll bei der Sache. Xaver Riehle hat dickes Lob für sie: »Auf meine Leute kann ich mich verlassen.«
Freundschaft mit Künstler Armin Göhringer
Eine Freundschaft mit dem berühmten Nordracher Künstler Armin Göhringer hat Xaver Riehle neue Wege zur Kunst eröffnet. Wer am Betrieb vorbeikommt, sieht von weitem schon große Metallschilder mit der Aufschrift in verschnörkelten aus den Metallplatten herausgetrennten Buchstaben »Riehle Metallbau.« Armin Göhringer hat das Modell entworfen und Xaver Riehle alle Teile in der geplanten Größe 1:1 gezeichnet. Mit Laser werden die Buchstaben herausgetrennt. Auch Rahmen und Einfassungen von Göhringer-Kunstwerken gehören zum Arbeitsfeld.
Xaver Riehle strahlt: »Diese Arbeiten mache ich gerne, sie sind für mich eine andere Welt. Die Arbeit erfordert Kraft, Präzision und gleichzeitig Feingefühl, denn
Eisen ist ein unwilliger Werkstoff. Schmiede haben in allen Stilepochen ihre Spuren hinterlassen und ich fühle mich dieser Tradition verpflichtet.«
Info
Schmied ist einer der ältesten Berufe. Im Alten Testament ist im Buch Genesis beschrieben, dass »Tubal-Kain« ein »Hämmerer ist, der Eisen und Bronze formt.« Tubal Kain ist ein Enkel von Kain, der seinen Bruder Abel erschlug. Er steht mit seinem Beruf ganz am Anfang der biblischen Menschheitsgeschichte, an siebter Stelle im Stammbaum von Adam und Eva. In der germanischen Schöpfungsgeschichte wurde die Schmiede von den Göttern vor der Erschaffung des Menschen eingerichtet, damit er gleich arbeiten konnte. Fakt ist, dass es seit dem Beginn der Eisenherstellung durch das Volk der Hethiter vor etwa 3800 Jahren und in Mitteleuropa seit der Eisenzeit vor etwa 2800 Jahren Schmiede gibt.