Es besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der üblichen modernen elektronischen Kommunikation und der berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwälte.
Einerseits bringt die elektronische Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant besondere Risiken mit sich. Andererseits wünschen sich viele Mandanten eine unkomplizierte und schnelle Kommunikation.
Lange Zeit bestand Unsicherheit über die Frage, ob der Anwalt mit dem Mandanten ausschließlich verschlüsselt kommunizieren darf, ob eine sogenannte Transportverschlüsselung ausreicht oder eine sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung notwendig ist. Zum 1. Januar 2020 ist nunmehr eine Änderung der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) wirksam geworden, die gewisse Erleichterungen mit sich bringt.
Die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer hatte zuvor durch Beschluss vom 6. Mai 2019 die Berufsordnung der Rechtsanwälte ergänzt (§ 2 BORA) und wichtige Klarstellungen zur Wahrung der Verschwiegenheitspflicht bei der E-Mail-Kommunikation zwischen Anwälten und ihren Mandanten vorgenommen.
Grundsätzlich muss der Mandant seine Zustimmung erteilen, dass auf elektronischem Wege kommuniziert werden darf. Nach der Neuregelung ist von einer Zustimmung auszugehen, wenn der Mandant diesen Kommunikationsweg vorschlägt oder beginnt und ihn, nachdem der Rechtsanwalt zumindest pauschal und ohne technische Details auf die Risiken hingewiesen hat, fortsetzt. Eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung besteht übrigens auch nicht beim neu eingerichtet elektronischen Anwaltspostfach für die elektronische Kommunikation zwischen Anwälten und Gerichten.
Dagegen richtete sich eine Klage, die von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) koordiniert war. Die Klage wurde abgewiesen. Der Anwaltsgerichtshof Berlin hat mit Urteil vom 14.11.2019 entschieden, dass eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung beim besonderen elektronischen Anwaltspostfach nicht notwendig sei. Die Sicherheitsarchitektur soll nach Ansicht des Gerichts auch ohne eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung den rechtlichen Anforderungen genügen. Demnach sei Sicherheit nur als relativer Zustand der Gefahrenfreiheit zu verstehen und bedeute Freiheit von unvertretbaren Risiken.
Michael Hug
Rechtsanwalt, Zell a. H.