Der Veranstaltungskalender einer Landgemeinde lebt vom Mitmachen. So ist das auch in Bottenau, einem Ortsteil von Oberkirch. Schon im Kindergartenalter wird der Nachwuchs an das Vereinsleben herangeführt. Neubürger sind im Kreis der Eingesessenen willkommen. Zu den Höhepunkten im Jahresverlauf zählt das Maibaumstellen in den letzten Apriltagen.
Um dem Ortsvorsteher das leidige Suchen einer Maibaumkommission zu ersparen, haben die Renchtäler Schlepperfreunde anlässlich ihres zehnjährigen Vereinsjubiläums beschlossen, künftig in Eigenregie für den Maibaum zu sorgen. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Gemeinde und Schlepperfreunden kommt nicht von ungefähr.
Schließlich haben sich Vorstand Josef Brandstetter und seine Leute das Thema »Brauchtumspflege« auf die Fahne geschrieben. Im Gegenzug bekommt der Verein alle drei Jahre zum Schleppertreffen den Festplatz zur Verfügung gestellt. Zu den Aufgaben der Schlepperfreunde gehören die Auswahl, das Schlagen, Entasten, der Transport, das Entrinden, Schmücken und Aufstellen des Baumes. Während eine Gruppe mit dem Entrinden beschäftigt ist, bindet eine weitere den Kranz, eine dritte stellt das vereinseigene Festzelt auf und eine vierte organisiert bei der Brauerei Zeltmobiliar und Getränke. Für den 30. April ist das Maibaumstellen mit allen Begleitarbeiten ein Fulltimejob. Vom Arbeitsbeginn bis der Baum steht ist die Fällgruppe zehn Stunden auf den Beinen. Schon am Vortag begibt man sich in den Gemeindewald, um nach geeigneten Bäumen Ausschau zu halten. Wieso Bäume, einer reicht doch?! Für den Fall, dass trotz angemessener Sorgfalt ein Baum zu Bruch geht, muss es noch eine zweite oder dritte Wahl geben. Der Maibaum ist der Stolz der Gemeinde. Gerader Wuchs bei einer Länge von 20 Metern… so sieht das Idealbild eines Bottenauer Maibaums aus.
Alle Jahre wieder
Man schreibt den 30. April, 8.30 Uhr. Drei Schlepper mit Seilwinden und Frontlader, dazu zehn Vereinsmitglieder haben sich beim Festplatz eingefunden. Mit kurzen Worten gibt Vorstand Sepp Brandstetter den Standort des Baumes bekannt. Zwei Schlepper mit Einachsanhänger wären für diesen Einsatz ausreichend. Der dritte Schlepper dient der Sicherheit, denn es sind schwierige Manöver zu erwarten. Auf dem ersten Anhänger ist eine Holzkonstruktion mit Mulde zur Aufnahme des Maibaumstammes montiert. Man stelle sich einen robusten Holzbock mit Drehschemel vor. Der zweite Anhänger übernimmt das Arbeitsgeschirr. Das sind Kettensägen, Spannketten, Wendehaken, Gurtelemente und eine Umlenkrolle für schwierige Rückemanöver. Die Baumfäller machen sich auf den Weg. Am Einsatzort wird der Baum vorgestellt und die Vorgehensweise besprochen. Der Maibaum sollte möglichst schonend gefällt und transportiert werden. Zwei Schlepper kommen zum Einsatz. Ein roter Güldner Baujahr 1964 mit Ritter-Dreipunktwinde zieht per Seil am Stamm, um den Baum zu Fall zu bringen. Um den Baum beim Fällen nicht übermäßig zu strapazieren, wird der Fall über die Winde eines Steyr-Schleppers aus der Gegenrichtung gebremst. Der Güldner zieht, der Steyr lässt das Seil dosiert von der Winde. Minuten später setzt Vereinsvorstand Brandstetter die Kettensäge an, um den Fallkeil anzubringen. Die Äste im unteren Bereich mildern den Aufprall, so dass Krone und Stamm vom Schlimmsten verschont bleiben. Bagatellschäden werden erst beim Entasten sichtbar. Flinke Hände befreien den Stamm von seinem Astwerk. Zurück bleibt die Krone. Das Zierreisig wird zur Familie Busam nach Hause verbracht, um dort von einer weiteren Gruppe zu einem Kranz gebunden zu werden. Zwischenzeitlich ist man im Wald damit beschäftigt den Maibaum auf den Abfuhrweg vorzuliefern. Die Problematik besteht darin, die ausladende Krone zwischen den Bäumen hindurchzujonglieren. Zugseile werden über hoch positionierte Umlenkrollen geführt, um den Baum während der Manöver möglichst vom Boden anzuheben. Mit der Verladung des Baumes ist eine weitere Hürde des kräftezehrenden Tagwerks genommen.
Nächster Halt: Weingut Bähr
Gerader Wuchs, 21 Meter lang und eine prächtige Krone, damit kann man sich im Dorf sehen lassen. Bis zum Rathaus sind es noch drei Kilometer. Nächste Station für den Geleitzug ist das Weingut Bähr. Dort wird der Maibaum unterhalb der Krone von der Rinde befreit. Eine optische Aufwertung. Die Familie Bähr hält für die Helfer ein Mittagessen bereit. Derweil ist man bei den Busams mit dem Kranzbinden beschäftigt. Das bei der Entastung gewonnene Tannenreisig wird um einen Reif aus Weidenholz gebunden und mit einem roten Band spiralförmig umwickelt. Für die Krone werden Zierbänder in den badischen Landesfarben gelb und rot vorbereitet. Gegen 17.30 Uhr treffen Maibaum und Kranz schließlich beim Rathaus ein. Die Feuerwehr regelt den Verkehr. Die Gastronomen unter den Schlepperfreunden haben bereits Festzelt, Mobiliar, Grill und Getränkestand aufgestellt. Der Festbeginn rückt näher. Bürgermeister, Musikkapelle, Kindergarten und ein zahlreich versammeltes Publikum wollen ihren Maibaum stehen sehen.
Gemütliches Beisammensein
Der Güldner-Maschinist legt den Stamm in Richtung Fundament ab. Er nimmt den Stamm zwischen die Zinken des Frontladers. Behutsam bewegt er die Maschine vorwärts. Helfer sichern das Manöver mit Seilen. Unter stürmischem Applaus erreicht der Maibaum die Senkrechte. Der gefährlichste Teil ist erledigt. In den Gesichtern macht sich Erleichterung breit. Die Befestigung des Kranzes ist dagegen ein Kinderspiel. Vereinsmitglied Werner Hund hat dafür seinen Eicher Wotan II mitgebracht. Mit der angebauten Hubarbeitsbühne erreicht er eine Höhe von 18 Metern bei einem Aktionsradius von 10 Metern. Passt! Elementare Bedeutung hat die Montage einer Schilderbrücke auf Sichthöhe am Maibaum. Sie trägt das Bottenauer Gemeindewappen neben dem Vereinslogo der Renchtäler Schlepperfreunde und symbolisiert, wie fest Schlepperfreunde und Gemeinde miteinander verbunden sind. Die Befestigung ist das optische Einsatzsignal für die Musikkapelle, welche das Badnerlied erklingen lässt. Zufrieden begeben sich die Schlepperaktivisten zur Entschleunigung ins Festgetümmel, wo die Vereinsgastronomen bereits mit der Bewirtung der Gäste beschäftigt sind. Neben der Musikkapelle ist auch der Kindergarten mit Liedern und Tänzen ins Programm eingebunden. »Das sind unsere Mitglieder von morgen«, erklärt Vereinsvorstand Josef Brandstetter zufrieden und freut sich über ein gelungenes Fest.
Info
Am 2. und 3. Juni 2018 weist der Maibaum den Weg zum 7. Schleppertreffen. Traktoren mit Schäferkarren, Planwagen und Holzvergaserfahrzeuge treten in einer Sternfahrt den Weg nach Bottenau an. Auch der ehemalige Zeller Bauhof-Unimog war vor drei Jahren vertreten. Mehr Infors unter www.renchtaelerschlepperfreunde.de.