Ein »unterhaltsames Abendständchen« hätte man sich in Anbetracht der tropischen Temperaturen auch »unter freiem Himmel« vorstellen können: Pfarrer Monninger äußerte diesen Wunsch, als er am Mittwochabend die Gäste der 2. Sommermusik in der evang. Kirche begrüßte.
Gemeinsam wolle man feiern, sich freuen und musizieren, wozu der Pfarrer das Ortenauer Kammermusikensemble willkommen hieß. Das Programm mit dem Titel »Musica serena« spannte einen Bogen von der Barockzeit bis ins 20. Jahrhundert.
Bereits der Auftakt geriet nach Maß: Das »Konzert für Viola und Streicher« von Georg Phillip Telemann, dessen 250. Todestag im Feuilleton am vergangenen Sonntag Anlass war, die Bedeutung des Barockgroßmeisters bis in die heutige Zeit zu würdigen. Das wurde auch beim Vortrag des Kammerensembles deutlich: Intonationssicher und ungemein sensibel der Klang von Bärbel Anstetts Viola im Satz Largo; ein Klang, der im Allegro rhythmisch beflügelt an Ausdruck gewann. Perfekt geriet das Zusammenspiel mit den beiden Violinen (Herbert Söllner und Andreas Deges) und dem Cello von Birgitta Scherhans. Zupackend das Spiel im Presto und doch von beschwingter Leichtigkeit im Zusammenwirken mit der am Klavier ebenso souverän wie gruppendienlich agierenden Xenia Petersen-Blahuschek.
Deren Qualitäten als Solistin am Fagott erlebte man beim »Quintett für Fagott und Streicher« des Schweizer Komponisten J.B. Edouard Du Puy. Dieser war anfangs des 19. Jahrhunderts am dänischen und schwedischen Königshof tätig und der Erste, der Mozart-Opern in Schweden aufführte. So verwundert es nicht, dass Du Puys Komposition den Einfluss des großen Vorbilds erkennen lässt: feine Melodiebögen im Andante sostenuto, sonore Töne des Fagotts und präzises Pizzicato der Streicher. Im Allegro perlten die Fagottsoli geradezu über den fein herausgearbeiteten Mittelstimmen der Streicher. Und das mit allzeit klarer Intonation.
Der italienische Pianist und Komponist Ferrucio Busoni war stark von den Romantikern Schumann und Chopin beeinflusst, später auch von Johannes Brahms und dem Klaviervirtuosen Franz Liszt. Diesen Anspruch stellte Busoni auch an seine eigenen Kompositionen, sodass sie häufig nur von Top-Instrumentalisten adäquat interpretiert werden können. Wohl ein Grund, weshalb das Ortenauer Kammermusikensemble das »Streichquartett op.
19« besonders konzentriert spielte. Auch für das Publikum in der Kirche war aufmerksames Zuhören erforderlich, um Busonis erweiterte Tonalität erfassen zu können. Dafür wurde man mit einer glänzenden Darbietung belohnt, die überdies dem technischen Niveau der Streicher ein hervorragendes Zeugnis ausstellte.
Ein weiteres Glanzlicht des Abends war die Interpretation der »Suite for Bassoon and String Quartet« aus der Feder des englischen Komponisten Gordon Jacob. Er schrieb viele Stücke speziell für außergewöhnliche Besetzungen und jene Instrumente, die in der Literatur selten als ‚Solisten‘ bedacht werden, u. a. das Fagott. Sowohl im eher getragenen Prélude als auch im pulsierenden Caprice zeigte Xenia Petersen-Blahuschek, wie schlüssig und sensibel sie die Kunst des Phrasierens beherrscht. Auch der Satz Elegy mit lyrischer Klangrede und das impulsive und virtuos gebotene Rondo überzeugten. Bemerkenswert ist die Wandlungsfähigkeit des Ensembles und die spürbare Freude am Musikantischen.
Das machte auch die »Sechs Walzer aus op. 39« von Johannes Brahms zu einem Hörgenuss: Weit entfernt von profaner Walzerseligkeit und doch mit zartem Schmelz, tänzerischer Leichtigkeit und dem für Brahms typischen volksliedhaften Ton. Das Kammermusikensemble verstand es, ein feinmaschiges Klangnetz zu weben – in perfekter gemeinsamer Artikulation und Dynamik. Das lud ein zu stürmischem Beifall, mit dem sich die begeisterten Zuhörer in der evang. Kirche eine Zugabe erklatschten.