Oberharmersbach hat die Hebesätze für die Grundsteuer angepasst. Die Grundsteuerreform wirkt sich dort auf rund 1.300 Steuerpflichtige aus.
Die Grundsteuerreform kommt – und mit ihr neue Hebesätze: Die Grundsteuer A sinkt in Oberharmersbach von 360 auf 307 Prozent, die Grundsteuer B steigt hingegen von 370 auf 514 Prozent. Das beschloss der Gemeinderat mehrheitlich (7 Ja-Stimmen, 5 Nein-Stimmen) in seiner jüngsten Sitzung. Was das für Grundstückseigentümer bedeutet, wie der Gemeindewald dabei eine zentrale Rolle spielt und warum die Kalkulation durchaus kniffelig ist, erklärt dieser Bericht.
Warum überhaupt eine Reform?
Das bisherige Grundsteuersystem basierte auf Bewertungsgrundlagen, die sehr, sehr alt sind. Der Hauptfeststellungszeitpunkt für Grundstückswerte in Westdeutschland war 1964, in den neuen Bundesländern sogar 1935. Das führte zu massiven Ungleichbehandlungen, die das Bundesverfassungsgericht 2018 für verfassungswidrig erklärte. Es sah den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verletzt, der eine gerechte und gleichmäßige Besteuerung fordert. Der Gesetzgeber muss te handeln, und so wurde in Baden-Württemberg 2020 ein neues Grundsteuermodell verabschiedet, das ab 2025 verpflichtend wird. Die Reform zielt darauf ab, aktuelle Marktwerte bei der Bewertung von Grundstücken zu berücksichtigen und somit eine fairere Lastenverteilung zu gewährleisten.
Nur der Boden zählt in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg hat man sich für das sogenannte „modifizierte Bodenwertmodell“ entschieden – ein Spezifikum. Hier zählt allein der Bodenrichtwert eines Grundstücks zum Stichtag 1. Januar 2022 – unabhängig davon, ob darauf ein Haus steht oder nicht. Das ist ein Bruch mit der alten Regelung, bei der die Bebauung eine Rolle spielte. Bisher bestimmte sich der Grundsteuermessbetrag aus aus dem Wert des Grundes, der Nutzungsart und dem Gebäudewert. Er wurde mit dem Hebesatz multipliziert, um die Höhe der zu zahlenden Grundsteuer zu bestimmen.
Wie wird die Grundsteuer ab 2025 berechnet?
Ab 2025 gilt ein neues Berechnungsmodell in drei Schritten. Zuerst legt das Finanzamt den Wert des Grundstücks fest. Dazu zählen die Fläche und der sogenannte Bodenrichtwert, der angibt, wie viel der Boden in der Region wert ist. Im zweiten Schritt wird dieser Wert mit einer gesetzlich festgelegten Zahl multipliziert, die von der Nutzung des Grundstücks abhängt. Am Ende bestimmt die Gemeinde, wie hoch die Steuer tatsächlich ausfällt, indem sie einen sogenannten Hebesatz festlegt.
Was bleibt, was ist neu?
Was bleibt: Es gibt zwei Arten der Grundsteuer und damit zwei Hebesätze. Die Grundsteuer A gilt für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke, die Grundsteuer B für alle anderen Flächen. Neu ist, dass Wohngebäude, die im Zusammengang mit land- und forstwirtschaftlichen Betrieben stehen, mit Grundsteuer B bewertet werden. Bisher galt dort die Grundsteuer A.
Verschiebung zwischen A und B
Das Ziel bei der Neukalkulation der Hebesätze soll nach dem Willen des Gesetzgebers die sogenannte „Aufkommensneutralität“ sein. Das bedeutet, dass die Gemeinden trotz Reform nicht mehr oder weniger Steuern einnehmen sollen als bisher – zumindest in der Theorie.
In Oberharmersbach rechnet der Haushaltsansatz 2024 mit Grundsteuereinnahmen von insgesamt 326.000 Euro. Davon kommen 46.900 Euro aus der Grundsteuer A, 279.700 Euro aus der Grundsteuer B. Mit den neuen Messbeträgen, die das Finanzamt bereits an die Gemeinde übermittelt hat, würden die Einnahmen davon abweichen. Über die Grundsteuer A würde Oberharmersbach mehr einnehmen als zuvor, über die Grundsteuer B deutlich weniger. Die Auswirkung: Der Hebesatz A könnte sinken, der Hebesatz B müsste steigen.
Theorie und Praxis sind nicht das Gleiche
Ein Knackpunkt der Reform speziell in Oberharmersbach ist die große Fläche des Gemeindewalds, rund 1.000 Hektar. Hier steigt die Steuerlast drastisch – von bisher 4.740 Euro auf 27.910 Euro jährlich. Dieser Anstieg beruht auf den neuen Bewertungsgrundlagen, die die alten, nicht mehr nachvollziehbare Daten – vermutlich noch aus dem Jahr 1964 – ersetzen. Die Differenz von etwa 23.000 Euro kann der Waldbetrieb nicht allein auffangen, ohne dass sein Beitrag zum Gemeindehaushalt deutlich schrumpft.
Auf möglichst viele Schultern verteilen
Doch die Einnahmen aus dem Wald sind bei den knappen Finanzmitteln der Gemeinde dringend nötig. Deshalb – so der Vorschlag der Verwaltung – solle die Mehrbelastung aus der neuen Grundsteuer für den Gemeindewald auf die Grundsteuer B umgelegt und damit von einem möglichst großen Per sonenkreis getragen werden. Grundsteuer-B-pflichtig sind alle Grundstückseigentümer, einschließlich der Landwirte mit Hofstellen.
Den kompletten Bericht finden Sie in der Print-Ausgabe der Schwarzwälder-Post.