Dreieinhalb Jahre hat Lisa Ebert aus Oberkirch-Zusenhofen zielstrebig auf ihren Traumberuf hingearbeitet. Als einzige Auszubildende ihres Jahrgangs aus dem Ortenaukreis hat sie erfolgreich an der »Oskar-Walcker-Schule« in Ludwigsburg ihre Gesellenprüfung als Orgelbauerin absolviert und ist somit die jüngste weibliche Nachwuchskraft in der renommierten Oberharmersbacher Orgelbauwerkstatt Winterhalter.
Stolz präsentiert Lisa ihr Gesellenstück. Das Portativ, quasi eine Miniaturorgel mit zwei Holz- und 12 Metallpfeifen, hat sie nach einem vorgegebenen Plan gefertigt. »Neben viel schreinerischer Feinarbeit mussten dazu auch die Pfeifen hergestellt, aufgeschnitten und intoniert werden«, erwähnt sie beiläufig, während sie den kleinen lederbezogenen Blasebalg bedient und ihrem Instrument stimmige Töne entlockt.
»Wir haben eine engagierte Auszubildende und damit eine vollwertige Mitarbeiterin gefunden, die zu unserer Mannschaft passt«, freut sich Orgelbaumeister Claudius Winterhalter über die Verstärkung in seiner Werkstatt. Dieser besonders vielschichtige Beruf setze neben handwerklichem Geschick auch Veranlagung und Begabung voraus. Deswegen gebe es in dieser Sparte auch einen latenten Mangel nach geeigneten Nachwuchskräften.
Werkstattleiter Jörg Backeberg, der die Auszubildende über die dreieinhalb Jahre betreute, freut sich über den Erfolg der jüngsten Mitarbeiterin. »Sie ist in der Werkstatt und auf Montage sehr aufmerksam und kann auch zupacken. Sie wird ihren Weg gehen«, schildert der Ausbildungsleiter seine Erfahrung.
Diesen Anforderungen hat sich Lisa gestellt und sie erfolgreich gemeistert. Es ist nicht zwingend Voraussetzung, dass man wie die junge Gesellin das Instrument auch spielt. Aber so erwarb sie sich Vorkenntnisse, die ihren Berufswunsch stets festigten. Das umfangreiche theoretische Gerüst wurde ihr in sechs Unterrichtsblöcken in Ludwigsburg vermittelt. Zuvor hatte sie bereits eine zweijährige Berufsfachschule absolviert. Bei der orgelbaulichen Ausbildung spann sich der Bogen der Unterrichtsinhalte vom Technologiepraktikum und Werkstoffkunde über Musik- und Stilkunde bis zu technischem Zeichnen, Mathematik und Akustik.
Breiten Raum nahm auch die Geschichte des Orgelbaus, die Unterweisung in die Fertigung und Verwendung der verschiedenen Orgelpfeifen, den Aufbau von Spieltischen mit den verschiedenen Manualen und natürlich auch das »Innenleben« der Orgeln, die mechanisch, pneumatisch oder elektrisch/elektronisch gespielt werden.
Den nicht minder abwechslungsreichen und anspruchsvollen Alltag erfuhr sie in der Werkstatt. Lisa ist gerade mit der Fertigung eines Tremulanten beschäftigt, eine Vorrichtung, die den Luftstrom (»Wind«) periodisch variiert und so ein Tremolo erzeugt. Zwingend als Voraussetzung sind gutes Gehör und handwerkliches Geschick, denn das Instrument und vor allem dessen Klang lebt von höchs ter Präzision. Körperliche Belastbarkeit sind ebenso wichtig wie die Bereitschaft, mitunter wochenlang unterwegs zu sein.
Schon während ihrer Ausbildung hat Lisa Ebert dieses Leben aus dem Koffer kennengelernt, aber nicht als Touristin. Von Unteralpfen im Hotzenwald bis zur Nordseeküste führten sie die verschiedenen Tätigkeiten, u. a. als Intonations-Assistentin bei der Stimmung oder Wartung eines Instruments. »Da lernt man nicht nur viele Leute kennen, sondern erfährt auch die große Bandbreite der Kirchenräume mit ihrer ganz unterschiedlichen Akustik« weiß sie zu berichten. Und lässt nicht unerwähnt, dass zu dem Beruf des Orgelbauers mitunter auch staubige Arbeit zählt, die mit der regelmäßigen Reinigung von Orgeln anfällt.
Lisa Ebert ist in ihrem Beruf angekommen. Für einige Tage hat sie in der Werkstatt zu tun. Sie weiß zumindest im Voraus, was sie in den nächsten zwei, drei Wochen erwartet. »Da bin ich wieder unterwegs«, freut sie sich auf Hamburg. Arbeit mit Abwechslung steht ihr also ständig ins Haus.