Holz und andere Werkstoffe sind aktuell knapp wie nie. Die Preise gehen teils durch die Decke. Das hat auch Auswirkungen auf regionale Betriebe, wie Zimmermeister Thomas Lehmann berichtet. Hans-Peter Wagner hat ihn zum Interview getroffen.
Baustoffe sind aktuell knapp. Besonders Holz ist gefragt wie nie, die Preise schießen in die Höhe. Der Grund für diese Entwicklung: der Bauboom in Corona-Zeiten. Die Nachfrage im In- und Ausland steigt. Viele Sägewerke exportieren derzeit massiv. Laut Bundesverband der Deutschen Säge- und Holzindustrie waren es 20 Millionen Festmeter Rund- und Schnittholz im vergangenen Jahr. Das sind über 80 Prozent mehr als 2019. Dass Holz knapp ist, merkt auch Zimmermeister Thomas Lehmann aus Oberharmersbach, der mit seiner Werkstatt an die Spitzmühle in Unterentersbach umgezogen ist. In diesem Interview schildert er die Auswirkungen auf seinen Betrieb. Engpässe gibt es nicht nur beim Holz.
Die weltweite Nachfrage nach Holz ist derzeit so groß wie nie. Deutsches Holz wird in Massen
exportiert und steigt im Preis. Spürt man das bis nach Unterentersbach?
Ja, das ist zu spüren. Die Preise haben überall angezogen. Gravierender für uns sind die Lieferengpässe und deutlich längeren Lieferfristen für viele Produkte. Wir sind ein relativ kleiner Betrieb und haben das benötigte Bauholz meist innerhalb einer Woche bekommen. Aktuell liegen die Lieferzeiten bei zwei bis drei Wochen.
Die Verfügbarkeit von anderen Baustoffen wie beispielsweise Holzfaserdämmung, OSB-Platten, Mehrschichtplatten, Stahl, Blech, und Befestigungsmittel ist noch schlechter. Hier betragen die Lieferzeiten je nach Produkt und Materialstärke teilweise mehrere Monate, zum Beispiel bei Dämmung.
Wie hat sich der Holzpreis für Sie im Einkauf entwickelt?
Hier sind Preiserhöhungen je nach Artikel von 30 bis zu 300 Prozent erfolgt. Im Bereich der Holzfaserdämmstoffe liegt der Preisanstieg noch im bisher normalen üblichen Bereich von etwa fünf bis zehn Prozent.
Preiserhöhungen und schlechtere Verfügbarkeit von benötigten Baumaterialien bedeuten für uns derzeit einen erheblich größeren Aufwand beim Anfragen der Artikel. Bisher haben wir unser Material von ein, zwei Händlern bezogen. Inzwischen muss der Einkauf über bis zu sechs Händler getätigt werden, um einen einigermaßen akzeptablen Preis zu bekommen. Oder aber um das Material überhaupt zu erhalten. Unsere festen Lieferanten versuchen den Materialbedarf ihrer Stammkunden möglichst zu bedienen. Sie kommen uns schon im Rahmen ihrer derzeitigen Möglichkeiten entgegen.
Ein positiver Effekt der derzeitigen Marktlage ist aber auch das Aushelfen bei Engpässen unter Kollegen, das sich entwickelt hat. Ein Mitbewerber hat Dämmung gebraucht, die er nirgends bekam. Wir konnten aushelfen. Im Gegenzug haben wir von ihm Gerüst bekommen, da unsere eigenen Bestände nicht gereicht haben. Das ermöglicht dann auch eine Termineinhaltung von Aufträgen.
Wurden Sie von dieser Entwicklung überrascht? Woher kommt denn diese plötzliche Nachfrage?
Jein, man merkte, dass es anzieht. Dass allerdings in so kurzer Zeit Preiserhöhungen in solchen Höhen und in vielen Bereichen kommen, hatten wir nicht erwartet.
Ein erhöhter Bedarf ist durch den einsetzenden Bauboom und politisch geforderte Bauweisen (ökologisch und nachhaltig) entstanden. Hobbyhandwerker und Bauherren haben während der coronabedingten Kurzarbeit vieles in Eigenleistung ausgeführt. Auch die erweiterte Lagerhaltung von Verarbeitern trägt dazu bei (Klopapiereffekt). Es gibt bei ihnen sicher Lagerbestände. Aber auch die gehen mal zur Neige, zumal die Baubranche boomt.
Kann es sein, dass Sie irgendwann Aufträge ablehnen müssen?
Geringe Lagerbestände haben wir auch gehabt. Eine große Lagerhaltung ist nicht wirtschaftlich, es kostet zu viel. Für die meisten Aufträge haben wir das Bauholz bisher »just in time« bestellt.
Aufträge ablehnen kommt nur in Betracht, wenn diese nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden können. In der Regel kommen uns die Bauherren hier entgegen. Auf einer unserer Baustellen hat der Bauherr in seiner Firma die gleichen Probleme. Also ist das nicht nur in der Baubranche so.
Was ist mit laufenden Projekten, die nicht fertig gemacht werden können, weil das Holz dazu fehlt? Drohen da Vertragsstrafen oder ist das sozusagen höhere Gewalt?
Bauherren reagieren gelegentlich schon verärgert. Vertragsstrafen können anfallen, wenn Bauverträge zu erfüllen sind. Unser Betrieb hat jedoch wenige Aufträge mit Bauverträgen. Trotzdem entstehen uns Kosten für Verlängerung der Gerüst- oder Kranstandzeiten, welche unter Umständen auch getragen werden müssen. Aktuell haben wir eine Baustelle, auf der ein Fremdgerüst wegen Lieferverzögerungen von Baumaterial länger stehen muss. Dieses müssen wir nun auf unsere Kosten selbst abbauen und dann zum Gerüstbauer bringen.
Nicht nur Holz ist knapp. Auch andere Baustoffe wie Stahl und Baubeton sind sehr gefragt und werden rar. Erhöht das die Preise fürs Bauen insgesamt? Sollten Häuslebauer ihrer Meinung nach lieber warten, bis sich die Lage beruhigt?
Ja, die Preise erhöhen sich insgesamt schon. Wir hoffen auf eine Entspannung im nächsten Jahr. Der extreme Preisanstieg ist teilweise sicher auch auf getätigte Hamsterkäufe zurückzuführen. Beispielhaft kann hier die Kostenentwicklung für die Selbsttests für die Mitarbeiter genannt werden. Diese waren zu Beginn, als die gesetzliche Auflage kam nicht unter 4 Euro pro Stück erhältlich. Zwischenzeitlich kosten sie unter einem
Euro.
Ob ein Häuslebauer nun abwarten soll, kann so pauschal nicht gesagt werden. Wenn objektbezogen notwendige Arbeiten, wie die Sanierung eines Daches wegen Undichtigkeit oder andere ähnlich erforderliche Maßnahmen anstehen, sollte damit nicht gewartet werden.
Laienhaft könnte man jetzt fordern, einfach den Hiebsatz im Zeller Stadtwald zu erhöhen. Davon abgesehen, dass das wegen der Nachhaltigkeit nicht so einfach ist: Wo landet beispielsweise Holz aus Zell? Oder anders gesagt: Wo kommt Ihr Holz für den Dachstuhl her? Weiß man das so genau?
Zum Holzmarkt in unserer Raumschaft können wir nichts sagen. Hier muss man die Waldbauern, Forstämter und Säger befragen. Ein Waldbauer hat uns gegenüber verlauten lassen, er hoffe, dass die Holzpreise langsam steigen, damit kein Überangebot entsteht, das dann den Preis kaputt macht.
Wir beziehen unser Holz von den ortsansässigen Sägewerken und verschiedenen Holzhändlern.
Die Herkunft des Holzes von Holzhändlern ist uns nicht bekannt, kann aber sicher über diese in Erfahrung gebracht werden.
Peter Aicher, Vorsitzender von Holzbau Deutschland, dem Bund Deutscher Zimmermeister, fordert mehr Holz zu verbauen, das von Stürmen oder Borkenkäfern geschädigt wurde. Das habe nahezu die gleiche Qualität wie herkömmliches Bauholz. Was meinen Sie dazu?
Hier hat er Recht. Sogenanntes Kalamitätsholz kann konstruktiv die gleichen Eigenschaften wie gesundes Holz haben. Ein Borkenkäferbefall beeinträchtigt die statischen Eigenschaften im Prinzip nicht. Durch technische Trocknung werden Reste des Befalls vernichtet. Für nicht sichtbare Konstruktionen kann es durchaus verwendet werden. Hier ist bestenfalls ein optischer Mangel festzustellen.
Zum Unternehmen
Zimmermeister und Restaurator Thomas Lehmann ist Inhaber der gleichnamigen Zimmerei/Holzbautechnologie in Oberharmersbach. Den Betrieb gibt es seit 2010. Die Werkstatt zog 2020 nach Unterentersbach um. Nächstes Jahr sollen auch Verwaltung und Ausstellung am neuem Standort ihre Heimat finden. Der Zimmerei-Betrieb hat aktuell fünf Mitarbeiter, darunter Sohn Patrick Lehmann. Er ist ebenfalls Zimmermeister.
Thomas Lehmann – Betriebsinhaber
• Thomas Lehmann, geb. 1965, verheiratet, drei Kinder
• Ausbildung als Zimmerer in Zimmerei Rombach 1981 bis 1983
• Weiterbildung und Meisterprüfung zum Zimmerermeister HWK Freiburg 1995 bis 1996
• Weiterbildung zum Restaurator im Zimmerhandwerk in der Propstei Fulda, Prüfung abgelegt HWK Kassel 1999
Patrick Lehmann – Junior
• Patrick Lehmann, geb. 1990
• Ausbildung als Zimmerer bei Holzbau Bendler 2007 bis 2010
• Weiterbildung und Meisterprüfung zum Zimmerermeister HWK Freiburg 2014 bis 2015
• seit 2016 im elterlichen Betrieb tätig