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Zum Artikel »Unsoziale Entscheidung – Oberharmersbacher Freibad bleibt in diesem Jahr geschlossen« in der Ausgabe 74/2020
In der Zuschrift vom 19. Juni 2020 bezeichnet der Leser die Entscheidung des Oberharmersbacher Gemeinderates zur Nichtöffnung des Schwimmbades als unsozial. Warum er das Abstimmungsergebnis (6 dafür/6 dagegen) »mit der Bürgermeisterstimme« heraushebt, ist mir schleierhaft. Schließlich hat der Bürgermeister nach der Baden-Württembergischen Gemeindeordnung das gleiche Stimmrecht und Stimmengewicht wie jedes andere Gemeinderatsmitglied auch.
Auch ich hätte mich über eine Schwimmbadöffnung gefreut. Es war – seit ich denken kann – selbstverständlich, dass unser Schwimmbad im Sommer geöffnet ist. Leider hat uns die Corona-Pandemie gezeigt, dass liebgewonnene Gewohnheiten nicht selbstverständlich sind. Die Entscheidung des Gemeinderates als »unsozial« zu bezeichnen ist unsachgemäß und verletzend. Jeder, der in der Sitzung anwesend war, konnte an den Diskussionsbeiträgen erkennen, dass der Gemeinderat hier um eine Entscheidung gerungen hat. Ich selbst konnte sowohl die Argumente der Befürworter der Öffnung als auch derjenigen, die dagegen nachvollziehbare Argumente vortrugen, verstehen. Das Abstimmungsergebnis 6:6 gibt genau dieses Stimmungsbild wieder. Den Gemeinderäten, die sich gegen eine Öffnung ausgesprochen haben, aber somit indirekt »unsoziales Verhalten« vorzuwerfen, ist nicht hinnehmbar.
Wir leben Gott sei Dank in einer Demokratie. In dieser sind Mehrheitsentscheidungen nun einmal bindend und das ist auch gut so. Natürlich kann jeder anderer Meinung sein und diese auch äußern, sollte sich aber dabei an der Sache orientieren und nicht an seinen persönlichen Wünschen.
Der Darstellung des Lesers, dass insbesondere finanzielle Gründe ausschlaggebend waren, die gegen eine Öffnung sprachen, muss ich ebenfalls widersprechen. Die (fachliche) Personalausstattung ist in Oberharmersbach derzeit nicht vorhanden, um einen Schwimmbadbetrieb unter Einhaltung der verordneten Hygiene- und Abstandsbedingungen zu gewährleisten. Darüber hinaus wäre es nur möglich gewesen, wenn sich eine ausreichende Anzahl freiwilliger und ehrenamtlicher Helfer »verbindlich« zur Verfügung gestellt hätten, den Badebetrieb für zwei bis drei Monate sicherzustellen.
Abschließend möchte ich noch bemerken, dass ich es für ein schlechtes Demokratieverständnis halte, wenn Zuhörer den Sitzungsraum demonstrativ verlassen, wenn das Abstimmungsergebnis nicht so ausfällt, wie sie es sich erhofft haben.
Claus Jilg,
Oberharmersbach