Drei Projekttage der ganz besonderen Art durften Nordrachs Grundschulkinder erleben. Bei einer Abschlussaufführung zeigten sie ihr frisch erworbenes Können.






Freitagnachmittag, auf dem Schulhof der Nordracher Grundschule: Ein gellender Pfiff auf zwei Fingern und das energisch-knappe Gestikulieren zweier Arme, deren Muskeln vom jahrzehntelangen Schlagzeugspielen gestählt sind – und schon läuft es so, wie es laufen soll: Die Kinder werden still. Gerade noch haben die Erst- und Zweitklässler sich unter dem Dach des Pavillons aufgeregt ihren Platz gesucht, nun aber konzentrieren sie sich auf den Mann vor ihnen.
Javier Chernicoff heißt der. Der passionierte Musikpädagoge ist obendrein ausgebildeter Profi-Schlagzeuger, hat auf unzähligen Reisen mit internationalen Künstlern musiziert und stammt aus einer argentinischen Künstlerfamilie. Nach Deutschland hat es ihn aus privaten Gründen verschlagen.
Hier bietet er seit sechs
Jahren sein rundweg geniales Programm „Der Rhythmus kocht“ an – teils als Koch verkleidet, der auf Töpfen, Deckeln und sonstigen Küchenutensilien musiziert beziehungsweise trommelt. „An drei tollen Tagen durften die Kinder mit ihm ganz, ganz tolle Sachen erleben und einstudieren“, schwärmt Schulleiterin Petra Großmann in ihrer Begrüßung zur Abschlussaufführung. Die sich im vierstelligen Bereich bewegenden Kosten für die drei Projekttage mit dem so ganz und gar außergewöhnlichen Musikpädagogen hat der Förderverein übernommen.
Ausgleich zum Konsum digitaler Medien
Die Veranstaltung eröffnet haben sämtliche Kinder der Grundschule mit einem gemeinsamen Line Dance. Und nun sitzen die Erst- und Zweitklässler wie eingangs beschrieben auf ihren Plätzen, mit jeweils einem schwarzen Plastikeimer zwischen den Füßen und einem großen Plastik-
löffel in den entschlossenen Händen. Und Javier Chernikoff? Der widmet sich erst einmal dem Publikum.
„Zuhause hatte ich als Kind kein Schlagzeug und hab´ alles zum Trommeln benutzt – zum Beispiel Eimer, Tisch, Stühle, Heizungskörper – alles Mögliche hab´ ich dabei kaputt gemacht“, erzählt er verschmitzt und will seine Botschaft vermitteln: „Man kann trotz Tiktok oder so etwas Nützliches machen – mit den Händen, mit Mundgeräuschen, mit Alltagsgegenständen“. Für die nun anstehende Vorstellung der Kinder sei aber zunächst die Hilfe der Erwachsenen nötig. Sein „Seid Ihr bereit?“ sorgt für ein verhaltenes „Jaaa“. „Wirklich?“, fragt er betont skeptisch und hat prompt die Lacher auf seiner Seite.
Rhythmusgefühl fördern
„Sehr schwere“ Worte soll das Publikum auf sein Geheiß aussprechen. „Topf“ zum Beispiel. „Nee-nee-nee“, schüttelt er ob der langgezogenen Resonanz den Kopf und macht vor, wie es klingen soll: kurz und bündig, mit einem pronunzierten „o“, und alle auf den Punkt gemeinsam. Erst jetzt stellt
ihn die Reaktion der Menge zufrieden. Weiter geht es mit „Senf“, „Reis“ und „pan“ (dem spanischen Wort für Brot) – jeweils in unterschiedlichen Tonlagen und zackig. Was aber soll das?
Die Antwort wird nicht lange auf sich warten lassen. Denn Javier Chernicoff wendet sich nun den Kindern zu. Mit „eins-zwei-drei-vier“ zählt er den Einsatz an, zu seinem dann temperamentvollen „Buum-Tschack! Buum-Tschack!“ klopfen die Kleinen im Takt auf ihre Eimer, konzentriert, hingebungsvoll.
Bei „eiiins, zwei, drei, vier“ werden sie leiser, und dann geht es wieder volle Pulle los: „Buum-Tschack! Buum-Tschack!“, und dann schneller, und jetzt ein „Eins, zwei, drei, viiiier – Stopp!“ und ein anderer Rhythmus ertönt: „Bumm-bumm Tschack, Bumm-bumm-Tschack!“ Und dann im gleichen Rhythmus: „Topf-Topf-Senf“, und dann mit der Erweiterung „pan, Reis“ – die Kinder beklopfen ihre
Eimer und wiederholen im Chor, lauthals, aus voller Kehle. Aha! Hier ist sie also, die Antwort.
Takt und Sprache
Mit diesen fünf Worten spielen sie nun verschiedene Rhythmen durch, in unterschiedlicher Tonlage und Lautstärke. Triumphierend schließlich dreht sich Javier Chernicoff zu den Zuschauern. Ohne ein Wort. Aber seine hinreißend pantomimische Mimik und Gestik bedeuten unmissverständlich: „Tja, so was kriegt Ihr Großen aber nicht hin!“ Die Kinder lachen sich kaputt. Und das Publikum auch. Nach dem gleichen Muster sorgt der Spaßvogel immer wieder für viel Erheiterung bei den Großen,
für helle Freude bei den Kleinen.
Begeisterung
Passend zum Thema „Der Rhythmus kocht“ präsentieren die Klassen zwei, drei und vier gemeinsam ein fröhliches „Küchenparty“-Lied. „Wer trommelt auf dem Teller/ immer schneller/ immer schneller“ heißt es darin beispielsweise, oder: „Da tanzen die Tassen/ es ist kaum zu fassen.“
Es folgen die Lieder „VogelKochzeit“ und „Kinder, kommt jetzt in die Küche“, von Lehrer Yannick Lupfer auf der Gitarre begleitet. Das Finale gestalten die Klassen drei und vier, diesmal wieder unter Chernicoffs Leitung. Der gibt zunächst eine Kostprobe seines Könnens als Schlagzeuger, indem er einen komplizierten Rhythmus namens „Cantombe“ aus Uruguay spielt. Eine einfache Version davon präsentieren die Kinder mithilfe ihrer Eimer.
In den frenetischen Schlussapplaus mischen sich sofortige Zugaberufe, alle Grundschulkinder gemeinsam zeigen daraufhin ein mit den Händen geklopftes und durchaus kompliziert wirkendes Rhythmical. Tja, liebe Eltern, macht das mal nach …
Im Anschluss an die Vorführung konnte man in der Turnhalle aus einfachsten Materialien gebastelte Musikinstrumente bestaunen (aus Kronkorken und Holzperlen gefertigte Rasseln beispielsweise, oder Saiteninstrumente aus leeren Verpackungen), und sich bei einem gemütlichen Schulhofhock ebenfalls kindgemachte Köstlichkeiten wie Fingerfood und Kuchen schmecken lassen.