Beim Seniorennachmittag in Nordrach gab es einen eindrucksvollen Vortrag über Heinrich Hansjakob und einen Einblick in die Tradition des Palmenbindens.




Referent Alois Krafczyk berichtete am vergangenen Mittwoch im Bürgerhaus Nordrach über das Leben und Wirken des Pfarrers, Schriftstellers und Politikers Heinrich Hansjakob. Mitglieder der Trachtengruppe stellten Palmen her, und die Frauengemeinschaft sorgte für das leibliche Wohl der Gäste.
Kaffee, Kuchen und ein volles Haus
Zunächst gab es die obligatorische Kaffeerunde mit leckeren, selbst gebackenen Kuchen und Torten der Frauengemeinschaft. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand der Vortrag von Alois Krafczyk. Er hielt in freier Rede einen einstündigen Vortrag und schilderte das bewegte Leben von Heinrich Hansjakob, geboren am 19. August 1837 in Haslach im Kinzigtal. Seine Eltern waren Philipp Hansjakob, Bäcker und Wirt, und dessen Ehefrau Zäzilie. Gestorben ist Heinrich Hansjakob am 23. Juni 1916, ebenfalls in Haslach. Dazwischen liegen viele Stationen eines bewegten Lebens.
Ein Leben zwischen Kirche, Politik und Literatur
Heinrich Hansjakob sollte eigentlich Bäcker werden, wie sein Vater. Der junge Hansjakob hatte jedoch dafür kein Interesse und durfte schließlich das Lyceum in Rastatt besuchen, wo er nicht nur Latein, sondern auch Biertrinken lernte. Nicht innere Berufung bewog ihn nach dem Abitur, Theologie zu studieren. Es war vielmehr das einzige Studium, das in finanzieller Hinsicht möglich war. Nach dem Besuch des Priesterseminars wurde er 1863 in St. Peter zum Priester geweiht.
Um nicht als Priester arbeiten zu müssen, legte er kurz darauf das philologische Staatsexamen ab, das ihm den Beruf eines Gymnasiallehrers ermöglichte. Seine erste Stelle war 1864 am Gymnasium in Donaueschingen. Wegen der eisigen Wintertemperaturen auf der Baar wurde er heiser und konnte nur noch vier Stunden reden. Deshalb ließ er sich an die Vorstandsstelle der Bürgerschule in Waldshut versetzen. Ein Aufsatz, in welchem er sich der armen Bergarbeiter in Diersburg annahm, wurde im Ministerium als Aufhetzung zum Klassenhass ausgelegt, und Hansjakob wurde dafür zu vier Wochen Haft verurteilt und aus dem Schuldienst entlassen.
Nun blieb ihm nur noch, als Pfarrer zu arbeiten. Er bewarb sich um die freigewordene Stelle in Hagnau am Bodensee, wo er bis 1883 als katholischer Pfarrer tätig war. In Hagnau gründete Hansjakob am 20. Oktober 1881 den Hagnauer Winzerverein, die erste Winzergenossenschaft in Baden, und trug damit zur Rettung des traditionsreichen Weinbaus am Bodensee bei.
Von der Baar bis zur Karthause
Von 1871 bis 1881 war Hansjakob außerdem Abgeordneter der Katholischen Volkspartei im badischen Landtag. In den Jahren von 1874 bis 1879 unternahm er Reisen nach Frankreich, Italien, Österreich, Belgien und in die Niederlande, über die er in seinen Reisebeschreibungen berichtete. Krafczyk bezeichnete diese als die besten Reisebeschreibungen in der damaligen Zeit.
Im Jahr 1884 trat er die Stelle als Pfarrer der St.-Martins-Kirche in Freiburg an, die er trotz ständiger Auseinandersetzungen mit den Kirchenbehörden bis 1913 innehatte. Zunächst wohnte er im Pfarrhaus St. Martin. Als die Stadt Freiburg 1895 die „Karthause“, mitten im Wald gelegen, erworben hatte, gelang es Hansjakob, darin ab 1897 einen Mietvertrag zu erhalten. So wurde er „Karthäuser“ und genoss hier die Ruhe, die die Stadt nicht bieten konnte. Hier verfasste er noch zahlreiche seiner insgesamt 74 Bücher und Schriften. Darunter war auch eines seiner bekanntesten Werke, der „Vogt auf Mühlstein“ – für die Nordracher Geschichte ein besonders wertvolles Zeitdokument, ein Juwel.
Ein Vortrag mit viel Applaus
Heinrich Hansjakob hatte eine Anlage zu Nervenleiden und litt an Gemütsschwankungen. Zur Behandlung seiner immer stärker werdenden Depressionen hielt er sich 1894 freiwillig drei Monate lang wegen „Nerventeufeleien“ in der Heil- und Pflegeanstalt Illenau in Achern auf.
Nach 61 Jahren in der Fremde kehrte Heinrich Hansjakob nach seiner Pensionierung am 22. Oktober 1913 in seine Heimatstadt Haslach zurück und bezog seinen „Freihof“. Er starb hier am 23. Juni 1916 im Alter von 78 Jahren. Beigesetzt wurde er in der Gruft einer Kapelle, die er sich im nahen Hofstetten bereits im Jahre 1902 hatte errichten lassen.
Die Gäste dankten Alois Krafczyk für seinen kurzweiligen, hochinteressanten Vortrag mit kräftigem, langanhaltendem Beifall.
Alte Handwerkskunst
Im hinteren Teil des Saals arbeiteten währenddessen Mitglieder der Trachtengruppe an der Herstellung kleinerer und größerer Palmen. Angelika Kälble erläuterte den uralten Brauch des Palmenbindens, der bis auf das 8. Jahrhundert zurückgeht. Die Palmstange wird mit Koniferen, Buchs und farbigem Papier eingebunden. Die große Palme erhält, so der Brauch, für jede Person, die im Haus lebt, ein Kreuz. Die Palmen werden am Sonntag vor Ostern, dem Palmsonntag, in der Kirche geweiht. Große Palmen werden danach vor dem Wohnhaus aufgestellt. Palmzweige schmücken den Herrgottswinkel und gelten als Schutz vor Unglück und Krankheit. Die Senioren konnten kleine Palmbüschel für ein geringes Entgelt erwerben.
Ausblick auf das Sommerprogramm
Mit einem gemeinsamen Vesperteller endete diese letzte Frühjahrsveranstaltung der Seniorengemeinschaft Nordrach im Bürgerhaus. In den kommenden Monaten stehen monatliche Ausflugsfahrten auf dem Programm – die erste am 21. Mai nach Colmar und in die Partnergemeinde Niedernai.