37 Sprechstundentermine und über 45 Patienten – darunter Puppen, Teddybären und Meckis.
„Herzlich Willkommen bei der Puppendoktor Sprechstunde, haben Sie einen Termin?“, hört man Touristik-Mitarbeiterin Michaela Neuberger immer wieder fragen. Denn: Am vergangenen Sonntag schlüpfte sie in die Rolle einer medizinischen Assistentin – zur Unterstützung der Puppenklinik Spechtenhauser.
Diese hatte im Rahmen der Museumswochen der Ferienregion Mittlerer Schwarzwald im Nordracher Puppenmuseum eine Sprechstunde samt mobilem Operationssaal für Puppenleiden aller Art eingerichtet. Zum fünften Mal nun schon.
Die „Puppendoktorin“ Doris Spechtenhauser zückt zur Dokumentation die Kamera. Denn die Puppe, welche vor ihr auf dem Behandlungstisch im Foyer des Nordracher Puppenmuseums liegt, kann leider nicht vor Ort geheilt werden, sie muss stationär aufgenommen werden, in der Puppenklinik in Baiersbronn.
Das eine Auge fehlt, das andere klimpert nicht mehr und die Arme müssen neu eingezogen werden. Eine solch Augenreparatur ist schwierig, wie Doktor Peter Spechtenhauser zeigt: Der Kopf muss entfernt, das Auge herausgenommen, zerlegt und ein darin befindliches Gewicht gerichtet werden, das für das scheinbare Schließen des Augenlides sorgt, sobald die Puppe gekippt oder hingelegt wird. Für das fehlende Auge muss eine Verankerung gebaut werden in welches das Auge eingesetzt werden kann.
Die Puppenmama, eine Seniorin aus Offenburg-Griesheim, erzählt, wie sie die Puppe vor 75 Jahren bekommen hat. Ihre Eltern hatten ihr erzählt, wenn man eine Sternschnuppe sieht, hat man einen Wunsch frei. Eines Abends war es endlich soweit, sie hat eine Sternschnuppe gesehen und ihren Eltern sofort ganz aufgeregt davon erzählt. Sie habe sich eine große Puppe gewünscht. Am folgenden Weihnachtsfest hatte sich ihr „Sternschnuppenwunsch“ erfüllt und eine große Schildkrötpuppe samt Korbkinderwagen stand unter dem Weihnachtsbaum.
Auffällig viele große Schildkrötpuppen-Patienten lagen dieses Jahr auf dem Behandlungstisch der Puppendoktoren. Viele davon mit „Gelenk-Arthrose“ was die Puppendoktoren durch einziehen eines neuen Gummis ambulant beheben konnten.
Auch Lucy (5 Jahre) aus Schappach stellte Ihre kranke Puppe „Lola“ den Puppendoktoren vor. Sie litt unter einem Augenleiden und ein Bein hatte sich aus dem Stoffkörper gelöst. Nach einem kurzen Beratungsgespräch fanden die beiden Doktoren schnell eine Lösung für den kleinen „Patienten“ und Lucy konnte ihre Puppe, die sie von ihrer großen Schwester vererbt bekommen hatte, geheilt wieder nach Hause nehmen.
Drei jungen Puppenmütter fiel der Abschied von ihren Lieblingen richtig schwer, denn diese mussten aufgrund ihrer „Verletzungen“ stationär in die Puppenklinik aufgenommen werden. „Peter“ zum Beispiel, durfte erst nach großer Überredungs- und Überzeugungskunst von Mama und Oma, die Überweisung in das Krankenhaus ausgestellt werden.
Die Puppenmama von „Max“, eine kleine Schlenkerpuppe, welche einen neuen Stoffkörper sowie eine Augen-OP benötigte, war erst einverstanden als man ihr zusicherte, dass Max nach der Operation wieder mit ihr ohne Schmerzen auf dem Trampolin herumtollen könne. „Max“ war von der Mama an die Tochter vererbt worden.
Die dritte Puppenmama leidete still und war den Tränen nahe, als sie hörte, dass es bis zu acht Wochen gehen könne, bis sie ihre Puppe wieder in die Arme schließen kann. Schnell wurde eine Lösung gefunden. Bereits am kommenden Sonntag macht die Familie einen Ausflug nach Baiersbronn und holt die „Patientin“ selbst in der Klinik ab.
Auch nächstes Jahr werden die Puppendoktoren wieder nach Nordrach kommen, zu den Museumswochen Mitte September. „Der Bedarf ist auf jeden Fall da“, ist sich Michaela Neuberger angesichts der 37 Sprechstundentermine sicher, die am vergangenen Sonntag im Puppen- und Spielzeugmuseum für über 45 Patienten stattfanden. mnb